Kapitel 37.

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Als ich Julian da so stehen sah, zerbrach es mir erneut das Herz. Mir setzt das ganze auch sehr zu, aber ich hätte nie gedacht, dass es in ihm so aussieht. Ich zittere und es ist, als würde gerade die Welt um uns drei einfach stehen bleiben. Als würde gerade, jede einzelne Sekunde zählen. Als wäre die Zeit nichts.

„Julian..bitte. Du machst einen Fehler" sagt Kai von hinten. Man sieht wie gebrochen mein Bruder war. Es ist, als wäre er nicht mehr er selbst. Er braucht mich jetzt. Seine engste Verbündete. Seine Schwester und gleichzeitig beste Freundin. Ich komme immer langsam einen winzigen Schritt näher. Die Tränen, stehen mir auch in den Augen. Ich habe Angst um ihn. „Es ist okay wütend zu sein. Es ist okay, dass du dich rächen willst. Aber nicht so" sage ich und komme immer etwas näher. „Er muss den Schmerz fühlen, den wir beide fühlen" sagt Julian, wie in einer Trance. Er sieht nur noch den Hass und die Wut. „Der Tod wäre doch viel zu gut für ihn. Das ist keine Bestrafung. Du löschst ihn aus. Dann kommst du in den Knast und ich bin alleine. Julian, ich habe nur noch dich. Du bist meine Familie und ich bin deine. Wir schaffen das" sage ich einfühlsam. Ich muss jetzt die Starke sein. Für ihn. Für meine Familie. Julian sieht mich an. Er ist kurz vorm zusammenbrechen. Das ist alles zu viel für uns. „Aber..nein. Er muss es fühlen. Der Drecksack muss die gleichen Schmerzen fühlen, wie mein Dad. Wie unsere Eltern. Sowas hat nicht verdient zu leben. Er hat mir meine Familie geraubt und ich werde ihn, seiner Familie rauben" sagt er fest entschlossen. Allerdings fühle ich ein leichtes zögern. Er macht keine Anzeichen dafür, aber ich fühle es. „Aber ich bin deine Familie. Lass mich nicht alleine. Ich liebe dich und du liebst mich. Wenn du das tust.. ich brauche dich" meine ich und komme noch näher. Ich bin fast an ihm dran. „Was soll ich denn nur ohne dich? Was soll Amy ohne dich? Was soll Kai ohne dich?" frage ich und gehe den letzen Schritt. Ich falle Julian in die Arme und er macht das Streichholz aus. Er weint bitterlich und ich beruhige mich langsam. Er fällt auf die Knie und zieht mich mit. Ich hab ihn noch nie so erlebt. Früher war ich die kleine Schwester. Jetzt bin ich die, die auf ihn aufpassen muss. „Ich bin da. Wir werden diesen Menschen in den Knast bringen. Für immer. Dort wird es ihm viel schlechter gehen, als wenn er jetzt gestorben wäre und sie dich mir weggenommen hätten" hauche ich an sein Ohr. Julian drückt mich an sich heran und lässt mich nicht mehr los. Ich konzentriere mich gerade nur auf die gebrochene Seele vor mir und habe Kai ganz vergessen gerade.

<<Kai's Sicht>>

Sogar ich hatte Angst. Sowas habe ich noch nie gesehen. Diesen Einfluss, den die Worte von Lia auf Julian in dem Moment hatten.... Ich weiß garnicht, was ich denken soll. Es ist einfach mehr als nur unglaublich, was sie da grade getan hat. Verübeln, werde ich Julian das definitiv nicht. Ich weiß nicht, wie ich reagiert hätte. Julian sieht zu mir rüber. Er ist wohl wieder langsam bei Sinnen. „Es tut mir so Leid man" sagt er zu mir. Das war wohl ein Zeichen. Ich nähere mich langsam und die Geschwister lösen sich voneinander. Ich helfe Julian aufstehen und er umarmt mich. Ich erwidere die Umarmung. „Es tut mir so Leid" wimmerte er weiter gegen mich. „Alles in Ordnung, Bro. Alles wird gut" sage ich und haue ihm leicht auf den Rücken. „Ich bin für dich da. Wir stehen das gemeinsam durch" sage ich und Julian löst sich langsam. „Kannst du mich und Lia ins Hotel bringen?Bin mit dem Auto ja hier. Ich bin nicht in der Lage zu fahren" fragt er mich. Ich nicke natürlich und wir gehen zum Auto.

Angekommen an ihrem Hotel, sieht Julian zu Lia „Gehst du schonmal vor?Ich komme gleich nach" sagt Julian und Lia nickt „Natürlich bis gleich" meint sie und ich sehe ihr hinterher, als sie geht. Ich hätte noch gerne mit ihr geredet. Aber nach dem Schock von heute, will ich ihr das nicht zumuten. „Kai?Es tut mir leid, wie ich reagiert habe. Wenn das zwischen euch funktioniert, dann bin ich der letzte, der zwischen euch steht" sagt Julian zu mir. Ich war total überrascht. Ich hätte alles erwartet, aber nicht das. Er gibt mir ja praktisch eine Einladung, sein Schwager zu sein. Ich lächele aus Reflex „Ich danke dir. Liegt jetzt aber an ihr, ob sie mich überhaupt noch will" sage ich und er nickt „Das wird schon" versichert er mir und steigt aus dem Auto. Ich steige dann ebenfalls aus und gebe Julian den Schlüssel. „Bis dann" verabschieden wir uns und er geht rein. Ich mache mich dann zu Fuß, auf den Weg nachhause, zu meinen Eltern.

Ich entscheide mich dazu, ihr zu schreiben. Ich habe sie ja immer noch Cinderella eingespeichert. Irgendwie süß, weshalb ich lächeln muss. Ich weiß garnicht, wie sie mich eingespeichert hat.

Ich: Hey. Bist du morgen bereit zum reden, wenn wir wieder in Leverkusen sind?😅

Cinderella: Ja klar. Ich finde es wirklich sehr süß von dir, dass du nicht mal gefragt hast, ob es heute noch geht, obwohl wir das eigentlich wollten. Ich danke dir, dass du Rücksicht auf mich nimmst. Aber ich hab Montag Schule. Ich kann nicht zu lange.😴

Ich: Na klar. Komm einfach, wenn du willst, zu mir. Bin morgen den ganzen Tag zuhause für dich.👍🏼

Cinderella: Na dann, bis morgen.

Dann stecke ich, mein Handy in die Tasche. Ich bin wirklich positiv gestimmt, was das alles angeht. Die letzten Tage, waren mehr als nur belastend. Aber wenn ich und Lia nun endlich zueinander finden morgen, dann war für mich persönlich, die ganze Mühe es definitiv wert. Das ist eine Geschichte, die man erzählen könnte. Ein Buch, welches geschrieben werde könnte, oder ein Film, den man spielen sollte. Hätte ich es nicht selbst erlebt das ganze, hätte ich es wohl nie geglaubt. Aber ich sollte wohl erstmal morgen abwarten. Angekommen zuhause, waren meine Eltern wenigstens nicht im Haus. Gott sei Dank. Also lege ich mich schnell in mein Bett, bevor ich irgendein Gespräch beginnen muss und schlafe wieder etwas ruhiger ein.

Love me or leave me                       |Kai Havertz|Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt