Nervös riss Shadow den Kopf hoch und wieherte schrill. Mein Mut sank noch weiter, als er nicht auf meine Hilfen reagieren wollte, um anzutraben. "Bleib ruhig Amber", riet mir Ed von unten, "Du bestätigst ihn mit deiner Nervosität" Der Schweiß rann mir schon jetzt den Rücken herunter und hinterließ dort eine Gänsehaut. Mit Nachdruck bohrte Shadow nach unten gegen die Zügel. Für einen kurzen Moment zog er mich aus dem Sattel, doch schnell fing ich mich wieder. Was war nur los mit ihm? "Ich habe null Kontrolle!", rief ich Ed zu, der uns mit kritischem Blick beobachtete. "Du klammerst zu viel, bleib lockrer", kam es von Ed. Das klang so viel leichter, wenn man es nur aussprach. Ich atmete nocheinmal tief durch und gab energerischeren Schenkeldruck. Shadow quitierte es sofort, in dem er nach hinten ausschlug, aber dann lostrabte. "Ruhiger, viel ruhiger!", hörte ich Eds laute Stimme, aber ich hatte mit diesem Pferd gerade genug zutun. Im Stechtrab schoss er mit mir über den Platz. Meine Paraden ignorierte er vollkommen. Angst packte mich, ich war komplett machtlos. Was sollte ich tun? Ihn so lange rennen lassen, bis ihm die Puste ausging? Abspringen? "Brrr, Shadow", versuchte ich den Wallach zu beruhigen. Doch die Ohren, die sonst immer zu mir drehten, blieben steil nach vorne gerichtet. So langsam fingen meine Arme an schlapp zu machen, mit solchem Druck drückte Shadow gegen die Zügel. Dabei wurde sein Tempo immer schneller und schneller. "Reite eine Volte!", rief nun Ed, doch daran war nicht zu denken. Shadow reagierte auf nichts. Ich gab ihm ein paar mal nachdrückliche Paraden, doch das veranlasste ihn nur dazu noch mehr zu drücken. Ich nahm die Zügel weiter auf, die Panik ließ mich frösteln, und gab ihm nochmal eine harte Parade, doch das ließ ihn endgültig explodieren. Plötzlich war er mit allen vieren gleichzeitig in der Luft und ich schwebte für einen kurzen Moment über dem Sattel. Wieder auf dem Boden ging es ganz schnell. Shadow vollführte eine seiner 180 Grad Drehungen, wodurch mir beide Steigbügel wegflogen und setzte einen ordentlichen Bocksprung hinterher. Dabei riss er den Kopf wieder nach unten und machte seinen kurzen Rücken so rund, dass ich wie ein Pfeil durch die Luft sauste. Innerhalb von vielleicht drei Sekunden hatte er sein Werk vollbracht und ich landete scheppernd im Sand. Keuchend rollte ich dort noch ein Stück weiter, mit so viel Wucht war ich aufgekommen. Für einen Moment war mir schwarz vor Augen. Die ganze Luft war mir aus der Lunge gewichen. "Amber! Alles gut?!", hörte ich Kasmirs panische Stimme und wurde kurz darauf unsaft gerüttelt. Nun bekam mein Bild endlich wieder farbe und meine Lunge wieder Luft. Keuchend setzte ich mich auf. Kasmir hockte neben mir, ihr Gesicht war ganz bleich. Auch Ed war zu mir gekommen und hockte auf meiner anderen Seite. Er klopfte mir den Rücken, als ich anfing zu husten, da ich wohl den halben Sandplatz verschluckt hatte. "Jetzt schaut euch den an?", sagte Kasmir. Ich folgte ihrem Blick. Nachdem Shadow mich abgeworfen hatte, war er nicht stehen geblieben. Nein, jetzt fing er erst richtig an! Wie ein wildes Rodeopferd sprang er bockend über den Platz. Um jeden Sprung schlug er einen großen Harken oder premste davor ab, um in die andere Richtung zu verschwinden. "Was ist nur los mit ihm, er war die letzten Tage super drauf?", keuchte ich noch immer und kugelte meine rechte Schulter, auf der ich gelandet war, dass würde einen schönen blauen Fleck geben. "Das lag nicht an dir, dass ist klar", brummte Ed und beobachtete kopfschüttelnd das bockende Pferd. "Es scheint, als wären es die Sprünge, die ihn so in Rage versetzen", überlegte Kasmir laut. Ed nickte:" Irgendwas stimmt da nicht. Kein Pferd, dass ich kenne, hat sich je so bei Sprüngen verhalten. Klar manche hatten auch mal Respeckt davor, aber das hier grenzt ja schon ans aggressive! Schaut mal wie er zum Teil nach den Sprüngen austritt" Vom Boden aus sah ich dem Pferd, dass ich gestern noch super geritten war, zu wie es jetzt wieder so benahm, wie am Anfang. Aber das, was Ed und Kasmir eben gesagt hatten, machte Sinn. "Er wollte ja schon gar nicht auf den Platz rauf", überlegte ich nun, "Und das kann nicht daran liegen, dass er hier noch nie war, auf dem Dressurplatz war es ja auch nie ein Problem" Endlich schien dem Wallach die Puste auszugehen. Er wurde langsamer und viel in einen Trab. Damit standen wir auch auf. Meine Beine waren noch steif und wackelig. Ich zitterte etwas. "Hast du dir wehgetan?", fragte Kasmir mitfühlend. "Meine Schulter tut weh, aber sonst geht es", antwortete ich und wankte dann Ed hinterher, der schon auf dem Weg war Shadow einzufangen. Dieser kam nun bereitwillig auf uns zu getrabt und blieb dann artig vor uns stehen. Doch als ich näher auf ihn zutrat merkte ich sofort, dass seine Puste zwar weg war, seine Angst jedoch geblieben. Seine Augen waren groß und aufgerissen. Nackte Panik flackerte noch darin. Die Ohren zuckten unruhig umher, sein Atem ging schnell und unregelmäßig. Langsam ging ich auf ihn zu und ergriff die Zügel. Sein Fell war komplett nass und er schüttelte kurz den Kopf. "Na na, alles gut", beruhigte ich den jungen Wallach, obwohl auch mein Herz noch wild am klopfen war. "Der ist komplett gestresst", stellte Ed fest, was kein Kunststück war. "Zumindest ist er jetzt ruhig", warf Kasmir zögernd ein. Ich musste grinsen, "Na immerhin" Damit trat ich an seine linke Seite und nahm die Zügel wieder auf. "Du willst doch da nicht im Ernst wieder drauf", rief Kasmir und riss die Augen auf. "Doch, klar", erwiderte ich, auch wenn jede Faser meines Körpers sich dagegen sträubte, doch mein Kopf sagte mir, dass ich aufsitzen sollte, "Ed kannst du kurz gegenhalten?" Gesagt, getan und schon saß ich wieder oben. "Wir machen heute nicht mehr viel", meinte Ed nun und klopfte Shadow kurz den Hals, "Und reite am besten nicht so nah an die Sprünge, wir müssen ihn ja nicht noch mehr ärgern" Mein Bedarf an die Sprünge zu reiten war jedoch eh nicht da, also ließ ich Shadow noch ein paar Runden ganze Bahn und Zirkel traben und galoppieren. Mit jeder Runde wurde er ruhiger und ich wieder etwas sicherer. In Gedanken sah ich ihn immernoch bockend über den Platz rasen, was war ihm nur widerfahren?
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Black Shadow - Gefunden
AdventureDer Wind peitschte mir in die Augen und der Regen durchnässte meine Kleidung, aber das spührte ich alles kaum. Denn in diesem Moment gab es nur mich und dieses unberechenbare schwarze Pferd, das mich aus wilden Augen anstarrte... Ich habe es geschaf...