10. Pride

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Pride

„Da scheint Sieben aber auch keine viel bessern Stylisten gehabt zu haben", bemerkte Elowen beinahe erleichtert, als der Wagen von Distrikt 7 hinaus auf den Platz fuhr.

Die Karrieredistrikte hatten wie bei der Ernte einen unangenehmen Eindruck hinterlassen. Sie hatten brillante Stylisten, die genau wussten, wie sie ihre Tribute präsentieren mussten. Gekleidet in Gold, Silber und Diamanten, hatten sie die Aufmerksamkeit aller Sponsoren auf sich gezogen. Bei den restlichen Distrikten war es ausgeglichen. Soweit man unter all den Farben und den Schichten an Tüll erkennen konnte, schienen manche gar nicht so schlechte Chancen zu haben, während andere wiederum von Anfang an hoffnungslos verloren schienen.

„Die armen Hunde aus Neun", murmelte Haymitch, als er einen Schluck aus seinem silbernen Flachmann nahm. „Bei all dem Stroh muss das ganz schön gejuckt haben."

Die Kamera zoomte an das besagte Paar heran und man konnte ihnen an den verzogenen Gesichtern und der verkrampften Körperhaltung ansehen, dass ihre Hände gerade lieber woanders wären. Zu seiner Überraschung lachte Elowen auf. „Ja, das muss es wirklich."

So schnell wie ein Blitz schossen Effies Augen zu Haymitch, der ihren Blick gefühlskalt erwiderte. Entgegen seinen Erwartungen formten sich ihre Mundwinkel zu einem schmalen Lächeln. Sie wandte den Blick ab und schaute fürsorglich zum Mädchen, das direkt neben ihr saß.

Wieder hinterließ ihr Verhalten eine fragende Leere in Haymitchs Kopf. Er konnte keine Schlüsse aus ihr ziehen. In der einen Sekunde war sie Kapitol durch und durch, aber dann verwandelte sie sich für diese wenigen Augenblicke in eine komplett andere Person. Haymitch hatte nicht lustig sein wollen. Er hatte einfach nur wie sonst einen sarkastischen Kommentar abgeben wollen, schließlich tat er das ständig. Er hatte ganz bestimmt nicht sein Tribut zum Lachen bringen wollen.

„Da seid ihr ja endlich." Petunias desinteressierter Kommentar brachte Haymitch zurück in die Realität.

Der Wagen fuhr aus dem Tunnel und das Sonnenlicht traf auf die beiden Tribute. Elowen wirkte in ihrem roten Paillettenkleid völlig verzerrt. Ihre Augen waren groß und sie sah aus, als würde man sie jeden Moment auf die Schlachtbank führen. Die Angst stand ihr deutlich ins Gesicht geschrieben. Ramon neben ihr strahlte das genaue Gegenteil aus. Sein Blick war dunkel und Zorn flammte in seinen Augen. Er tat wieder genau dasselbe, wie am Tag als sie im Kapitol angekommen waren: Er ignorierte die tosende Menge.

Effie seufzte in sich hinein. „Und wie war ich?", fragte Elowen und hob ihre Augen in ihre Richtung. Haymitch folgte Elowen' Blick und versuchte, Effie ihre Gedanken an den Augen abzulesen. Für einen Moment sah er Resignation aufflackern, doch der Ausdruck verschwand so schnell wie er gekommen war.

Effie öffnete den Mund, um dem Mädchen zu antworten, aber Petunia kam ihr zuvor. „Nichts Besonderes für Distrikt Zwölf. In Erinnerung wird man dich nicht behalten, Kind", erläuterte die ältere Frau unbeeindruckt und schlug die Beine übereinander, ohne Elowen auch nur eines Blickes zu würdigen.

Für einen Moment starrte Elowen einfach geradeaus, in ihren grünen Augen spiegelte sich der Fernseher. Haymitch konnte sich nur vorstellen, was sich gerade in ihrem Kopf abspielte. Petunia hätte sie mit der flachen Hand ins Gesicht schlagen könne, der Schmerz wäre derselbe gewesen. Wahrscheinlich war der Schmerz, den Elowen gerade verspürte, sogar noch schlimmer. Der Tod musste ihr plötzlich noch realer vorkommen als sowieso schon.

„Aber nein", entfuhr es Effie, ihre Stimme schellte mehrere Oktaven in die Höhe. Sie drehte sich zu Elowen und strich ihr beruhigend über die Schulter. Dann verzogen sich ihre Mundwinkel zu einem kleinen Lächeln. „Das war dein zweites Mal in der Öffentlichkeit und dafür warst du sicherlich nicht nur durchschnittlich. Bis zu den Interviews werden wir dich coachen und dann wirst du sie alle überzeugen."

An Era Awakens (Hayffie)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt