12. Boy Problems

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Boy Problems

Effie wollte etwas sagen, doch wieder entsprang ihrer Kehle kein Laut. Ihre Hand fuhr hoch zu ihrem Hals, während sie weiter auf Ramon starrte, der bewusstlos auf dem Boden lag. Langsam, als würde er aus einer Trance erwachen, drehte sich Haymitch zu ihr um. Es lag immer noch ein glasiger Ausdruck in seinen grauen Augen, aber sie konnte Unbehagen darin erkennen. Er bewegte sich so schnell, dass sie es trotz ihres alarmierten Zustands kaum wahrnahm.

Beinahe selbstverständlich, als würden sie sich seit einer Ewigkeit kennen, berührte Haymitch mit einer Hand ihre Hüfte. Seine Finger legten sich sanft und vorsichtig um den Stoff ihres Kleides, während die andere Hand hoch zu ihrem Hals schoss. Effie spürte seinen aufmerksamen blick auf ihrer Haut, spürte das glühende Pochen unter seinen kühlen Fingerspitzen. Als ein scharfer Schmerz durch ihren Kopf schoss keuchte auf und wollte einen Satz nach hinten machen, doch Haymitchs Hand and ihrer Hüfte hielt sie auf.

„Er hat dich ganz schön erwischt", murmelte er, ohne aufzuschauen.

Langsam beruhigte sich Effies Herzschlag, aber der Schock in ihren Gliedern blieb. Ihre Augen starrten immer noch an Haymitch vorbei. Zu Ramon. Sie schaffte es nicht, den Blick von dem Jungen zu lösen. „Effie." Haymitch versuchte, sie aus ihrer Trance zurückzuholen. Aber sie reagierte nicht. Sie hatte das Gefühl, jeden Moment vornüber zu fallen. Obwohl sie wieder Luft bekam, konnte sie Ramons Griff noch immer an ihrer Kehle spüren. Das Blut unter ihrer Haut pochte dort, wo er sie angefasst hatte.

„Effie", sagte Haymitch wieder, diesmal sanfter. Er umfasste ihr Gesicht mit seinen Händen und drehte ihren Kopf in seine Richtung, um ihren Blick von Ramon zu lösen. Sie ließ ihn gewähren, wunderte sich nicht einmal über seine plötzliche Sorge, zu sehr raste die Angst noch durch ihre Glieder. Schließlich seufzte sie und blickte zu Haymitch auf. Ihre Gesichter trennte nur eine kleine Distanz, sie konnte das flüssige Silber in seinen grauen Augen sehen. Selbst jetzt kam ihr diese Nähe nicht seltsam vor, was sie unter normalen Umständen sicher schockiert hätte. Nun hob Effie nur ihre zitternden Hände und umklammerte Haymitchs Oberarme, als fürchtete sie, jeden Moment umzufallen.

Unter normalen Umständen wäre der aufmerksamen, menschenlesenden Effie aufgefallen, dass Haymitchs Sorge sich mit ihrer ausbleibenden Reaktion exponentiell zu steigern schien. Seine Lippen bewegten sich, aber die Worte drangen nur gedämpft zu ihr durch. Wie wenn er auf der anderen Seite einer Tür stand. Wie ein weit entferntes Flüstern, es hätte genauso gut ihr Unterbewusstsein sein können, welches da mit ihr sprach. „Das war wohl deine erste gewalttätige ... Auseinandersetzung. Für dich ist das wohl kein ... Alltag." Das Flüstern wurde immer schneller, immer hektischer, als würde ihr die Zeit davonrennen. „Auf einer Skala von eins bis zehn würde ich dem höchstens eine drei geben, aber ich glaube für dich reicht das wohl, um in einem Trauma zu enden. Mach dir keine Gedanken, so war es bei allen von uns beim ersten Mal. Die erste Begegnung mit dem Tod. Auch wenn bei uns niemand da war, um uns davor zu bewahren."

Effie fuhr zusammen, als hätte man ihr einen Stromschlag verpasst. Von der einen auf die andere Sekunde öffnete sich die unsichtbare Tür zwischen ihnen und die Distanz verschwand. Ein Ausdruck gedankenverlorener Offenheit, den Effie für den Bruchteil einer Sekunde in seinen Iriden erspähen konnte, verschwand so plötzlich, als hätte Haymitch eine andere unsichtbare Tür zugeschlagen.

Die erste Begegnung mit dem Tod. Effies Lippen glitten entzwei, aber kein Ton entsprang ihrer Kehle. War es wirklich so dramatisch, wie Haymitch es dargestellt hatte? Oder hatte sie sich die Worte nur eingebildet? Dafür sprach, dass sie nicht so klangen, wie etwas, was Haymitch in ihrer Gegenwart auch nur denken würde.

„Es ist alles gut. Hörst du mich, Effie? Er wird dir nichts mehr tun." Effie hatte ihn selten in einem so behutsamen Ton reden hören. Versuchte er, die Wahrheit vor ihr zu verstecken oder war die Bedrohung tatsächlich vorbei? Und warum stand plötzlich dieses riesige Wort im Raum? Tod. War sie dem Tod etwa so nahe gewesen? Hatte Ramon tatsächlich versucht, sie zu töten? Effie hatte alles erlebt und trotzdem war sie sich unsicher. So einfach konnte es doch nicht sein, zu sterben. Dafür war der Tod etwas zu Gewaltiges.

An Era Awakens (Hayffie)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt