20.2. The Responsibility We Carry

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Effie nutzte die meiste Zeit der kurzen Fragerunde, um in die Kamera zu lächeln, während Haymitch mit der Presse herumwitzelte. Sie wusste zwar nicht woher, aber er schien den Reporter zu kennen und die beiden tauschten einige Scherze aus. Die ernsteren Fragen richtete der Journalist an sie, was sie irgendwie verstehen konnte. Es störte sie nichtsdestotrotz: Ramon stand im Spotlight seines Interesses und Effie musste mehr als einmal betonen, dass es an Ramon lag, sein Versprechen an Caesar einzulösen und sie nicht über die Gründe der Friedenswächtereskorte sprechen würde. Es gab jedoch auch die ein oder andere persönliche Frage zu ihrem Werdegang und ihrem Wohlbefinden im Team von Distrikt 12, welche sie wiederrum gerne beantwortete.

Zum Schluss wandte sich der Reporter ein letztes Mal an Haymitch und bat ihn um seine Einschätzung zu Effies bisheriger Arbeit und ob Elowen mit Effies Unterstützung während der Interviews womöglich übertrieben hatte. Haymitchs Augen glitten von dem Reporter fort zu Effie. Sie hatte sich für die Interviews bei ihm eingeharkt, weil es Einheit und Zusammenarbeit ausstrahlte. Jetzt aus dieser kurzen Distanz in seine silbernen Augen zu schauen, fühlte sich seltsam an und sie wusste, dass er dasselbe empfand. Haymitch lehnte sich unter ihrer Berührung etwas zurück, ohne sich von ihr zu lösen, um sie besser betrachten zu können. Sein ernster Blick heftete sich für mehrere Sekunden auf ihr Gesicht und Effie konnte die Wärme spüren, die plötzlich von ihm ausging. Oder war es ihr Körper? Bevor sie etwas Dummes machen konnte, breitete sich ein schmales Lächeln auf Haymitchs Lippen aus. Seine weißen Zähne leuchteten im Licht der Kamera. Die Erinnerung an die Kamera, die diese komische Art der stillen Interaktion zwischen ihnen beiden gerade für ganz Panem aufzeichnete, ließ sie jeden anderen Gedanken zur Seite schieben.

„Effie ist mehr als qualifiziert für diesen Job und sehr engagiert, wenn es um ihre Tribute geht", beantwortete Haymitch schließlich die Frage des Journalisten. Dann verabschiedete er sich mit einem kurzen Nicken und verließ den Pressebereich mit Effie im Schlepptau.

Effie öffnete ihren Mund, um etwas zu sagen, obwohl sie nicht recht wusste, was sie überhaupt sagen wollte, als Chaff plötzlich vor ihnen auftauchte. Sein schalkhaftes Grinsen ließ nichts Gutes verheißen, auch wenn es in seinen dunklen Augen eine Anstrengung lag, die sie nicht deuten konnte. Effie fragte sich immer noch, weshalb gerade er Haymitchs engster Bekannter hier im Kapitol sein musste, als eine junge Frau an Chaffs Seite in Erscheinung trat, die sich Haymitch den Bruchteil einer Sekunde später um den Hals warf.

„Na, wen haben wir denn da?" Haymitch war sichtlich erfreut über die Frau, die ihre Arme immer noch um seine Brust geschlungen hatte. Seine Stimme verriet ihn.

Effie war dieser jungen Frau nie begegnet und doch kam sie ihr irgendwie bekannt vor. Sie war etwas größer als sie selbst, aber das war nicht das Erste, was einem bei ihrem Anblick ins Auge fiel. Ihr makelloser Körper machte deutlich, dass sie sich mehr als einmal unter's Messer gelegt hatte. Alles an ihr schien künstlich zu sein: Große Brüste, runder Po, schlanke Taille, eine überpefektionierte Nase und aufgespritzte Lippen. Es war nicht unüblich im Kapitol, sich Schönheitsoperationen zu unterziehen, doch das meiste davon war aus Effies Sicht geschmacklos. Die Frau sah ziemlich jung aus, höchstens 25, in jedem Fall jünger als Effie. Ihr schmales, aber auffällig kantiges Gesicht war von goldenem Make-Up überzogen. Selbst ihre Haut warf einen leichten goldenen Schatten. Sie musste sich eine dieser teuren Ganzkörperbehandlungen unterzogen haben. Ein langer, dünner Zopf lief ihren freien Rücken herunter bis zum Po und sie trug ein hautenges, dunkelrotes Satinkleid, welches Effie beinahe als geschmacklos abgestempelt hätte, wären ihr nicht die goldenen Logos am unteren Ende beider Spaghettiträger aufgefallen. Es handelte sich um eine der exquisitesten Marken, die das Kapitol zu bieten hatte und war kaum bezahlbar. Effie selbst konnte nur davon träumen, jemals ein Kleidungsstück davon ihr Eigen nennen zu dürfen. Wer auch immer diese Frau war, sie gehörte zu dem obersten Einen Prozent des Kapitols, sie gehörte zur Elite und Effie konnte nur raten, dass sie einen sehr einflussreichen Mann geheiratet haben musste.

An Era Awakens (Hayffie)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt