Kapitel 62

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"Na, wie seh ich aus?", fragte mich Kasmir aufgeregt und drehte sich vor mir einmal im Kreis. Wir standen in unserem Ankleidezimmer, gleich würde das große Abschlussfest starten. Die drei Tuniertage waren damit offiziel vorbei. Die letzten beiden Tage waren wieder anstrengend gewesen, wir hatten viele Dienste gehabt und mussten unsere Pferde auch noch bewegen. Unsere Eltern waren die zwei Tage noch dargeblieben. Ich hatte ihnen in ruhigen Minuten den ganzen Hof gezeigt und es war eine wirklich schöne Zeit gewesen. Doch das Schönste überhaupt war, dass Shadow bleiben durfte. Ich betrachtete nun Kasmir, sie trug ein rotes Kleid, dass ihr bis zu den Knien ging. Ihr schwarzer Bob fiel ihr lockig auf die Schulter. "Du siehst toll aus!", sagte ich voller Bewunderung. Da ich überhaupt kein Kleiderträger war, hatte ich einfach nur eine Jeans mit einer weißen Bluse angezogen. Es war ein komisches Gefühl mal wieder Jeans zu tragen, was ich auf jeden Fall nicht vermisst hatte. Kasmir lächelte mir zu. "Na dann", sagte sie, "Auf in den Kampf!" Ich harkte mich bei meiner Freundin unter und wir verließen lachend unser Zimmer.

Auf dem Hof war eine magische Atmosphäre. Der Himmel hatte eine orangne Farbe angenommen. Überall waren kleine bunte Lampen platziert und Musik spielte aus den Lautsprechern. Es gab sogar eine kleine Bühne, wo schon die ersten Leute tanzten. "Da seit ihr ja endlich!", rief Emilio fröhlich und kam auf uns zu. Ich konnte gut verstehen, warum er so gut drauf war. Er und Kasmir hatten beim Tunier gut abgeschnitten. Kasmir hatte sich sogar in der Gesamtwertung aller drei Disziplinen an neunter Stelle platzieren können. Ich war mächtig stolz auf meine Freundin, die sich nun angeregt mit Emilio austauschte. Generell hatte unsere Akademie sehr gut abgeschnitten, war jedoch nur ganz knapp vor der Tannenhein Akademie platziert. Trina hatte mir in den letzten Tagen noch viele böse Blicke zugeworfen, sogar mehr wie Megan. Die schwebte gerade auf Wolke sieben, da sie in der Gesamtwertung auf Platz 4 war. Zumindest hatte sie mir das immer wieder unter die Nase gerieben. Ich musste nun an Will denken, er hatte es sogar auf Rang drei geschafft. Stolz überkam mich auf meinen Freund, er war wirklich großartig geritten. Ausgesprochen hatten wir uns noch nicht, aber es wurde wieder besser zwieschen uns. Als ich ihm zu seiner Platzierung gratuliert hatte, war er wirklich glücklich darüber gewesen. Und das konnte er auch sein! Ich ließ mein Blick über die Menge schweifen, es war seltsam die Menschen, die ich jeden Tag in Reitsachen sah nun in normalen Klamotten zu sehen. Ich musste grinsen, als mein Blick auf Ed viel. Er stand bei Mali und hatte als einziger seine Reitklamotten an. "Der ist echt unmöglich!", rief ich meinen Freunden zu und nickte zu unseren Lehrern. Kasmir lachte auf. "Der hat gerade andere Sachen, als Klamotten im Kopf", meinte Emilio belustigt und zog dann Kasmir und mich zu Noah, Lis und Megan, die an der Bühne standen. Will war nicht bei ihnen und ich sah mich suchend um. "Willst du ihn suchen?", fragte mich Kasmir, die meinem Blick gefolgt war. Ich war unschlüssig, mein Herz klopfte schnell. Ich wollte diesen blöden Streit endlich begarben. "Hallo Amber", begrüßtze mich nun eine Stimme. Ich drehte mich um, Herr Winkler stand hinter mir. Ich hatte ihn die letzten Tage gar nicht mehr zu Gesicht bekommen. "Hallo Herr Winkler", begrüßte ich den Mann freundlich, "Genießen sie die Feier?" Der ältere Mann nickte, die bunten Lichter huschten über seinen weißen Anzug. "Vorallem hab ich deine Ritte genossen", kam er gleich auf den Punkt. Ich lachte, "Meine Geländeprüfung war nicht schlecht, was?" Herr Winkler lachte ebenfalls, "Du hast da ein wirklich sehr temperamentvolles Pferd gehabt", gab er nun zu, "Aber ich finde du hast es wirklich gut gemeister und mit deiner Stute kannst du ja wirklich mehr als zufrieden sein" Wärme durchzog mich, auf Bella war ich wirklich stolz. Wir hatten uns in der Dressur an achter Stelle platzieren können. Ein freudiges Gefühl überkam mich nun, bei so vielen Startern war ein achter Platz in der Dressur einfach nur großartig. In der Gesamtwertung war ich ziemlich im Mittelfeld gelandet, aber das fand ich überhaupt nicht schlimm. Viel wichtiger war, dass alles ein gutes Ende genommen hatte. "Ich habe dich übrigens bei meinem Trainingsspringen nächsten Monat eingetragen", sagte er Winkler nun und überreichte mir einen Zettel. Ich riss die Augen auf, nach meinen Ritten mit Shadow hatte ich nicht mehr damit gerechnet, dass ich an einem seiner Lehrgängen hätte teilnehmen dürfen. "Du musst gar nicht so erstaunt gucken", meinte Herr Winkler nun gut gelaunt, "Das hast du dir mehr als verdient. Marko hat mir alles über diesen Shadow erzählt, ich war also bestens informiert und du hast meine Erwartungen auf jeden Fall erfüllt" Ich konnte den Mann immernoch nur anstarren. "Ich weiß nicht was ich sagen soll", brachte ich nun doch mühsam heraus. "Einfach danke", antwortete er Herr Winkler und reichte mir die Hand, "Es hat mich gefreut Amber, meine Frau und ich können es kaum erwarten dich bei uns begrüßen zu dürfen" Damit verschwand er wieder in der Menge. Ich blickte ihm nach, wer hätte gedacht, dass sich alles so zum Guten wenden würde? Ich wollte schon wieder zu meinen Freunden zurück gehen, da blieb mein Blick an einem großen Jungen mit dunkel blonden Haaren hängen. Will stand alleine am Rand des Geschehens und sah auf sein Handy. Ich fasste mir ein Herz und ging langsam auf ihn zu. "Hey", sagte ich, als ich unmittelbar vor ihm stand, "Alles in Ordnung bei dir?" Erschrocken sah Will auf, er hatte mich wohl nicht gehört. Seine grünen Augen wirkten trüber als sonst. "Sollte dir nicht nach Feiern zu mute sein?", fragte ich ihn nun und lächelte leicht. "Alleine zu Feiern ist nicht ganz so schön", antwortete Will nun. "Dann komm doch zu uns", schlug ich ihm verwirrt vor. Will lachte leise. "Es geht mir gerade eher um meine Eltern", sagte er nun. Ich blickte mich suchend um. "Wo sind sie?", fragte ich neugierig. Will zuckte nur müde mit den Schultern, "Sie haben etwas besseres zu tun gehabt" Ich riss erschrocken die Augen auf. "Meinst du das jetzt ernst?", fragte ich unsicher. Will nickte langsam, "Mein Vater hatte über das Wochenende einige Treffen mit diversen Züchtern und meine Mutter hat ihn begleitet" Ich sah meinen Freund mitfühlend an. Will hatte mir nie etwas schlechtes von seinen Eltern erzählt eher im Gegenteil, sie schienen wirklich nett zu sein. Doch Emilio hatte schon ein paar mal angedeutet, dass seine Eltern oft mehr Zeit in ihre Pferde investierten, als in ihren Sohn. Deswegen konnte sich Will wohl auch oft in Megan hineinversetzen, die von ihren Eltern immer großen Druck bekam. Will musste wirklich enttäuscht sein, dass seine Eltern heute nicht gekommen waren. Zumindest wäre ich es bei meinen gewesen. "Es tut mir alles so leid Amber", platzte es aufeinmal aus Will heraus. Ich blickte ihn verwirrt an, doch er ließ mich gar nicht zu Wort kommen. "Ich habe mich dir gegenüber die letzten Tage nicht sehr nett verhalten, ich war nur irgendwie sauer auf Noah, weil er so... Ich weiß auch nicht" Ich blickte zu ihm hoch, mein Zorn war schon lange verpufft. "Schon okay", sagte ich jetzt, "Noah ist wirklich sehr nett und ich denke nicht, dass er dir irgendwie böse ist oder so" Will musterte mich skeptisch. "Ja... das ist gut", stotterte er. Ich lächelte zufrieden. "Und keine Sorge, ich bin schon lange nicht mehr sauer, wir sind doch Freunde", fuhr ich fort und stieß ihn leicht in die Seite. Etwas flackerte in Wills Blick, doch dann lächelte er zurück. "Dann ist ja gut", sagte er nun und wandte den Blick unseren Freunden zu, die schon wild tanzten. "Und jetzt komm", rief ich und zog ihn hinter mir her, "Wir wollen doch heute Abend feiern, dann kannst du deinen Eltern gleich ein tolles Bild schicken, wo sie sich dann blass ärgern, dass sie nicht da sind" Will folgte mir lachend und wir gesellten uns zu den anderen. Es war ein langer Abend, viele Geschichten wurden erzählt, von Tunieren, Lehrgängen und was uns noch so einfiel. Der Abend verging wie im Flug. Es war einer dieser Abende, der einem für immer im Gedächtnis bleiben würde und er war noch nicht vorbei.

Black Shadow - GefundenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt