40. Dead to Me

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Dead to Me

Haymitch lag mit ausgestreckten Füßen auf dem Sofa des Penthouses, als wäre alles in bester Ordnung. Die Augen geschlossen, ein selbstzufriedenes Grinsen auf den Lippen und ein unangetastetes Glas Whiskey in der Hand.

Effie kam schlitternd zum Stehen. Ihr Herz stolperte und entspannte sich, weil sein Anblick genau das Gegenteil von dem war, was sie erwartet hatte. Sie hatte mit dem Schlimmsten gerechnet und doch saß er hier und schien ... ungerührt.

Das Klackern ihrer Schuhe musste sie verraten haben, denn Haymitch drehte den Kopf in ihre Richtung. Ihre Augen trafen sich. Angst überkam Effie. Keine Angst vor ihm. Eine tiefe, noch nie dagewesene Furcht in ihrem Bauch, die sie bereits von innen auseinanderreißen wollte, obwohl keiner von ihnen ein Wort gesprochen hatte.

In Effies Gehirn schwirrten so viele Fragen, dass sie es letztendlich nicht auf die Reihe brachte, auch nur eine von ihnen zu stellen. Sie stand wie angewurzelt im Türrahmen, starrte wie gebannt auf Haymitch, der sie anschaute, als sähe er sie gerade zum ersten Mal. Unbehagen fraß sich durch ihr Blut, brachte ihre Finger zum Beben. Eine neue Vorahnung bildete sich in ihrer Mitte und ihr Körper ging bereits in Abwehrhaltung.

„Und, ist dir allein schließlich langweilig geworden?", kam Haymitch ihr zuvor. Seine Stimme war anders. Nicht neu, aber ... Effie kannte diese Stimme. Es war dieselbe mit der er ihr zu Beginn dieser Saison in Distrikt 12 begegnet war. Als sie noch Fremde gewesen waren.

„Du hast gesagt, du kommst zurück", sagte Effie und es kostete sie unendlich Kraft, neben das Sofa zu treten. Plötzlich kam Haymitch ihr wie ein Fremder vor. Die Nähe, die sie heute Nachmittag noch gespürt hatte, existierte nicht mehr. Das hier war nicht derselbe Haymitch, mit dem sie heute zur Lounge gefahren war. Das hier war jemand anders. Für einen Moment fragte Effie sich, ob sie träumte.

Haymitch zuckte die Schultern. „Ich habe gelogen."

Effies Augen weiteten sich und es fiel ihr schwer, ihre Maske aufrecht zu erhalten. „Was hast du gesagt?" Sie musste falsch gehört haben. Ihr Hirn spielte ihr einen Streich.

„Ich habe gelogen", wiederholte Haymitch laut und seine Mundwinkel hoben sich in halber Belustigung. „Ich hatte keine Lust, wiederzukommen. Sieh', es ist doch eh nichts passiert. Also habe ich mir einige langweilige Stunden mit dir erspart."

Effie hatte unrecht. Das hier war nicht der Haymitch, den sie in Distrikt 12 kennengelernt hatte. Dieser Haymitch hier war ihr vollkommen unbekannt. Sie schluckte die Galle hinunter und rief sich die vergangenen Wochen vor Augen; die intimen Momente, die Küsse, die Berührungen. Was für einen seltsamen Streich spielte er ihr? „Im Ernst, Haymitch, was soll das? Was ist los? Ich habe auf dich gewartet. Ich habe mir Sorgen gemacht. Und dann habe ich das Bild von dir mit diesem Model gesehen."

Etwas Vertrautes blitzte in Haymitchs emotionslosen Augen auf, verschwand jedoch zu schnell, um es einordnen zu können. Er hob die Brauen. „Nichts ist los. Ich bin ausgegangen, na und?"

„Wir haben darüber geredet", erinnerte Effie ihn mit strengem Ton. „Du hast versprochen, dich von Leuten wie Laetitia Lowell fernzuhalten. Es ist es nicht wert. Also war das heute so eine Nummer oder wieso machst du es hinter meinem Rücken?"

Haymitch blickte ihr direkt in die Augen, als würde er sichergehen wollen, dass ihr Fokus vollends auf ihm lag. „Das war kein Deal, Effie. Vergiss diese Deals. Das heute hatte nichts damit zu tun. Das heute war einfach Spaß. Vergnügen. Sex. Nicht, dass der mit euch Kapitolfrauen irgendetwas bedeuten würde. Aber irgendwie muss ich diese ganze Scheiße ja aus meinem System kriegen." Die Gleichgültigkeit seiner Stimme wirkte so seltsam – so fremd – weil Effie sich mittlerweile an die Emotionen unter seiner Fassade gewöhnt hatte.

An Era Awakens (Hayffie)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt