41. Kapitel

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Ein nerviger piepender Ton war ständig zu hören und holte mich aus dem dunklen Loch in welchem ich gefangen war heraus. Dieser piepende Ton war nicht das einzig nervige. In meine Nase stieg der Geruch von Desinfektionsmittel. Sie begann zu kribbeln und kurz darauf musste ich niesen. Als ich meine Augen aufschlug musste ich erst ein paar mal blinzeln bis ich mich an das grelle Licht gewöhnt hatte. Ich war in einem Krankenhaus, das wurde mir schnell bewusst. Aber wieso war ich in einem Krankenhaus? Müsste ich nicht eigentlich in meinem Zimmer gelandet sein? Oder habe ich nur von Raphael und der anderen Welt geträumt, weil ich mir den Kopf angeschlagen habe? Das würde meine pochenden Kopfschmerzen erklären. Aber das konnte kein Traum gewesen sein. Es hat sich alles so real angefüllt. Alle Berührungen, alle Schmerzen, all das habe ich wirklich gefühlt. Und doch war ich mir nicht sicher, ob es nicht doch ein Traum war.

Die sich öffnende Türe riss mich aus meinen Gedanken, ob ich nun wirklich nur geträumt habe oder die vergangenen Wochen real erlebt habe. „Mama" flüsterte ich erfreut, als ich erkannte, wer durch die Türe schritt. „Silvester, du bist ja wach." meinte sie nüchtern und nicht wirklich erfreut mich zu sehen. Verwirrt sah ich sie an. „Was ist denn los?" erkundigte ich mich. Ihre negative Stimmung mir gegenüber könnte ich mir einfach nicht erklären. Irgendetwas stimmte hier nicht. „Das weißt du nicht? Es war auf jeden Fall das letzte Mal, dass du eine Party machen darfst. Ich dachte wir hätten geklärt, dass sowas nicht nochmals passiert." schimpfte meine Mutter. Immer nich verwirrt und verdattert, sah ich sie an. Von was sprach sie da nur? „Du weißt wirklich nicht was passiert ist oder?" Ich schüttelte leicht den Kopf. „Du hast eine Alkoholvergiftung, Silvester! Das ist schon die Zweite. Ich dachte ich hätte dich besser erzogen. Wie konntest du nur so viel trinken? Du warst in einem alkoholischen Koma. Weißt du was ich mir für Sorgen gemacht habe?" schrie mich meine Mutter an. Das erklärte zumindest meine Kopfschmerzen. Aber ich konnte mich an mein Geburtstagsfest doch noch genau erinnern. So viel hatte ich gar nicht getrunken. Es konnte also gar nicht sein, dass ich eine Alkoholvergiftung habe. Oder habe ich einfach einen Filmriss und alles vergessen, was nach meinem Geburtszeitpunkt passiert ist? Hatte ich von dieser anderen Welt einfach geträumt. Als ich in das Gesicht meiner Mutter schaute, konnte ich nichts anderes als Enttäuschung sehen. Sie war wohl wirklich ziemlich sauer auf mich. Und doch verstand ich einfach nichts mehr. Meine Kopfschmerzen machten all das nicht besser. Ich hatte so viele Gedanken die kreuz und quer durch meinen Kopf schwirren. Ich wollte eine Erklärung für all das, doch wer konnte mir dabei helfen? Vielleicht wussten meine Freunde mehr. Sie waren ja dabei. „Hast du mit den anderen gesprochen?" fragte ich meine Mutter. Sie nickte nur. „Wenn du hier raus kommst, hast du bis auf weiteres Hausarrest, Silvester. Du gehst zur Schule und kommst direkt wieder nach Hause. Kein Ausgehen mehr und es werden auch keine Freunde eingeladen, nicht bevor du lernst vernünftig zu werden. Deine Freunde waren hier. Ich habe sie weggeschickt. Du wirst sie dann in der Schule sehen." klärte mich meine Mutter über die künftigen Regeln auf. „Aber-" wollte ich anfangen zu widersprechen, wurde aber gleich von meiner Mutter unterbrochen „keine Widerworte" mit diesen Worten stand sie auf und ließ mich alleine im Krankenzimmer zurück.

Ich dachte eigentlich, dass ich nun wieder frei war. Ich war doch schon bei Raphael ständig eingesperrt. Und jetzt wurde ich schon wieder eingesperrt? Das konnte es doch nicht sein. So langsam war ich mir sicher, dass etwas nicht stimmte. Ich war in der anderen Welt und ich hatte nicht so viel getrunken, das wusste ich einfach. Aber um mir auch wirklich ganz sicher zu sein, musste ich mit meinen Freunden sprechen. Mein Handy musste doch irgendwo sein. Ich richtete mich etwas auf und blickte mich im Zimmer um. Nirgends war eine Spur von meinem Handy, nicht einmal auf dem kleinen Nachttisch neben meinem Bett. Ich öffnete die Schubladen von dem kleinen Kästchen, aber auch in denen war mein Handy nicht aufzufinden. Seufzend gab ich die Suche auf. Ich musste wohl noch etwas auf die Antwort warten.

Die Zeit im Krankenhaus zog sich in die Länge. Alles was ich machen konnte, war es im Bett zu liegen, die Wand an zu starren und auf den kleinen Fernsehbildschirm Filme anzuschauen. Vorher war noch eine Krankenschwester, sowie ein Arzt bei mir, der mich durchgecheckt hatte. Er meinte, dass ich morgen wieder nach Hause konnte und nicht mehr so viel trinke sollte, da das meinem Körper sowie meiner Gesundheit nicht gut täte. Ich erwiderte darauf nichts. Ich bin immer mehr davon überzeugt, dass da etwas faul war. Aber was konnte ich schon anderes machen als alles über mich ergehen zu lassen? Wer würde mir schon glauben schenken, wenn ich von einer anderen Welt, geschweige denn von Werwölfen sprechen würde? Niemand, ich selbst hätte dies auch nie jemandem geglaubt, aber wenn man es mit eigenen Augen gesehen hatte und in der Welt gesteckt hat, war es was anderes.

Meine Mutter kam gegen Abend noch mal zu mir. Viel sprachen wir nicht miteinander sie war immer noch ziemlich sauer auf mich und ich denke nicht, dass sich das so schnell legen wird. Sie hatte sich unheimliche Sorgen um mich gemacht, was ich natürlich verstand, aber trotzdem konnte ich meines Wissens nichts dafür. Ich brauchte aber erst beweise, bevor ich das meiner Mutter klarmachen konnte. So viel stand fest. Als meine Mutter dann wieder nach Hause fuhr und mir versprach mich morgen gleich ab zu holen, wurde mir wieder langweilig.

Gedankenverloren blickte ich mich im Zimmer um und schaltete die verschiedenen Sender durch. Doch auch mit dem Fernsehprogramm war ich nicht zu frieden. Es lief nichts, was mich interessierte und so beschloss ich versuchen zu schlafen. Nach ewigem hin und her drehen gelang es mir endlich in einen unruhigen Schlaf zu fallen.

Durch ein schmerzhaftes stechen im Nacken wurde ich wach. Ich keuchte erschrocken auf, als dieses Stechen nicht aufhören wollte. Mit einer Hand griff ich in meinen Nacken und stieß auf zwei tiefe Einkerbungen. Geschockt rannte ich in das Badezimmer, um einen Blick auf meinen Nacken zu werfen. Der Spiegel im Badezimmer zeigte mir einen Bissstelle. Da fiel es mir ein. Es war die Stelle, an der mich Raphael gebissen hatte, aber warum tat diese plötzlich so schmerzhaft weh?

Langsam tappte ich wieder zurück zu meinem Krankenbett. Meine Uhr zeigte mir zwei Minuten nach Zwölf an, also war die Wunde um Punkt zwölf auf meiner Haut erschienen. Erneut griff ich in meinem Nacken. Es hatte sich nichts verändert, die Einkerbungen waren noch vorhanden. Wenigstens waren sie verheilt. Doch warum diese Bissstelle gerade jetzt wieder auftauchte und vor allem warum sie so fest schmerzte wie noch nie, war mir ein Rätsel. Von den Schmerzen gequält lag ich noch lange wach im Bett. Kurz überlegte ich mir eine Krankenschwester zu rufen, doch diese Idee verwarf ich gleich. Wie sollte ich die Wunde bitte erklären? Ich musste die Wunde von den Ärzten verstecken, sonst musste ich vielleicht noch länger hier im Krankenhaus bleiben und auf das hatte ich absolut keine Lust.

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