29. Kapitel

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Fix und fertig fiel ich auf das Sofa. Raphael hatte mich nach dem Training noch gezwungen etwas zu essen. Ich bekam aber nicht mehr, wie zwei Bisse in meinen Magen. Meine Hand zitterte immer noch. Ich war zu geschockt. So legte ich mich nur noch auf das Sofa. Raphael musste noch was machen, das sagte er, bevor er mich mit Darwin alleine ließ. Dieser hat sich auf der gegenüberliegenden Couch niedergelassen. Viel länger beschäftigte ich mich nicht mit ihm. Meine Augen schlossen sich nämlich und ich döste weg.

Am nächsten Morgen wachte ich früh auf. Was kein Wunder war, da ich schon am späten Nachmittag eingeschlafen war. Ich lag noch auf dem Sofa stellte ich erleichtert fest. Raphael hörte ich gleichmäßig atmen. Er lag nicht im Bett. Er saß schlafend auf der gegenüberliegenden Couch. Das sah alles andere als bequem aus. Dass er mich wohl beim Schlafen beobachtet haben muss, ignorierte ich. Das war mir zu creepy. So schlich ich mit leisen Füßen ins Bad. Nach meiner morgendlichen Badroutine, schlüpfte ich wieder ins Zimmer. Bevor ich mit dem Gedanken spielen konnte alleine ein bisschen im Schloss rumirren, wünschte mir Raphael einen guten Morgen. Er war also auch schon wach. „Wie geht es dir Silvester?" fragte er mich. Erst war mir gar nicht bewusst, was er meinte, bis mir der gestrige Tag wieder einfiel. Meinen Schock hatte ich aber überwunden. So sagte ich ihm, dass alles gut sei. „Möchtest du heute eine Pause? Oder weiter üben?" wollte er wissen. Ich war definitiv für weiter üben. Anastasias Trainingsmethode mag ja fragwürdig sein und echt bescheuert. Ich hatte Todesangst. Auch wenn ich wusste, dass Raphael mich nicht sterben lassen würde, fragte ich mich, ob er noch eingreifen hätte können bevor ich starb. Ich war mir nicht sicher. Es mag unlogisch klingen, dass ich trotzdem weiter trainieren wollte. Aber was blieb mir schon übrig? Entweder üben und hoffen hier weg zu kommen oder hier ewig festsitzen. Ich war stark für ersteres.

Vor dem Training hatten Raphael und ich gefrühstückt. Zwischen uns war eine sehr komische Stimmung. Beide wussten wir nicht, was sagen. Ich hasse sowas. Zum einen wollte ich ja nicht mal mit ihm reden, aber zum anderen war diese Stimmung kaum auszuhalten. Zu meinem Glück oder Pech, wie man es sehen wollte, kam während dem Frühstück plötzlich Valeria in das Zimmer. Und da fiel mir wieder Claude ein. Wie konnte ich sie vergessen? Ein schlechtes Gewissen überkam mich. Ich saß hier und aß in Ruhe mit Raphael. Aber was war mit ihr? Wieso habe ich nicht mehr an sie gedacht? Natürlich war seitdem immer etwas los. Das Feuer, das neue Zimmer, Raphaels Wut auf mich und Anastasias Training. Aber trotzdem hätte ich wenigstens einen Gedanken an sie hegen müssen.

„Valeria, was ist los?" fragte Raphael sie. „Du hast nur noch Zeit für Silvester. Hast du vergessen, dass du uns auch etwas versprochen hast?" antwortete sie wütend. Raphael zog eine Augenbraue hoch. „Ich möchte, dass wir heute etwas unternehmen." fügte sie noch hinzu. Interessiert blickte ich zu Raphael, der irgendwie überfordert aussah. „Valeria ich kann nicht." sagte er ihr daraufhin. „Ach ja? Und warum nicht?" verlangte sie zu wissen und warf einen abwertenden Blick auf mich. „Anastasia trainiert mit Silvester. Ich will das ganze überwachen." antwortete er ihr. Valeria schien kurz zu überlegen. Nickte dann aber. „Ich weiß nicht wie lange ich das noch mitmache Raphael! Anastasia ist nur deine Verlobte und deine Frau, mit der du verheiratet bist, ignorierst du." meinte Valeria, drehte sich um und stürmte aus dem Zimmer. Raphael rieb sich mit einer Hand über das Gesicht. „Wir werden das Training mit Anastasia absagen. Du wirst heute im Zimmer bleiben." bestimmte Raphael dann plötzlich. „Was? Nein! Das kannst du vergessen. Ich werde nicht mehr in diesem Zimmer verrotten! Du kannst dich gerne um Valeria ,kümmern', aber verschone mich dann wenigstens." gab ich von mir. Ich hatte echt keine Lust mir das noch einmal gefallen zu lassen. „Weißt du wie langweilig es im Zimmer ist? Was soll ich denn deiner Meinung nach den ganzen Tag machen? Ich drehe durch, wenn du mich einsperrst." erklärte ich ihm noch wütend. Raphael seufzte. Er schien zu überlegen. Gut so, dachte ich mir. „Wenn ich Sarah zu dir schicke?" fragte mich Raphael. Er schien nach einer Möglichkeit zu suchen Valerias Wunsch nachzukommen. „Nein, ich mag sie nicht." offenbarte ich ihm. Daraufhin fing Raphael an zu lachen. Was war den daran so lustig?
„Wen magst du denn hier eigentlich Silvester?" fragte Raphael mich.
„Niemanden. Deshalb will ich auch keine Zeit mit den Leuten hier verbringen. Ganz einfach." sagte ich ihm, worauf er still war. „Raphael? Da gibt es etwas, was ich wissen muss. Was ist mit Claude passiert, nach dem sie mir geholfen hat?" flüsterte ich leise. Ich war mir nicht sicher, ob ich die Antwort hören wollte.

Lange war Raphael still bis er mir eine Antwort gab. „Ich habe sie verbannt." sagte er. Verbannung? Sie tat mir leid. Nur wegen mir. Ich hätte sie nicht um Hilfe bitten dürfen. Das war ein Fehler.
„Silvester mir ist es nicht leicht gefallen. Aber ich konnte das nicht unbestraft lassen. Claude geht es gut. Dafür habe ich gesorgt. Sie ist in einem Schloss von einem Verbündeten. Ich werde mich von Claude trennen und sie freigeben. Sie soll ihren Mate finden und wieder glücklich werden. Es war nicht leicht das zu entscheiden Silvester. Claude war schon seit ich ein Kind war an meiner Seite. Aber sie hat mir das schlimmste angetan, als sie dir von hier weghalf. Als ich früh morgens zurück kam von meiner Suche nach Erika und du nicht in unserem Zimmer warst, bin ich beinahe durchgedreht. Darwin erzählte mir, dass du nicht mit ihnen essen wolltest und im Zimmer bliebst. Wir sind sofort losgezogen und haben dich auch gefunden. Ich war erst so wütend auf dich. Doch als der Hugock auftauchte, war deine Sicherheit am wichtigsten für mich. Darwin hätte dich aufhalten müssen. Aber er hatte es nicht geschafft. Ich bin ausgerastet als ich dir nicht mehr weiter folgen konnte. Darwin überredete mich umzukehren. Im Schloss suchte ich sofort nach deinem Fluchtweg. Nur wenige wissen von dem Tunnel. Eine davon ist Claude. Damit war sie zu weit gegangen. Ohne dich könnte ich nicht weiterleben. Das war eine Tat gegen mich. Ich konnte ihr nicht mehr vertrauen. Deshalb musste sie weg. Ihr wird es gut gehen Silvester. Dafür werde ich sorgen. Du kannst mir glauben. Mir liegt noch immer viel an Claude." erzählte Raphael traurig. Ich sah ihm an, dass er nicht froh darüber war, wie es gelaufen ist. Es tat mir leid. Ich hatte so ein furchtbares schlechtes Gewissen. Raphael war echt traurig darüber, was mit Claude geschehen ist, dass sah ich ihm an. „Aber warum hast du sie verbannt, wenn dir so viel an dir liegt?" fragte ich ihn. Ich verstand es einfach nicht. Wieso fügte er sich selbst diesen Schmerz zu? „Jeder denkt immer, dass ein König alles machen kann, wie er will. So ganz stimmt das aber nicht. Claude hat einen Fehler begangen und dafür muss sie bezahlen. Ich war nicht der einzige, der wusste, dass Claude dir geholfen hat. Ich will fair sein Silvester und das geht nur, wenn es mit Strafen keine Ausnahme gibt. Ich wollte Claude nicht in den Kerker stecken oder sie foltern. Ich musste es ihr ersparen. Jetzt kann sie ihren Mate finden und glücklich werden." klärte Raphael mich auf. Es tat mir so leid. Wenn ich gewusst hätte, was ich durch meine Flucht anstellen würde, wäre ich nicht geflohen. Raphael wirkte echt niedergeschlagen. Auch wenn ich es bereuen werde, umarmte ich Raphael. Seine Hände schlangen sich gleich um meinen Körper und er drückte mich ganz fest an sich. Sein Kopf verschwand in meiner Halsbeuge und ich spürte, wie er meinen Geruch in sich aufsog.
„Ich wollte das nicht. Mir tut es leid." flüsterte ich und genoß die Nähe. Ich vermisste es umarmt zu werden. Jeden Tag wurde ich zu Hause umarmt von meinen Freunden und meiner Mama. Nur leider war es nicht jemand von zu Hause, der die Arme um mich schlang. Das wurde mir auch gleich wieder bewusst, als ich Raphaels Stimme hörte.
„Es war Claudes Entscheidung. Sie wusste über das Risiko bescheid."

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