Kapitel 58.

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Wie wir es dann abgemacht hatten, gehen wir am Abend uns eine Pizza kaufen. „Wo setzen wir uns denn hin, um zu essen?" frage ich und sehe zu ihm. „Ich weiß schon wo" grinst er und ich lächele. Ich habe seine Spontanität so vermisst. Er führt mich zu einem alten Ort. Es ist kein Bahnhof oder ähnliches. Es steht einfach ein alter Wagon auf einer Wiese. Mittlerweile war es schon etwas dunkel und ich habe viel mehr Angst, seitdem ich schwanger bin. Theoretisch muss ich nämlich auf zwei Leben aufpassen. Alleine, würde ich nicht hier bleiben. Aber da Kai bei mir bzw bei uns ist, habe ich nicht mehr wirklich viel Angst.

Wir setzen uns in den Wagon und lassen unsere Füße nach unten hängen. Es ist so still und friedlich hier. Perfekt für uns. Die komplette Vorderseite des alten Wagons ist weg, weshalb das super funktioniert mit den Füßen. Kai stellt die Pizza zwischen uns und sieht auf die große Wiese. „Ich würde dir gerne erzählen, wieso ich zurückgekommen bin" meint Kai nun. Während er redet, nehme ich mir ein Stück hinaus und nicke „Das würde mich auch wirklich sehr interessieren" gebe ich von mir. Die Pizza war belegt mit Spaghetti. Das ist einfach eine meiner liebsten Pizzen.

„Ich habe dieses eine Foto von dir an deinem Geburtstag gesehen.." fängt er an zu erzählen und nimmt sich auch ein Stück von der Pizza aus dem Karton. „...da habe ich dieses unbeschreiblich starke Gefühl verspürt, dich zu sehen. Ich bereue es nicht, dass ich gegangen bin. Ich liebe meine Familie und werde immer für sie da sein. Ich bereue nur, dass ich es nicht versucht habe mit dir. Ich dachte einfach, dass du ohne mich besser dran wärst. Aber seitdem ich dich nochmal gesehen habe, spielt bei mir alles verrückt. Man Aurelia..ich will nicht mehr gehen" seufzte Kai. Ich spüre den Schmerz, bis hier zu mir. Es tut ihm weh, was ich richtig spüre und ihm deshalb ehrlich glaube. Egal, wie blöd die ganze Situation rund um unsere Beziehung bzw um die Trennung war. Aber das geht mir zu schnell. Ich weiß nicht, ob ich ihm wieder vertrauen könnte.

„Ich kann das nachvollziehen, ehrlich. Ich hätte vermutlich für Julian das gleiche getan. Es ist schön, dass du nicht mehr gehen willst. Levi freut sich bestimmt, dass er dich auch kennenlernt" lächele ich etwas. Da ich eh krass emotional bin gerade, möchte ich etwas vom Thema ablenken. Ich kenne mich. Ich hätte jede Sekunde angefangen zu weinen, da mir dieser Mann so sehr fehlt und seine Worte mich berühren.

„Ich habe ein Video aufgenommen. Besser gesagt, sind es mehrere kleine Videos. Darin erzähle ich, wie alles für mich war. Wie groß mein Schatz ist oder ob ich irgendwelche Probleme grade habe in der jeweiligen Schwangerschaftswoche, in der ich mich befinde, wenn ich ein weiteres Video drehe" erzähle ich ihm nun davon. Er ist wirklich total begeistert. Sowas hat er bestimmt nicht erwartet. Das war auch eine relativ spontane Idee. Wäre er bei mir gewesen, hätte ich mit ihm darüber reden können und kein Tagebuch gebraucht. „Darf ich mir das ansehen?" fragt er mich. Die ganzen Momente sind für mich heilig. Sie sind so intim und privat für mich, dass ich kurz überlegen muss, ob ich die ganzen Momente wirklich mit ihm teilen will. Allerdings ist er der Vater meines ungeborenen Sohnes. Egal, was er getan hat. So hat er wenigstens etwas an der Schwangerschaft teilhaben können. „Okay. Das Tagebuch ist aber noch nicht fertig. Ich habe ja noch wenige Wochen vor mir. Also kommt noch bisschen was dazu" erkläre ich ihm und er nickt „Kein Problem. Ich werde darauf aufpassen, wie als wäre es mein Heiligtum" versichert er mir und ich war zufrieden.

Dann trennen sich unsere Wege, als er mich nachhause gebracht hat. Ich gebe ihm das Video mit und er verschwindet. Wohin?Keine Ahnung. Ich schaue ihn hinterher, als er geht. Ich hoffe wirklich, dass er bleibt.

<<Kai's Sicht>>

Ich habe mein altes Haus natürlich behalten. Es ist nicht vermietet oder verkauft, weshalb ich dort momentan schlafe. Angekommen, werfe ich mich sofort auf die Couch und stecke den Stick in meinen Laptop. Das bisherige zusammengeschnittene Video geht über eine Stunde. Wow. Sie hat so viel zu erzählen bestimmt. Ich mache es mir gemütlich und sehe mir alles an. Jedes Wort von ihr berührt mich mehr. Ich kann garnicht in Worte fassen, wie viel mir das alles zu schaffen macht. Sie sieht so hilflos manchmal aus. Manchmal ist es lustig und manchmal emotional. Die ganzen Probleme.. alles..ich habe sie alleine gelassen. Das zeigt mir wieder, wie sehr sie mich gebraucht hat. Dieses Video macht etwas tief im inneren mit mir, was ich definitiv nicht kontrollieren kann.

Als ich mir das alles angesehen habe, wird mir erstmal schlecht. Ich muss mich hinsetzen. Etwas Überforderung überkommt mich schon. Klar, wollte ich mir das alles ansehen. Aber, dass es mich so mitnimmt?Das hätte ich definitiv nicht erwartet. Das Video hat mir also nochmal gezeigt, dass ich sie nicht mehr verlieren will. Der Kai vor einem Jahr, hätte mich wahrscheinlich umgebracht. Aber ich möchte Aurelia und Levi. Ich möchte das alles so sehr. Sie sind meine Familie. Verrückte Gedanken kreisen in meinem Kopf. Wie wäre es wohl verlaufen, wenn ich geblieben wäre? An diesem Abend treffe ich eine Entscheidung, die mein ganzes Leben für immer verändern wird.

Voller Elan und Motivation mache ich mich am Morgen fertig. Ich bin so aufgeregt. Das was ich vor habe, gibt endlich Klarheit. Eigentlich ist es total verrückt. Nein, sogar dumm von mir. Aber ich war mir noch nie bei einer Sache so sicher, wie dieser.Das erinnert mich daran, wie ich mich für Fußball entschieden habe. Die Sicherheit mit der ich angefangen habe, spüre ich jetzt auch. Es ist der richtige Weg.Hoffentlich.

Ich setze mich in mein Auto und besorge einen Ring. Ja, einen Ring. Heute Abend wird alles entscheiden. Ich setze die Karte auf alles oder nichts. Im Juwelier, werde ich echt gut beraten. Ich habe noch nie sowas gemacht. „Ich kenne leider ihre Ringgröße nicht" erkläre ich der äußerst netten Dame. Dafür schäme ich mich schon etwas. Soll ich doch noch schnell einen Rückzieher machen?Überrenne ich mich?

Die Dame schmunzelt etwas „Ach Männer. Das kennen sie meistens nicht. Solche Informationen gehen bei ihnen rein und direkt wieder raus.  Zeigen sie mir bitte ein Foto von ihr. Dann kann ich die Größe eventuell abschätzen. Allerdings würde ich ihnen raten sofort zu kommen, wenn der Ring nicht passt. Immerhin ist das nur eine Schätzung von mir" erklärt sie mir und ich nicke. „Ich bin ihnen so dankbar, dass sie mir helfen mit der Größe" lächele ich und zeige ihr ein Bild von meiner Aurelia. „Sie ist wunderschön" lächelt die Verkäuferin und ich nicke „ Für mich ist sie die schönste Frau der Welt" schwärme ich von ihr.

Sie empfiehlt mir nun eine Größe und ich suche einen Ring aus. Aurelia mag mehr silbernen Schmuck, weshalb ich einen silbernen Ring kaufe mit einem tollen Stein darauf. Er gefällt mir sogar selbst, also wenn ich eine Frau wäre. Bevor ich den Ring kaufe, sehe ich mir ihn nochmal an. Dieses kleine Stück, bestimmt einfach meine Zukunft. Wird sie heute Abend nein sagen, werde ich es lassen. Das beweist, dass sie den Glauben an unsere Liebe verloren hat. Dann werde ich aufgeben und mich auf Levi konzentrieren.

Love me or leave me                       |Kai Havertz|Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt