21. For Her

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For Her

Ein Dröhnen in der Ferne weckte Haymitch. Er zuckte kaum merklich zusammen, seine Hand bereits auf der Suche nach seinem Messer, als sich etwas unter ihm bewegte und die Schwerkraft seinen Körper nach links zog. Unter einem Stöhnen öffnete er die Augen und stellte fest, dass er sich in einem Auto befand. Das Auto hatte einen scharfen Bogen gemacht und er war natürlich nicht angeschnallt gewesen. Die Sitze unter ihm waren so gemütlich, so weich, dass er sich gerne wieder in sie sinken ließ. Er konnte sich nicht daran erinnern, wie er hier gelandet war. Alles was er wusste war, dass er auf dem Rücksitz eingeschlafen sein musste.

Blinzelnd setzte Haymitch sich auf und scannte seine Umgebung etwas genauer, zumindest war das sein Plan gewesen. Ein stechender Schmerz durchzuckte seinen Kopf und der junge Sieger musste sich an der dunklen Wand festhalten, die ihn vom Fahrerbereich trennte. Ein Taxi also. Das dunkle Fenster nach vorn war zugezogen. Wusste der Fahrer überhaupt, wo er ihn absetzen sollte?

Er brauchte mehrere Augenblicke, bis ihm die Aftershowparty wieder in den Sinn kam, die jedes Jahr nach den Interviews der Tribute im angesagtesten Club des Kapitols stattfand. Laetitia Lowell und Chaff hatten ihn dorthin begleitet. Die Feier war nichts Besonderes gewesen. Haymitch verabscheute diese Art von Partys. Man war umgeben von ekelhaften Menschen, die nichts Besseres mit ihren privilegierten Leben anfangen konnten, als sich am Leid von Kindern zu ergötzen. Es war bekannt, dass die Afterparty als offiziellen Startschuss für die kommende Wettsaison galt. Welcher Mensch, der klar bei Verstand war, wettete auf den Tod von Kindern und bereicherte sich auch noch daran? Es wunderte ihn nicht, dass diese Art des Glücksspiels so populär unter den Reichsten in der Hauptstadt war. Es kotzte ihn an.

Die Anwesenheit dieser Leute für einen Abend ertragen zu müssen war einer der Gründe, weshalb Haymitch nun noch kaum klar sehen konnte. Seitdem er den Club betreten hatte, hatte er Drink um Drink in sich hineingekippt, in der Hoffnung, diese Monster auszublenden. Natürlich hatte ihm sein Hirn diese Erleichterung nicht gewährt. Das Glück war nie mit ihm. Den ganzen Abend hatte er gehofft, dass irgendein Kerl dumm genug sein würde, den Wahnsinn vom letzten Jahr zu wiederholen. Sie hätten die Party abgebrochen und er hätte einfach ins Penthouse zurückkehren können. Aber natürlich war die Welt nicht fair, vor allem nicht zu ihm.

Auch im Kapitol gab es Kriminalität und Gott ... was hätte er gegeben, um letztes Jahr dabei gewesen zu sein. Irgendein Junge aus der Vorstadt, kaum älter als 18, hatte drei Spielemacher in den Tod gerissen, noch bevor die Security die Messer entdeckt hatten, die er in der Innenseite seines Anzugs versteckt hatte. Dieses Jahr war Haymitch keinem einzigen Spielemacher im Club über den Weg gelaufen und allein dafür hätte er dem Angreifer gerne herzlichst gedankt. Der Junge war mit Sicherheit tot, der Mord an so hohen Tieren hatte seine Folgen, auch für Kapitoler.

Laetitia war aufgedreht gewesen, daran konnte Haymitch sich erinnern. Sie hatte es nicht eilig gehabt, von der Feier zu verschwinden. Also hatte er ihr witziges Spiel mitgespielt. Er hatte mit ihr getanzt, sie vor aller Augen geküsst und sich so viel Alkohol reingezogen, dass ihm nun der Kopf schmerzte und seine Umgebung sich eher aus Unklarheit auszeichnete als durch Schärfe. Er hatte das getan, was von ihm verlangt wurde. Chaff war zwar auch da gewesen, aber nur zu seiner Unterstützung. Er hatte ein Alibi gebraucht, um von Effie loszukommen und Chaff, der feiern gehen wollte, war ein besseres Alibi als einfach zu verschwinden. Haymitch war ihm dankbar dafür, auch wenn sein Kumpel mehr als einmal betont hatte, dass er nicht verstand, warum er all das tat. Und wenn er ehrlich zu sich selbst war, wusste er auch nicht, warum er sich darauf eingelassen hatte.

Es hatte nichts daran geändert, dass er den wirklich harten Teil allein hatte erledigen müssen. Als Laetitia genug Aufmerksamkeit auf sich gezogen und mit mehr als einem Sieger rumgemacht hatte, hatte er sie zum Anwesen der Lowells begleitet. So wie vereinbart.

An Era Awakens (Hayffie)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt