Kapitel 35.

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<<Kai's Sicht>>

Meine Hände zittern schon auf dem Weg zum Haus von Julian und Lia. Was ist, wenn die zwei Menschen, die mir am meisten bedeuten, mich gleich hassen werden. Ich kann zwar nichts dafür, aber es war immer noch mein Dad. Es war mein Dad, der den Brand ausgelöst hat.

Ich steige aus dem Auto und gehe zusammen mit Lia und Amy ins Haus. „Julian?Bist du da?" fragt Lia und Julian rief „Hier" aus dem Wohnzimmer. Wir setzen uns hin. „Also..ich muss noch was loswerden. Ich muss euch jetzt erzählen, wieso ich so komisch war. Ich hoffe ihr hasst mich dafür nicht" sage ich und spiele mit meinem Band von meiner Uhr. Ich bin mehr als nur nervös. Aber ich möchte jetzt ehrlich sein. Immerhin hab ich Julian eben von mir und Lia erzählt. Heute gibt es also nur die pure Wahrheit aus meinem Mund.

„Oh nein.. ich ahne böses. Sagt nicht ihr habt in meinem Bett was miteinander gehabt, als ich nicht im Haus war" meint Julian schon total fertig mit seinem Leben. Lia und ich müssen dann etwas lachen und er schüttelt nur den Kopf „Ich kann mein Bett wegwerfen" macht Julian weiter und das heiterte die Stimmung etwas auf. „Nein. Du kannst dein Bett ruhig behalten Julian. Es ist nichts passiert" beruhigt ihn Lia schmunzelnd. „Dann kann es ja nur besser werden" meint Julian dann. „Man jetzt hört mir doch mal zu" werfe ich ein. Es ist zwar gut, dass sie so die Anspannung mir etwas genommen haben, aber das Thema ist mehr als nur ernst.

Als ich dann die Aufmerksamkeit habe, fange ich endlich an. „Also. Letzte Woche Freitag, waren Lia und ich bei meinen Eltern. Meine Mutter hat Lia sofort ins Herz geschlossen. Mein Vater allerdings hatte direkt was gegen euch zwei, wegen eurem Nachnamen. Das machte mich stutzig und sauer. Deshalb habe ich stärker nachgehakt, bis er mir erzählt hat, was passiert ist. Mein Dad und euer Dad wollten zusammen eine Firma gründen. Sie haben den ganzen Plan zusammen entworfen. Dann aber ging mein Dad zur Polizei und euer Dad hat die Firma alleine eröffnet. Als er davon sprach, dass er dieses Konzept alleine entwickelt hätte, war mein Dad sauer. Da war Lia noch nicht auf der Welt und Julian und ich ganz klein. Jahre später ist ihm dann der Kragen geplatzt und wollte die geliebten Blumen im Garten von euren Eltern zerstören. Er hat also jemandem beauftragt, der das anzündet. So aus Rache. Der jenige hat dann Benzin über die Blumen geschüttet. Allerdings etwas zu viel und dann ein Feuer gezündet. Das Feuer verbreitet sich unkontrolliert und zu schnell. Euer Haus fängt Flammen und den Rest der Geschichte kennt ihr. Das ganze ist zwei Jahre her. Mein Dad hat es vor einem Jahr erfahren und war dann in Therapie" erzähle ich. Manchmal muss ich Pausen machen und Luft schnappen. Es ist einfach unvorstellbar. Es tut alleine schon weh beim erzählen. Dann sehe ich von meinem Handgelenk zum ersten Mal auf und schaue beide an.

Julian hat bei dem Geständnis den Arm und Lia gelegt. Lia ist in Tränen ausgebrochen und Julian liefen sie auch. „Ich..ich hab es erst letzte Woche Freitag erfahren. Es tut mir so leid" hänge ich dran. Dann wischt sich Julian die Tränen weg „Nur weil dein Vater sauer war mussten unsere Eltern sterben. Lia und ich waren auch in dem Haus. Wir konnten gerettet werden. Wir hätten auch Tod sein können. Außerdem wusstest du das schon eine ganze Woche und sagst es uns erst jetzt?!" sagt Julian immer noch unter Schock. Er hielt Lia so fest im Arm, dass sie fast verschmelzen. Ich spüre und sehe nur noch Schmerz in diesem Raum. „Ich weiß....Es.. Ich.. Es gibt keine Entschuldigung dafür. Es tut mir wirklich so Leid. Ich werd auch dafür sorgen, dass er sich persönlich bei euch entschuldigt" meine ich und Lia schüttelt den Kopf. „Dein Vater brauch dieses Haus garnicht erst zu betreten. Sonst fällt mir auch ein Feuerzeug auf ihn drauf" sagt sie total verletzt. Ich würde sie jetzt so gerne in den Arm nehmen, aber sie braucht jetzt ihren Bruder. Nicht den Sohn, von dem Typen, der ihre Eltern praktisch ermordet hat.

Amy sieht zu mir „Kai..am besten gehst du jetzt. Es war mutig von dir, dass du es erzählt hast. Aber ich denke, dass Julian und Lia jetzt Zeit alleine brauchen" sagt Amy. Sie hat total recht. Amy nimmt ihre Tasche. „Ruft an, wenn ihr mich braucht" sagt Amy zu den beiden. Es ist, als hätte ich grade eine verheilte Wunde wieder volle Kanne aufgerissen. Als wäre die Gebrochenheit der beiden, grade wieder zurückgekommen. Ich fühle mit ihnen. Ich möchte sie nicht so traurig sehen. Aber ich musste einfach ehrlich sein. Ich hätte das Geheimnis nicht länger für mich behalten können.

Amy und ich gehen nach draußen. Sie legt mir eine Hand auf meine Schulter. „Es war die richtige Entscheidung. Mach dir keinen Kopf. Das wird wieder. Gib ihnen Zeit. Viel Zeit" beruhigt sie mich. Amy passt wirklich perfekt zu Julian. Sie ist wie er, nur in weiblich. „Danke dir. Komm gut nachhause" sage ich eher leiser und setze mich in mein Auto. Ich schlage aus Wut einmal total gegen mein Lenkrad. Ich hätte früher was sagen sollen. Ich bin so ein Idiot.

Dann habe ich mich, nach kurzen Selbstmitleid, auf den Weg zu mir gemacht. Dort setze ich mich auf die Couch. Dino kommt sofort zu mir und legt sich zu mir. „Ach Dino.." sage ich und streichele ihm über den Rücken. „Wieso ist unser Leben momentan nur so schwer?" hauche ich. Anscheinend merk Dino, dass es mir grade nicht gut geht. Er drückt sich an mich, was mich etwas zum Lächeln bringt. „Vielleicht sind wir zwei bald nicht mehr alleine Kumpel. Aber wenn es schief geht, dann sind wir wohl eine krass lange Zeit alleine. Jemand anderes als Lia, kommt hier nicht so schnell rein" erzähle ich ihm und er sieht mich an. Irgendwie kommt es mir so vor, als könnte mich dieses kleine Wesen verstehen. Man sagt bestimmt nicht umsonst, dass Hunde die besten Freunde des Menschen sind.

Love me or leave me                       |Kai Havertz|Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt