Kapitel 56.

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<<Lia's Sicht>>

Ich weiß gerade überhaupt nicht, wie ich mich fühle. Als ich ihn gerade gesehen habe, stockte mein Atem. Kai ist hier. Einfach hier. Unglaublich. Nach 9 Monaten kommt er her. Einfach so. Ich habe gerade mein Leben voll im Griff und mit ihm halbwegs abgeschlossen. Dann kommt er zurück und wirft alles aus der Bahn. Alle Gefühle spielen verrückt.

„Was hat das zu bedeuten?" fragt mich Kai und sieht mich hilflos an. „Wir lassen euch mal alleine" meint Amy direkt und nimmt Julian an die Hand, ehe sie im Wohnzimmer verschwinden.
Ich streiche mir meine Haare hinter meine Ohren und nehme starken Abstand ihm gegenüber ein. „Ich hab versucht dich zu erreichen. Du hast nicht auf meine anrufe reagiert und..und mich blockiert. Julian hat sogar deine Geschwister kontaktiert, jedoch ohne Erfolg" erzähle ich leiser. Sofort werde ich eingeschüchtert von seiner Präsens. Wir stehen im Flur, wie angewurzelt. Ich habe noch nie eine so unangenehm Situation mit ihm gehabt.

„Ehmm..na dann. Herzlichen Glückwunsch. Ich..ehm.. hast dich so schnell von jemand anderem schwängern lassen?War es Finn?Seid ihr zwei etwa zusammen?" fragt er mich. Er versteht aber auch überhaupt nichts. Er traut sich wirklich, sowas zu sagen?Was ein Arsch. „Wie kannst du sowas behaupten?" frage ich und fasse an meinen Bauch fassungslos an. „Ich weiß, dass es für dich jetzt plötzlich ist. Aber behaupte nicht, dass ich direkt jemand anderen gehabt hätte, nachdem ich dich so geliebt habe" gebe ich nur von mir enttäuscht.

Kai schüttelt den Kopf „Du willst mir also grade einfach so sagen, dass das von mir sei?" fragt er immer noch unglaubwürdig. „Wie kannst du so respektlos sein?DU bist der jenige, der mich sitzen lassen hat. Ich habe keine Ahnung, wieso du jetzt hier bist. Aber wenn du so mit mir umgehst, geh einfach wieder. Ich erwarte nicht, dass du dich um MEIN Kind sorgst, keine sorge" sage ich nun wütend. Okay, das war hart, aber es ist die Wahrheit! Ich habe mir das alles so anders vorgestellt. Ich habe mir so oft die Situation vorgestellt, wie ich es ihm erzähle. Aber, dass er so reagiert..hätte ich nie erwartet. Mein Kai ist wohl an dem Abend gestorben, als wir uns getrennt haben.

„Nein. Stop. So war das nicht gemeint. Ich.." bringt er nur raus und fährt sich überfordert durch die Haare. „Ich..wow. Das ist so unreal für mich grade. Ich.." stottert er. „Ich brauche kurz frische Luft" sagt mein Ex-Freund zu mir. Es war so klar, dass er wieder geht. Man sieht sie Überforderung und die Unsicherheit in seinem Gesicht. „ Na dann.." verschränke ich die Arme vor mir. „Gehst du mit mir eine Runde spazieren?" meint er und ich war etwas überrascht. Ich dachte, dass er abhauen würde. „Wir können in den Garten gehen, als Angebot" meine ich kühl. Kai stimmt sofort zu und wir gehen gemeinsam in den Garten.

<<Kai's Sicht>>

Ich bin total überfordert. Ich wollte sie ja nur zurück. Ich hätte nie gedacht..ich hätte nie gedacht, was mich grade hier erwartet. Ein Baby..mein bzw unser Kind. Ich werde Vater?! So ein richtiges Kind mit echten Armen und Beinen. Wow. Allein der Gedanke daran, lässt mir einen Schauer über den Rücken laufen.

Daraufhin lasse ich mich etwas verloren auf den Stuhl fallen. Was bin ich überhaupt für ein Arsch?Wie überfordert sie bestimmt war. Sie hat mir noch gesagt, dass sie sich alleine fühlt und ich blockiere sie. Was denke ich mir eigentlich?!

„Es ist für mich grade so unrealistisch" gebe ich zu und sehe meine Ex an. Sie nickt nur und hat ihre Hände auf ihrem großen und wunderschönen Bauch liegen. „War es für mich auch... Ich habe wirklich alles versucht dich zu kontaktieren. Ich wusste nicht mal, wo du jetzt lebst" entschuldigt sie sich etwas. Ich schüttelte sofort den Kopf und lege aus Reflex die Hand auf ihr Bein. „Es ist meine Schuld" meine ich. Als sie mich komisch anschaut, realisiere ich, was ich grade tue. Sofort nehme ich meine Hand weg „Entschuldige.." fange ich an „..die Gewohnheit" beenden wir meinen Satz gleichzeitig, was uns beide etwas zum lachen brachte. Die Stimmung wird aufgelockert. Ich habe es so vermisst sie lachen zu hören. Überhaupt ihre Stimme richtig zu hören. „Darf ich fragen, was es wird?" frage ich total vorsichtig. Die Situation überrumpelt mich, aber irgendwie fühlt es sich schön im inneren an. „Es wird ein kleiner Junge. Ich möchte ihn gerne Levi nennen, so wie me.." ich unterbreche sie direkt „So wie deine Mutter es wollte" lächele ich sie an. Sie hat mir mal erzählt, dass wenn sie ein Junge wäre, Levi genannt worden wäre. Sie schaut mich beeindruckt an „Das weißt du noch?Das habe ich mal am Rande irgendwann erwähnt" sieht sie mich lächelnd an. „Natürlich, weiß ich das noch. Ich weiß so gut, wie alles noch, was du mir je erzählt hast" sage ich dann leiser.

Da es dann wieder eine komische Stimmung war, sehe ich sie wieder an. „Levi ist echt gut. Du hättest keinen besseren Namen finden können" sage ich ehrlich, aber immer noch mitgenommen von der plötzlichen Situation. Der Name ist wirklich süß.

„Dankeschön. Bedeutet mir viel, dass er dir auch gefällt. Tut mir Leid, dass ich eben gesagt habe, es wäre nur mein Kind" entschuldigt sie sich und ihr läuft eine Träne herunter. „Oh man. Ich bin seit der Schwangerschaft noch emotionaler geworden" rechtfertigt sie ihre Träne. Dann greife ich wieder reflexartig nach ihrer Hand. „Alles in Ordnung. Bevor wir uns getrennt haben, hast du mich ständig getröstet in der schwersten Zeit meines Lebens. Mir tut es Leid, dass ich in deiner nicht bei dir war. Natürlich ist der Tod deiner Eltern schlimmer, aber ich kann mir vorstellen, dass die ganzen Monate auch nicht einfach waren" gebe ich zu. „Du kannst dir nicht vorstellen, wie sehr. Ich hätte dich so sehr gebraucht. Es ist so belastend, dass ich dir nicht davon erzählen konnte. Als du mich blockiert hattest, dachte ich, das war's. Ich dachte, ich kann dieses Kind nicht bekommen. Aber Julian und Amy waren für mich da. Finn hat mir auch sehr geholfen" erzählt sie. „Aber wieso bist du eigentlich wieder hier und wie geht es deinen Eltern?" fragt sie nun ruhig.

Als ich den Namen Finn höre, stecht es mir schon ins Herz. Alle Gefühle sprudeln in mir nochmal hoch, wenn ich sie sehe. Sie ist die Eine. Sie gehört an meine Seite. Jetzt erst recht. „Ihnen geht es beiden sehr gut. Deshalb bin ich auch hier. Ich wollte mich entschuldigen, dass ich meine Familie dir vorgezogen habe. Ich konnte ja nicht wissen, dass du..naja du meine Familie nun um zwei Menschen erweiterst" muss ich etwas grinsen. Meine Mutter hat zwar gesagt, dass ich schauen soll, dass Aurelia zu meiner Familie wird, aber ich konnte ja niemals ahnen, dass es schon passiert ist. Sie muss etwas schmunzeln und zuckt kurz zusammen „Mhhh" sagt sie und atmet kurz ganz verkrampft. „Alles okay?!" frage ich sofort besorgt und sie nickt nur. „Der kleine Mann, hat nur grade etwas zu fest getreten" meint sie und nimmt sofort meine Hände. Was hat sie vor?
Sie legt meine Hände auf ihren Bauch rauf und ich spüre zum ersten Mal die Tritte meines Kindes „Wow" hauche ich ganz leise, aber strahlend. Sie lächelt auch. Es fühlt sich an, als wäre ich schon immer dabei gewesen.

Kann ich es aber überhaupt wieder in Ordnung bringen ? Ich hoffe es so sehr. Ich liebe diese Frau einfach. Meine größte Hoffnung ist einfach, dass sie mir nochmal eine Chance gibt.

Love me or leave me                       |Kai Havertz|Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt