12. Kapitel

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Ungläubig blickte ich zu Raphael. Das waren wohl Friedrich und der andere Kerl, die mich damals im Wald gefunden hatten. Er konnte sie doch nicht deswegen umbringen. Schnell erhob ich mich und lief neben Raphael. Als ich nach unten blickte erkannte ich nun die zwei Männer. „Raphael ich flehe dich an tue das nicht! Lass sie frei." Raphael wendete sich zu mir und sah mich an. Er verstand wohl nicht, was ich plötzlich hatte. Aber auch meine panische Stimme konnte ihn nicht von seinem Plan abbringen. „Silvester, du wolltest einen Vertrauensbeweis und diese zwei Männer werden sterben. Sie haben dich angefasst und niemand außer mir fasst dich an. Du gehörst mir." beharrte Raphael. Doch ich schüttelte den Kopf. „Ich gehöre dir nicht und wenn du das tust dann werde ich dir auch nie gehören. Sie wussten nicht einmal wer ich bin! Wie hätten sie es wissen können?" schrie ich ihn an. Ich musste diese Hinrichtung irgendwie verhindern. Ich könnte es nicht ertragen, wenn diese Männer wegen mir starben. Die Aufmerksamkeit aller Menschen lag auf uns. Mir war bewusst, dass sie mich alle hören konnten, doch es war mir egal solange ich die zwei Leben retten konnte. „Silvester die Männer haben etwas gesehen, was niemand sehen darf." flüsterte mir Raphael ins Ohr „Ich hab dir bei unserem ersten Treffen gesagt, dass ich jeden umbringen werde, der dich so sieht." Flehend sah ich ihn an. „Ich will das aber nicht." beharrte ich und Tränen rannten mir über mein Gesicht. „Ich wollte doch nur wissen ob ich dir Vertrauen kann! Ich will nicht, dass jemand wegen mir stirbt." schluchzte ich und Raphael wollte mich in Arm nehmen doch ich wich zurück. „Bitte tu das nicht. Wenn du auch nur etwas für mich empfindest, dann lass sie frei." bat ich ihn. Raphael schien zu überlegen doch schüttelte er dann seinen Kopf. „Silvester ich empfinde sehr viel für dich doch ich kann die zwei nicht leben lassen. Du wirst schon damit umzugehen wissen." sagte Raphael und wendete sich von mir ab. Er hob seinen Arm hoch und schrie „TORE AUF!"

Ich schluchzte laut auf. Ich drehte mich zu Raphaels Frauen und Darwin. Hilfesuchend sah ich sie an. „Bitte, stoppt ihn." flehte ich sie an. Aber keiner von ihnen half mir. Darwin sah mich eher warnend an. Aber ich konnte die zwei Männer nicht einfach sterben lassen.
Also drehte ich mich wieder zu Raphael.
„Ich hasse dich!" schrie ich ihn an. „Das werde ich dir niemals verzeihen!" Raphael packte mich einfach und zwang mich nach unten zu sehen. „Du hasst mich nicht, Silvester! Du wirst mich auch niemals hassen können! Das werde ich dir schon noch zeigen." Viele Werwölfe stürmten raus aus den Toren und stürzten auf die zwei Männer zu. Ich schloss meine Augen und hielt mir meine Ohren zu. So etwas konnte ich mir nicht ansehen. Gedämpft hörte ich Leute jubeln, applaudieren und schreien. Was ist bloß mit den Leuten hier falsch. Wie kann man zusehen wie andere sterben und das noch bejubeln? Mit aller Kraft riss ich mich von Raphael los und rannte weg. Raus aus diesem VIP Raum. Die Treppen runter und weg von dem Stadion. Einfach nur weg. Meine Augen brannten mir schon wegen den ganzen Tränen, die mir über das Gesicht liefen. Noch nie in meinem Leben hatte ich den so starken Drang von etwas wegzulaufen, wie jetzt. Doch wie ihr euch denken konntet kam ich nicht weit. Nur ein paar Meter weg vom Stadion und schon stand Raphael vor mir. Und das gar nicht erfreut. „Silvester du sollst bei mir bleiben! Wieso rennst du weg? Diese Männer haben den Tod verdient!" kam es von ihm. „Woher nimmst du dir das Recht über Leben und Tod zu bestimmen? Du hast kein Recht dazu!" schrie ich ihn an. Schluchzend dachte ich an die zwei armen Männer, die zwei toten armen Männer. Natürlich waren sie nicht freundlich, aber ich bezweifle, dass andere Männer, die in Raphaels Dienst stehen anders gehandelt hätten. Was ist mit ihrer Familie? Was wenn die zwei Kinder hatten? Wer soll sich nun um diese kümmern? Ich konnte sie nicht retten. Habe ich zu wenig versucht? Diese zwei Männer sind meinetwegen gestorben und ihre Angehörigen werden meinetwegen leiden. Dieser Gedanke machte mich fertig. Ich wollte das alles nicht.
Niemand sollte so viel Macht haben, wie Raphael. Niemand soll einfach töten dürfen nach Lust und Laune. Das ist schrecklich.

„Ich hatte jedes Recht, Silvester. Es wird Zeit, dass auch du anfängst zu gehorchen. Du sträubst dich zu sehr. Aber wenn ich fertig mit dir bin dann können wir endlich richtig zusammen sein. Du wirst schon sehen, du wirst mich lieben. Du wirst meine Nähe suchen. Du wirst nicht mehr ohne mich leben können, meine süße kleine Mate. Es hätte alles anders kommen können, aber nun ist es so." Raphael näherte sich langsam schleichend meinem Körper. Er behielt mich genauestens im Auge, wie ein Raubtier seine Beute. So war es ja auch. Er das Raubtier und ich das verschreckte Reh, das nicht mehr flüchten kann. Aber trotzdem ließ ich es nicht unversucht und rannte so schnell ich konnte los. Raphael hatte sich verwandelt. Als Werwolf jagte er mich. Er ließ mich laufen, wenn er wollte hätte er mich schon längst gehabt. Das wusste ich, aber ich hoffte immer noch auf ein Wunder. Auf ein Wunder, das nicht kam. Ich rannte durch die Stadt auf den Wald zu. Im Wald fing ich an Haken zu schlagen und über Stöcke zu springen. Doch ich schaffte es einfach nicht den Werwolf hinter mir abzuhängen. Egal was ich versuchte. Er war einfach schneller und flinker. Raphaels Pfoten näherten sich mir immer mehr und ich spürte seine Präsenz direkt hinter mir. Mein Herz schlug klopfend gegen meine Rippen. Ich spürte meinen Herzschlag so klar wie noch nie. Mein ganzes Blut rauschte und stieg mir in den Kopf. Meine Lungen brauchten Luft. Vielmehr Luft als ich in diesem Moment einatmen konnte. Und so kam es, dass mein Körper nicht mehr weiter konnte. Ich wusste Raphael hatte gewonnen. Körperlich wir er mir immer überlegen sein. Ich werde es nie schaffen mich zu wehren, aber das hieß nicht, dass ich aufgeben werde. Ich brauchte einen anderen Plan. Aber ich konnte jetzt nicht darüber nachdenken. Dazu fehlte mir die Kraft. Mein Oberkörper fiel auf meine Knie und ich versuchte zu atmen. Doch Raphael gab mir keine Zeit mich zu erholen. Ich spürte Zähne an meinem Nacken, die sich durch meine Haut in mein Fleisch bohrten. Schmerzerfüllt schrie ich auf. Erst wollte ich den Werwolf von mir schieben, doch dafür hatte ich keine Kraft mehr. Meine Hände hingen leblos an meinem Körper. Und auch meine Beine konnten mich nicht länger tragen. Die Schwärze, die mich umgab, hieß ich willkommen. Denn sie rettete mich von meinen unerträglichen Schmerzen und davor noch länger die Anwesenheit von Raphael genießen zu müssen. Ich spürte zwei Arme die mich hoch hoben. Immer noch war ich bei Bewusstsein, obwohl alles rund um mich schwarz war. Nur sehr gedämpft nahm ich die Umwelt war. Als ich dann plötzlich Lippen auf meinen spürte keuchte ich auf. Panisch versuchte ich den fremden Körper von mir zu stoßen, doch meine Hände gehorchten mir nicht. Ich war gefangen im eigenen Körper. Mein Körper gehorchte mir nicht mehr. Ich konnte mich nicht mehr bewegen. Trotzdem war ich noch bei Bewusstsein. Allerdings nur schwach. Die Lippen die sich auf meinen befanden, fingen an sich zu bewegen. Ich spürte, wie sich eine Zunge in meinen Mund presste. Aber ich konnte mich nicht wehren. Ich konnte meinen Mund nicht schließen. Das einzige was ich konnte war es über mich ergehen zu lassen und hoffen, dass dieser Alptraum bald zu Ende war.

Ich will nur noch nach Hause. Das hier ist einfach nicht der richtige Ort für mich. Aber wie kam ich nach Hause? Wie war dies möglich?

Mit diesen Gedanken driftete ich schlussendlich doch weg.

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