Rosi führte Bella am Zügel während ich mir nun mein Jacket überzog, die Sonne schien schon warm auf uns herunter. "Den Pacours hast du noch im Kopf?", fragte Rosi gut gelaunt und parrierte mein Pferd vor dem Eingang zur Arena durch. Ich nickte und prüfte nocheinmal den Sattelgurt. Die Starterin vor mir war noch im Pacours. "Wie lief es eben bei Will?", fragte ich Rosi, die Bella ein Stück Zucker gab. "Endnote 6,8, da er einen Abwurf beim Oxer hatte", antwortete Rosi, aber wirkte nicht im geringsten enttäuscht oder ähnliches, "Hab jetzt einfach ein bisschen Spaß, okay?" Ich hatte ein leichtes zittern in den Fingern, an der großen Leinwand am Rand des Platzes konnte ich den Ritt des Mädchens vor mir sehen, sie hatte schon einen Abwurf. "Ich habe ein bisschen Angst, dass ich total versargen werde, so wie im Moment mit Shadow", gestand ich Rosi und konnte nicht verhindern, dass sich meine Finger um die Zügel verkrampften. Rosi klopfte mir aufmunternt aufs Bein, "Du hast doch mit Shadow noch gar nicht versagt und jetzt reitest du ja deine Bella, ihr schafft das. Ohne Druck und ohne Stress" Ich wurde nun aufgerufen schon einmal auf den Platz auf zu reiten. Ich atmete nocheinmal tief durch und schob meine dunklen Gedanken bei Seite. "Viel Erfolg, Amber", hörte ich Rosi noch hinter mir herrufen, dann war ich schon auf den Platz der großen Arena geritten.
Das Mädchen vor mir war nun auch durch mit ihrer Tour, doch ich hörte gar nicht zu, welche Wertnote sie bekommen hatte, sondern trabte mit Bella den Pacours ab. Die Ohren meiner Stute waren steil nach oben gerichtet und sie musterte jeden Sprung mit großem Interesse. Vor dem Oxer der schrägen Distanz hielt ich sie nocheinmal an, damit sie sich den Sprung schonmal anschauen konnte. "Wir packen das Bella", machte ich eher mir mut, als meiner Stute, die aber sofort die Ohren zu mir drehte. Ich musste grinsen, egal wie voll oder bunt es irgendwo war, meine Stute war immer ganz bei mir. Entschlossen nahm ich die Zügel auf und meine Probleme schienen gerade ganz weit weg zu sein. Ich freute mich und wollte endlich beginnen. "Und nun begrüßen wir die Startnummer 134 Amber Kessler mit Arabella", ertönte die Stimme aus dem Lautsprecher. Aus dem Augenwinkel konnte ich auch erkennen, dass nun ich auf der großen Leinwand zu sehen war. Ob meine Eltern mir gerade zuschauten? Der Ehrgeiz packte mich, wenn sie Bella auf dem Tunier im Herbst schon nicht sahen, dann zumindest jetzt! Ein Glöckchen ertönte, der Start war frei. Ich atmete tief durch, jetzt oder nie! Endschlossen galoppierte ich Bella an und ließ sie erst einmal eine Runde auf dem Zirkel galoppieren, um mir einen guten Überblick zu verschaffen. Auf einmal wurde es still, ich hatte alles um mich herum ausgeblendet. Es gab nur noch Bella, mich und den Pacours den es zu meistern galt. Ich nahm einen schönen, langen Anlauf zu Sprung eins, ein Steilsprung. Eins, zwei, drei. Mit einem großen Satz hob Bella ab. Sofort setzte ich mich wieder tief in den Sattel und steuerte die Kombination an. Wir hielten gut die Spur und kamen genau passend zur Kombination, dass ich Bella einfach durchspringen lassen konnte. Nun nahm ich einen großen Anlauf zum nächsten Oxer. Durch die Kombination hatten wir einen guten Schwung, so dass ich Bella nur ein bisschen zurüchnehmen musste, damit wir passend ankamen. Meine Stute reagierte sofort und ließ sich nicht im geringsten von den Büschen stöhren die links und rechts neben dem Oxer standen. Nun hatten wir einen längeren Weg zu einer geraden Distanz. Bella galoppierte eifrig gegen den Zügel, ich hatte sie ganz fein an den Hilfen. Schon hatte Bella die Distanz ins Auge gefasst und steuerte wie von selbst darauf zu. Es war ein unbeschreibliches Gefühl, warum hatte ich mir nochmal Sorgen gemacht? Schon lag der Einsprung hinter uns. Im ruhigen und kontrollierten Tempo kamen wir zum Aussprung. Nun lag nur noch die letzte schräge Distanz und ein Steilsprung vor uns. Ich nahm wieder einen größeren Anlauf und nahm Bella jetzt schon etwas zurück. Meine Stute reagierte sofort und zog mit gespitzten Ohren den Einsprung an. Schon waren wir darüber hinweg, die Distanz würde super passen. Ich setzte mich tief in den Sattel. Markos und auch Eds Stimme waren in meinem Kopf und sagten mir, dass ich weiter reiten sollte. Ich ließ meine Beine dran und versuchte schon möglichst früh zum Oxer abzuwenden. Adrenalin schoss durch meinem Körper, als wir uns den Sprung näherten. Ich hörte Bellas Hufe über den Sand donnern, mein Pferd hatte der Ehrgeiz gepackt. Die bunten Farben und der komische Unterbau störten sie nicht im geringsten, sie wollte einfach nur darüber. Nur noch zwei Galloppsprünge, noch einer und schon drückte sich Bella mit Kraft ab. Ich hörte ein dumpfes raunen, als mein Pferd nun mit einem gewaltigen Satz über den Oxer flog. Ein grinsen stahl sich auf mein Gesicht. Es fehlte nur noch ein Sprung, der Steilsprung. Ich sammelte noch einmal meine gesamte Konzentration und fokusierte mich auf den letzten Sprung. Auch Bella nahm noch einmal ihren ganzen Mut zusammen, doch wir waren beide schon ein bisschen unkonzentriert, so dass wir ein bisschen zu groß zum Sprung kamen. Bella sprang kraftvoll ab, doch ich hörte wie ihre Hinterhand die Stange streifte. Ich war im Ziel und drehte mich nach dem Steilsprung um. Die Stange wackelte kurz, aber blieb dann liegen, wir hatten es geschafft! Lauter Applaus ertönte und Musik erklang, als ich nun im leichten Sitz meine Stute lobte. Sie war einfach genial gewesen! "Das ist die Führung für die Startnummer 134 mit einer Wertnote von 7,5!", donnerte die Stimme durch die Lautsprecher. Ich glaubte mich verhört zu haben, 7,5! Ich hatte es geschafft! "Sehr gut Bella, dass hast du toll gemacht!", lobte ich meine Stute glücklich und klopfte ihr mit beiden Händen den Hals. Ich hörte Rosi jubeln, die am Einritt stand und auf mich wartete. Überglücklich parrierte ich meine Stute durch und ließ sie am langen Zügel den Platz verlassen. "Das war einfach nur perfekt Amber!", freute sich Rosi und stopfte meinem Pferd gleich vier Würfel Zucker ins Maul, "Und du hattest Angst zu versargen!" Ich lachte und konnte es immer noch nicht glauben. "Damit hast du einen Abstand vor den anderen und fährst zu den hessischen Meisterschaften!", jubelte Rosi und klopfte mir begeistert aufs Knie. "Ich kann es immer noch nicht glauben!", rief ich begeistert und umarmte mein Pferd von oben, "Das hat so viel Spaß gemacht!" Rosi lächelte mich zufrieden an, "Ich sag ja, ohne Druck und mit Spaß an der Sache gelingt das Meiste" Meine Hände zitterten wie verrückt, aber diesmal aus purer Freude und Erleichterung. Alle hatten recht gehabt, ich war zu verbissen gewesen und das wollte ich nun ändern. Ich wollte es mit Freude machen und mir nicht zu viel Druck machen, denn dann konnte ich viel sorgloser reiten!
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Black Shadow - Gefunden
AdventureDer Wind peitschte mir in die Augen und der Regen durchnässte meine Kleidung, aber das spührte ich alles kaum. Denn in diesem Moment gab es nur mich und dieses unberechenbare schwarze Pferd, das mich aus wilden Augen anstarrte... Ich habe es geschaf...