13. I Can't Be Saved

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I Can't Be Saved

„Es ändert sich nichts. Er wird in die Spiele gehen. Die Spielemacher werden sich darum kümmern, dass er dort einen schönen Tod bekommt", sagte Haymitch und er merkte selbst, wie harsch seine Worte klangen. Doch er konnte und wollte sie nicht zurückhalten. Die Welt um ihn drehte sich.

„Wie kommst du darauf?", fragte Effie, plötzlich atemlos. Ihre großen blauen Augen waren auf ihn geheftet.

Er spürte einen Stich in seiner Brust, aber seine Zunge war schneller als sein Verstand. Und so purzelten die Worte aus seinem Mund, bevor er es sich eines besseren besinnen konnte. „Weil das Kapitol solche Dinge nicht durchgehen lässt. Er hat dir wehgetan und du bist eine von ihnen, sie werden ihn dafür in der Arena büßen lassen."

Haymitch schaute zu, wie Effies Maske für eine Sekunde fiel und der Ausdruck von Bestürzung über ihr Gesicht huschte. „Aber–"

„Kein aber", fiel er ihr harsch ins Wort und musste sich am Türrahmen abstützen. Der Alkohol bahnte sich weiter durch seine Adern, seine Sinne wurden taub und er wurde unvorsichtig. „Selbst wenn Ramon eine tatsächliche Chance auf den Sieg gehabt hätte, dann hätte er sie nun verspielt. Das Kapitol gibt keine zweiten Chancen."

Effie spürte das unheimliche Gefühl der Angst in ihrem Magen. Natürlich war sie nicht schuld für Ramons Verhalten und doch konnte sie sich nicht daran hindern, sich schuldig zu fühlen. Sie betrachtete Haymitch mit einem regungslosen Blick. Seine Augen waren glasig, er war definitiv betrunken. Seine Finger krallten sich in ihren Türrahmen, wie wenn er jede Sekunde umkippen würde. Doch worüber sie sich viel mehr Gedanken machte, waren seine Worte. Die Art wie er von all dem sprach, als wäre es eine alte Gewohnheit, nichts Besonderes. Wie wenn er es schon selbst erlebt hatte.

„Woher weißt du das?", kam es Effie schließlich über die Lippen. Sie kannte Haymitch noch nicht allzu lange, aber ihr war schnell klargeworden, dass er ungerne über die Spiele oder das Kapitol sprach. Und wenn er es tat, dann nur in den schlechtesten Tönen. Vor ihrem geistigen Auge tauchte der Abend nach der Eröffnungsfeier auf. Das Kapitol liebt es, uns leiden zu sehen. Sie bekam die Worte nicht mehr aus ihrem Kopf und sie fragte sich immer noch, was sie bedeuteten.

Zu ihrer Überraschung lachte Haymitch. Es war kein fröhliches Lachen. Es war düster und traurig. Effie fragte sich das erste Mal, was tatsächlich mit ihm passiert war. Es konnte nicht sein, dass ein Mensch von Natur aus so war, oder etwa doch? Sie bezweifelte es sehr. „Das ist eine lange Geschichte", murmelte Haymitch schließlich mit gefühlloser Stimme. Jede Wärme war aus seinem Blick gewichen, während er mit schweren Schritten in ihr Zimmer taumelte.

Effie wusste nicht, was sie tun sollte. Er war offensichtlich betrunken und hatte sich kaum unter Kontrolle. Und doch war er zu ihr gekommen. Mit einem leisen Klicken drückte sie die Tür ins Schloss und wandte sich Haymitch zu, der sich auf ihr Bett gesetzt hatte. Er tat es mit einer solchen Selbstverständlichkeit, wie wenn es das Natürlichste der Welt war. Seine nicht vorhandenen Manieren waren mit dem Alkohol nur schlimmer geworden.

Für einen Augenblick lehnte sie gegen die Tür und schaute in seine grauen, abwesenden Augen. Blonde Strähnen fielen ihm ins Gesicht. Dann machte sie einen Schritt auf ihn zu, obwohl sie nicht recht wusste, was sie vorhatte. „Ich habe Zeit."

Haymitch hob den Kopf in ihre Richtung und schien wirklich darüber nachzudenken. „Ich würde dein Weltbild von einem gerechten und sozialen Kapitol zerstören. Du würdest mir nicht glauben, weil sonst dein Glaube in das Kapitol zerbrechen würde."

Schweigend starrten sie sich an. Seine Worte stellten ihr die Nackenhaare auf. Effie versuchte, nicht weiter über sie nachzudenken und doch gab es nur diesen einen Gedanken, der sie nicht losließ. Das Kapitol war nicht so, wie es vorgab zu sein. Das Kapitol hatte ihm Dinge angetan, die ihn zu dem Menschen werden ließen, der er heute war. Schreckliche Dinge. Konnte das wirklich stimmen? Wollte sie es tatsächlich wissen? Alles in Effie sträubte sich dagegen. Haymitch hatte keine Tatsache ausgesprochen, er hatte ihr nur Möglichkeiten aufgetischt. Er hatte nichts bestätigt. Er hatte ihr nicht die Wahrheit erzählt. Das Kapitol war ihr Zuhause, ihr sicherer Hafen. Es war großzügig und schön. Wollte sie die Wahrheit erfahren? Wollte sie das Risiko eingehen, anders über ihr Zuhause zu denken?

An Era Awakens (Hayffie)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt