34. Audacity of Men

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Audacity of Men

Effie stand in der Sponsorenlounge, ein kühles Glas Rotwein in der linken Hand. Selbst ohne die Hitze der Sonne, die sich gegen jede Faser ihrer Haut drückte, hätte sie gewusst, dass es früher Nachmittag war. Der fünfte Tag der Hungerspiele und sie war bereits so weit, die Tageszeit anhand der Stimmung der Menschen zu erkennen. Morgen bedeutete kalkulierende Geschäftsmänner an den Wettständen, Mittag stand für zugängliche Sponsoren und gegen Nachmittag verschob sich der Fokus vom Geld hin zum Entertainment. Ab jetzt würde es schwieriger werden, Deals auszuhandeln. Sobald der Abend anbrach, würde es nahezu unmöglich sein.

Gerade herrschte Umschwung und der Andrang an den Bars wuchs. Gläser mit Alkohol fanden sich zunehmend in den Händen der Leute wieder, also hatte Effie sich ebenfalls eines besorgt. Ihr war nicht wirklich danach, aber es war ihre Aufgabe, sich an die Menschen um sie herum anzupassen. Und wenn ein Weinglas den Anschein machte, dass sie nur locker über ihren Distrikt plaudern wollte, spielte Effie gern mit.

Doch anders als die Tage zuvor, waren die Sponsoren heute allesamt nicht in guter Stimmung. Niemand wollte mit ihr reden, ob nun mit oder ohne Alkohol. Das Amüsement, das sich mittlerweile auf ihren Gesichtern abzeichnen sollte, fehlte. Natürlich kannte Effie den Grund. Er löste gemischte Gefühle in ihr aus. Es war Nachmittag, beinahe Abend, und in der Arena hatte sich noch nichts getan: Die Karrieros waren heute nicht auf der Höhe. Cashmere war ihr übliches Selbst, motiviert und aufgeweckt und immerzu auf der Suche nach Spuren der anderen Tribute. Es war der Rest der Gruppe, der es nicht schaffte, mit ihr mitzuhalten. Sie waren immer noch nicht über den Tod des Mädchens aus Distrikt 2 hinweg; hatten nicht vergessen, dass Cashmere ihr Leben beendet hatte. Sie trotten hinter Cashmere her, betroffene bis neutrale Gesichter, als wäre ihnen bis zu diesem Moment gar nicht klar gewesen, dass auch sie in dieser Arena verwundbar waren. Dreizehn Tribute waren bereits tot, die übrigen Elf über die gesamte Karte verstreut. Sie waren zu weit auseinander, um sich heute noch zu begegnen, außer die Spielmacher griffen ein. Doch für ein Eingreifen war es noch zu früh.

Es war alles genau so, wie Haymitch es vorhergesehen hatte. Effies Augen fuhren über die Massen an Menschen, die auf der Dachterrasse umherliefen, auf der Suche nach ihm. Sie blieb an seinem dunkelblonden Haarschopf hängen, der sich seit ihrem Aufteilen kaum von der Stelle gerührt hatte. Er war in ein Gespräch vertieft und Effie musste die Augen zusammenzukneifen, um die Frau aus dieser Entfernung zu erkennen. Ihr fiel der Name nicht ein, aber das Gesicht kam ihr aus einigen Filmen bekannt vor. Schauspielerin. Was auch immer Haymitch ihr erzählte, es brachte sie zum Lachen. Sie hielt sich die schlanken Finger vor den Mund und kicherte, während er ihr ein orangenes Glas in die Hand drückte.

Effie seufzte in sich hinein und wollte den Blick abwenden, aber es wollte ihr nicht gelingen. Sie wurde das Gefühl nicht los, als hätte sich seit letzter Nacht etwas zwischen ihnen verschoben. Etwas hatte sich verändert. Sie war gegen ihn eingeschlafen – keine dieser Minuten des Ausruhens, sondern fester, tiefer Schlaf. Und anstatt sie zu wecken, hatte Haymitch sie in ihr Zimmer getragen und auf ihrem Bett abgelegt. Es war bereits das zweite Mal, dass er sie schlafend vorgefunden hatte, auch wenn das erste Mal kurz nach ihrer Ankunft im Kapitol eine andere Ausgangssituation gewesen war. Effie war aufgewacht, als er sie hochgehoben hatte. Sie war wach gewesen, aber ihr blöder Körper hatte sich zu wohlgefühlt, hatte seine Berührung zu sehr genossen, um sich dafür zu interessieren. Nun, da die letzte Müdigkeit sie verlassen hatte, fühlte Effie sich wunderbar und schrecklich zugleich.

Effie hatte Haymitch an diesem ersten Abend der Spiele aus purem Vergnügen geküsst; weil er ihr so schrecklich auf die Nerven gegangen war und sie ihn so schlecht hatte einschätzen können, dass sie gehofft hatte, seine aufgestaute Wut mit diesem Kuss über Bord werfen zu können. Sie mochte Haymitch. Wenn er nicht gerade unter Alkoholeinfluss stand, war er ein amüsanter, erstaunlicher Mann.

An Era Awakens (Hayffie)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt