5. Strategy Management

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Strategy Management

Als Haymitch am nächsten Morgen den Speisewagen betrat, hatten sich die anderen bereits am Tisch versammelt und frühstückten schweigend. Ein dankbares Lächeln zierte Effies Lippen, als seine schweren Schritte sie von ihrem Teller aufschauen ließen. An seiner düsteren Miene rührte sich nichts, aber das schien Effie wenig zu stören. Sie dachte wohl, dass sie nach ihrem Gespräch letzte Nacht nun Freunde waren. Allein der Gedanke schüttelte ihn vor Ekel.

„Haben sich die Herrschaften doch entschieden, zu kommen?", kam es spöttisch von Petunia.

Haymitch ignorierte sie und ließ sich auf den Stuhl neben Effie fallen. Ramon warf ihm einen kalten Blick zu. Elowen war vertieft in ihre heiße Schokolade. Ein solches Getränk hatte sie wohl kaum schonmal zu Gesicht bekommen. Zuhause gab es nur Wasser oder Tee. Wenn sie so arm aufgewachsen war, wie Haymitch es bis zu seiner Ernte getan hatte, konnte ihre Familie sich wahrscheinlich nicht einmal Kaffee leisten.

Anstatt sich an den reichlichen Speisen zu bedienen, zog Haymitch einen silbernen Flachmann aus seiner Jackentasche hervor und nahm einen gierigen Schluck, was ihm einen tadelnden Seitenblick von Effie einfing.

Die beiden Tribute merkten wohl, dass von Haymitch bald nichts mehr kommen würde, wenn nicht schleunigst jemand eingriff. Beinahe gleichzeitig und ohne, dass sie auch nur ein Wort miteinander gewechselt hatten, begannen sie ihn anzustarren. Doch keiner von beiden schien die schneidende Stille im Abteil überwinden zu wollen. Elowen traute sich offensichtlich nicht, etwas zu sagen und Ramon war ... schwieriger einzuschätzen. Hätte Haymitch raten müssen, dann kam er in seinen Augen ohne seinen Mentor besser klar.

Haymitch versuchte, die Blicke der Kinder so gut es ging zu ignorieren und doch gingen sie ihm nach einer Weile auf die Nerven. Was erwarteten sie nun bitte von ihm? Er konnte schließlich keine Wunder bewirken. Sie würden beide sterben. Würde er dies laut aussprechen, würde er es sich mit Effie wahrscheinlich sofort verscherzen und so weit wollte Haymitch dann doch noch nicht gehen. Eine beinahe lautlose Stimme in seinem Kopf hielt ihn davor zurück.

Erst als Effie ihn mit dem Fuß leicht von der Seite anstupste, drehte er ihr den Kopf zu und hob theatralisch die Augenbrauen. Effie deutete mit einer Augenbewegung auf die beiden Tribute und trat ihn noch einmal. So viel zu ihren heiligen Manieren. Ein genervtes Schnauben verließ seine Kehle und ließ die beiden Tribute zusammenzucken. Petunia musterte ihn hinter ihrer Kaffeetasse. Beinahe strategisch, als würde sie jeden seiner möglichen Züge auf ihre Wahrscheinlichkeit kalkulieren. Wie wenn sie ihm die Mentorenrolle nicht zutraute. Diese Frau war die Doppelmoral in Person, hatte sie doch selbst nie einen Finger für die Tribute gerührt.

„Also gut", seufzte Haymitch und lehnte sich in seinem Stuhl zurück, bedacht, Petunia nicht weiter zu beachten. „Wo bleiben die Fragen?"

Elowen schaute ihn fragend an. Ramon hatte die Lippen zu einer dünnen Linie gepresst. Sie schienen beide ein wenig perplex, als hätten sie tatsächlich nicht mit einer solchen Reaktion gerechnet.

„Kommt schon", schnaubte er erneut und griff nach der Zange für einen der vielen Schinken. „Ihr wollt mir doch nicht sagen, dass ihr mich die ganze Zeit wie Schafe anstarrt, weil ich was im Gesicht hab, oder? Ich bin nicht blöd. Also wenn ihr schon was auf dem Herzen habt, dann lieber jetzt raus damit, bevor ich es mir anders überlege und ihr euch eure Strategie selbst ausdenken könnt." Seine Stimme klang härter als beabsichtigt und von der Seite hörte er Effie seufzen.

„Was Haymitch damit sagen will ist, dass er als euer Mentor jederzeit bereit ist, euch Fragen bezüglich der Arena und den Spielen zu beantworten", warf die junge Frau schnell ein und schenkte den Tributen ein versicherndes Lächeln. Ihre Augen glitten zurück zu Haymitch und verengten sich warnend zu Schlitzen. „Hör auf damit, ihnen Angst einzujagen", presste sie zwischen ihnen Zähnen hervor, sodass die Kinder sie nicht hören konnten.

An Era Awakens (Hayffie)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt