Es war noch recht früh am Morgen und obwohl ich mir keinen Wecker gestellt hatte war ich hellwach. Unruhrig wälzte ich mich hin und her, aber ich konnte nicht mehr einschlafen. Bis zum Frühstück würde es noch etwas dauern und Kasmir schlief mir gegenüber friedlich. Schwache Sonnenstrahlen schienen schon durch das Fenster, die Wolken hatte sich verzogen und es hatte aufgehört zu regnen. Trainig hatte ich heute nicht, die Pferde würden heute zum ersten mal zusammmen auf die Koppel kommen. Ich rappelte mich auf, anstatt mich hier hin und her zuwälzen und am Ende noch Kasmir zu wecken, konnte ich auch was produktives tun. Leise schlich ich ins Bad, machte mich fertig und schlüpfte dann vorsichtig zur Zimmertür heraus. Der Gemeinschaftsraum war noch so gut wie leer, ich grüßte Frau Lodrig und Ed, die an einem Tisch saßen, Kaffee tranken und Zeitung lasen. Ob sie die Ruhe am morgen auch so mochten wie ich? In der Küche war schon reges treiben, doch mein Ziel war der Stall. Ich lief über den Hof. Gut das ich meine Jacke mitgenommen hatte, durch den gestriegen Regen war es etwas abgekühlt. Ich bog in unseren Stalltrack ab, der mir mittlerweile nicht mehr so groß und fremd vorkam. Bella stand friedlich in ihrer Box und fras genüsslich ihre Portion Heu. Als sie merkte, dass ich sie von der Boxentür aus beobachtete hob sie den Kopf und schnaubte mir entgegen. Ich lächelte. "Na, hast du Lust dir ein bisschen die Beine zu vertreten?", fragte ich meine Scheckstute. Sie schaute mich nur groß an, doch ich nahm das mal als 'ja' auf und streifte ihr das Halfter über. Ich wollte sie nicht reiten, aber vielleicht wollte sie sich ja mal wälzen. Als ich wieder auf den Hof trat herrschte ein bisschen mehr treiben. Stallarbeiter brachten Pferde auf Koppeln oder fuhren Karren voll Mist umher. "Brrr, alles gut mein großer", hörte ich auf einmal Malis Stimme und blickte suchend umher. Dann sah ich sieh bei den Anbindeharken mit Black Shadow. Sie hatte ihn gesattelt und versuchte gerade aufzusteigen, doch Shadow blieb einfach nicht ruhig stehen. Er tänzelte nervös hin und her. Pen, die ebenfalls bei Mali war, versuchte ebenfalls Shadow zum stehen zu bringen, doch das schien ihn nur nervöser zu machen. So langsam schien es dem Wallach zu viel zu werden und er drohte an vorne hoch zu gehen. Schnell lief ich mit Bella hinüber. "Vielleicht ist er ruhiger, wenn ein anderes Pferd dabei ist", rief ich schon von weitem und führte dann Bella an ihn heran. Shadow blieb verwundert stehen und schaute zu Bella, er reckte den Hals und ihre Nüstern streiften sich kurz. Diesem Moment passte Mali perfekt ab und schwang sich vorsichtig in den Sattel. "Vielen Dank Amber", sagte Mali zu mir erleichtert. Bevor ich aber etwas erwiedern konnte, trat auf Lodrig zu uns. "Bist du soweit Mali?", fragte sie nun und tätchelte Bellas Hals, die sofort den Kopf zu ihr wand. Sie nickte und ritt los über den Hof. "Komm doch auch mit Amber", sagte sie nun freundlich zu mir, "Bella scheint eine beruhigende Ausstrahlung zu haben" Ich weiß nicht wieso, aber es erfüllte mich irgendwie mit Stolz, dass sie mich einlud.
Auf dem Weg zum Dressurplatz knirschte Shadow immer wiedder mit den Zähnen und schüttelte wild den Kopf. Mali hatte die Zügel aufgenommen und ritt ihn deutlich vorwärts. Doch immer wieder versuchte er sich rauszuheben, stehen zu bleiben oder gar rückwärts zu laufen. Auf dem Platz drauf zu reiten stellte sich auch als größeres Problem dar, doch etwas später ritten sie dann ihre ersten Runden. "Das war jetzt aber reine Überredenskunst", meinte Pen und war wohl erleichtert, dass Mali nun endlich auf dem Platz ritt. Wir standen links und rechts von Frau Lodrig und sahen den beiden zu. "Mal sehen, wie er sich gleich gibt", erwiederte Frau Lodrig nur und schaute weiter zu Mali. Ich war schon wieder schrecklich aufgeregt. Nach ein paar Minuten fing Mali an zu traben oder sowas in der Art. Der Wallach war komplett verklemmt und ließ sich nur mühsam vorwärts reiten. Immerwieder riss er den Kopf hoch, machte sich stark und versuchte sich Mali zu entziehen. "Immer weiter reiten Mali", rief Frau Lodrig ihr zu, "Beine zu und vorwärts, vorwärts, vorwärts." Mali nickte nur knapp und trieb Shadow ernergisch weiter. Ich hatte plötzlich ein ungutes Gefühl im Magen. Der Wallach schien sich immer weiter aufzubauen und ich hatte das Gefühl gleich würde er explodieren. Mit pochenden Herzen schaute ich weiter zu, Bella die meine Anspannung zu merken schien stupste mich von hinten leicht an. Doch ich konnte die Augen nicht abwenden. "Ich hab irgendwie ein komisches Gefühl", rief Mali uns zu, als sie vorbeiritt. "Versuch ihn mal anzugaloppieren, manche Pferde lösen sich im Galopp besser", schlug Pen vor und Frau Lodrig nickte aufmunternt. Mali bog mit Shadow auf den Zirkel ab, zur geschlossenen Seite gab sie ihm die Galopphilfe, doch es passierte erstmal nichts. Nun wurde Mali deutlicher, pitschte ihn mit der Gerte an und schlagartig brach die Hölle über sie ein. Kaum hattte die Gerte Shadow berührt, hob er mit allen Beinen quietschend vom Boden ab. Die Luft wich mir aus den Lungen, als Shadow dann wieder aus dem Stand los raste und feurig nach hinten austrat. Wie ein wildes Tier jackte er buckelnd über den Platz und schlug die wildesten Harken. Wie in Zeitlupe sah ich, wie Mali erst den linken, dann den rechten Bügel verlohr. Shadow buckelte noch immer wie wild, die Bügel schlugen ihm gegen den Bauch und seine Sprünge wurden immer spektakulärer. Nun raste er im vollen Tempo auf uns zu und ich glaubte mein Herz hörte kurz auf zu schlagen. Hufe donnerten über den Sand, genauso schnell wie mein Herzschlag. 10 Meter vor uns, schlug Shadow einen harken nach links und setzte einen ordenlichen Bugler hinterher. Das konnte Mali nicht mehr sitzen. Obwohl sie sich die ganze Zeit so gut gehalten hatte, schlug sie nun mit einem dumpfen Geräusch im Sand auf. "Mali!", keuchte Pen und kletterte durch die Umrandung. Frau Lodrig tat es ihr gleich, entsetzen stand ihn ihrem Gesicht. Auch ich ließ Bellas Strick einfach los und rannte den anderen hinterher. Als wir bei Mali ankamen hatte sie sich schon wieder aufgesetzt. "Alles in Ordnung?!", rief Pen entsetzt und kniete sich neben Mali in den Sand. Shadow war mittlerweile stehen geblieben und starrte auf das was er angestellt hatte. Er schnaufte, wie ein Rennpferd, Dampf stieg von ihm auf. Mitgefühl breitete sich für einen Moment bei mir aus, doch schnell verdrängte ich dieses Gefühl und hockte mich ebenfalls zu Mali. "Mir geht es gut, ist nur ein Schock", sagte Mali, ihre Stimme zitterte. Mit einem stöhnen erhob sie sich aus dem Sand, auch wir standen auf. "Tut die irgendwo was weh Mali? Soll ich einen Arzt rufen?", fragte Frau Lodrig besorgt und Pen klopfte vorsichtig den Sand von Malis Jacke. "Meine Schulter schmerzt etwas, aber es geht schon und mir ist etwas übel.", sagte Mali und keuchte auf, als sie ihre Schulter nach hinten streckte. "Die Übelkeit kommt bestimmt vom Schock", meinte Frau Lodrig und taste vorsichtig Malis Schulter ab. Sie zuckte ein paarmal kräftig zusammen. "Ich glaube heute steigst du besser nicht mehr auf, die Schulter scheint geprellt zu sein", sagte Frau Lodrig mitfühlend. Mali schniefte kurz. "Aber ein Arzt sollte sich das besser anschauen, ich fahre dich gleich hin", sagte sie entschlossen. "Ich komme mit", sagte Pen schnell und flankierte Mali von der anderen Seite. "Ich muss erst noch Shadow in den Stall bringen", krächste Mali und wollte schon loshumpeln, doch Frau Lodrig hielt sie zurück. "Nein, dass soll Ed machen, ich rufe ihn an", damit zückte sie ihr Telefon. "Ich kann ihn auch wegbringen, bei Bella ist er bestimmt ruhiger", hörte ich mich plötzlich sagen. Was hatte ich da gerade angeboten? Frau Lodrig musterte erst mich und dann das Pferd, Zweifel standem ihr im Gesich geschrieben. "Das geht in Ordnung", sagte Mali jetzt zu meinem Erstaunen, "Ich glaube er kann sie gut leiden" Frau Lodrig nickte mir kurz zu, "Aber falls etwas sein sollte, hol Ed" Ich nickte nur, Frau Lodrig ging nun an Malis andere Seite und verschwand mit ihr und Pen vom Platz. "Ich glaube wir müssen uns jetzt einmal ernsthaft unterhalten Mali", hörte ich sie noch sagen. Kurz darauf war es still. Ich schnaute zu Shadow, er hatte sich seit Malis Sturz nicht mehr von der Stelle bewegt und schaute mich aus ängstlichen Augen an. Mit einem mal war ich verwirrt.
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Black Shadow - Gefunden
AdventureDer Wind peitschte mir in die Augen und der Regen durchnässte meine Kleidung, aber das spührte ich alles kaum. Denn in diesem Moment gab es nur mich und dieses unberechenbare schwarze Pferd, das mich aus wilden Augen anstarrte... Ich habe es geschaf...