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Es war der nächste Morgen; die restlichen Stunden der viel zu kurzen Nacht hatte ich kaum schlafen können. Ich war in Dracos Robe eingeschlafen; es war das erste Mal seit dem Kampf, dass ich die ganze Nacht durchschlief. Unterbewusst wusste ich, dass es wegen Dracos Geruch war. Müde ging ich schließlich zum Frühstück; war eine der ersten. Kaum Jemand war bereits da; keiner meiner Freunde, bis auf Ron.
,,Hey-" grinste ich überrascht, als ich mich neben ihn setzte. ,,-was machst du denn schon hier?"
,,Ich hatte Hunger." antwortete er offensichtlich mit Pudding im Mund und rutschte ein Stück zur Seite. ,,Außerdem konnte ich nicht mehr schlafen."
,,Geht mir genau so." flüsterte ich und griff nach einem grünen Apfel; nach ein paar Weintrauben.
,,Hier-" lächelte Ron und reichte mir einen roten Apfel; nahm mir stattdessen den grünen wieder aus der Hand. ,,-die anderen sind noch recht sauer. Iss lieber den."
,,Danke." lächelte ich und biss stattdessen in den roten Apfel. Er hatte recht; die roten schmeckten außergewöhnlich süß, anders als die grünen. Müde sah ich anschließend durch die beinah leere Halle. Sah zu, wie immer mehr Schüler ihren Weg zum Frühstück fanden.
,,Tut mir leid, dass ich gestern einfach so verschwunden bin."
,,Was meinst du?" fragte ich überrascht.
,,Ich hatte ein schlechtes Gewissen; ich hätte dich nicht einfach so alleine lassen sollen."
,,Schon gut, Ron." lächelte ich. ,,Mir geht es gut; ich muss endlich lernen mir Zeit für mich alleine zu nehmen. Die letzten Tage waren; nun ja, alles andere als schön. Ich habe bereits völlig vergessen wie es war alleine zu leben; ohne Draco. Bevor das alles geschah."
,,Das wird schon werden." grinste er aufmunternd. ,,Lass uns heute was unternehmen."
,,Was unternehmen? Ich weiß nicht. Ich-" ich sah zum Eingangstor; erblickte Hermione und Draco wie sie gemeinsam eintraten. ,,Weißt du was; du hast recht, lass uns was machen." sprach ich und lächelte ihn an. ,,Nur wir Beide."
,,Einverstanden." grinste er zufrieden, als mein Blick wieder Hermione und Draco galt. Auch er sah zu mir; scheinbar irritiert, dass ich wieder bei Ron war. Das wir miteinander redeten; einfach, dass ich nun meine freie Zeit mit ihm verbrachte. Doch ich musste lernen von Draco loszulassen; wir waren kein Paar mehr; es würde keine gemeinsame Zukunft mehr geben. Seine Meinung musste mir egal werden; er konnte mir nichts vorschreiben.
Langsam füllte sich schließlich die Halle; bald war beinah jeder Platz belegt. Auch Dumbledore und die anderen Professoren hatten auf ihren Plätzen platz genommen; als Dumbledore vor trat.
,,Liebe Schülerinnen und Schüler-" begann er, als die ganze Halle verstummte. ,,-4 Tage sind nun vergangen, seitdem Hogwarts mitten ins Herz getroffen wurde. Der Angriff schien für einige überraschend gewesen zu sein; für andere hingegen nicht." fuhr er fort und sah zu mir. ,,Wir haben viele geliebte Menschen verloren; Professoren, Schüler, Familienmitglieder. Freunde und Zimmergenossen. Doch dieser Tag sollte kein Tag der Trauer sein; nein, vielmehr der Freude! Der dunkle Lord, Voldemort oder der dessen Namen nicht genannt werden darf; nennt ihn wie ihr wollte; doch er ist fort. Er und seine Armee wurden besiegt! Endgültig."

Großer Jubel entstand; alle applaudierten und sprangen auf. Alle bis auf Draco, Hermione, all meine Freunde und ich. Für uns würde es immer ein Tag der Trauer bleiben; zu viel hatten wir verloren.
,,Miss Johnson-" fuhr Dumbledore fort und sah zu mir. Ich riss meine Augen auf; schon bald lagen alle Blicke meiner Mitschüler auf mir. ,,-eine Schülerin unter uns der viel Unrecht getan wurde; und dass von uns allen. Sie wurde beschuldigt, gefoltert, beschimpft. Von Professoren; von Schülern. Es ist eine unverzeihliche Schande; sie sollte uns allen ein Vorbild sein. In solch jungen Jahren bereits so viel Unrecht ertragen zu haben; sie wollte Schülerinen und Schüler warnen. Die Schüler, die sie belächelten und sie beschimpften. Ihren Worten keinen Glauben schenkten. Doch sie entschied zu kämpfen; für sich und ihre Freunde, ihre Familie, für Hogwarts. Professor Snape; er war ihr Vater; gestorben in diesem Krieg, um uns alle zu beschützen; um uns zu retten."
Die ganze Halle verstummte; es war totenstill.
,,Würden Sie zu uns nach vorn kommen, Aurelia?"
Mein Herz begann zu rasen; mein Gesicht wurde ganz blass.
,,Na loss, Kleine." grinste George mutmachend. Zögernd stand ich schließlich auf; ging nach vorn; trat an das Pult. Sie alle sahen mich an; sie alle hörten mir zu. Sie hörten mir zu, als es bereits zu spät war...
,,Danke, Professor Dumbledore." sprach ich nervös. Ich zögerte, sah einige Sekunden durch die Reihen. Sah die traumatisierten Gesichter; die leeren Augen. Ich hätte wütend sein müssen; wütend über die Ungerechtigkeit. Wütend über die Lügen; wütend über das Verhalten meiner Mitschüler. Doch ich war es nicht.
,,Ihr seid nicht allein." sprach ich und griff fest um das Pult. ,,Niemand von euch ist allein; wir alle sind eine große Familie. Es stimmt, mir ist viel Unrecht widerfahren-" sagte ich rückblickend und sah zu Draco und Hermione. ,,-doch ich hege keinen Groll. Nein; ganz im Gegenteil. Ich denke, dass bereits zu lange die negativen Gefühle unser Leben bestimmt haben. Es spielt keine Rolle mehr was in der Vergangenheit geschehen ist; denn die Vergangenheit ist vergangen. Sie ist tot. Wir haben vieles verloren; Menschen, die wir liebten. Freunde, Arbeitspartner, vielleicht die erste große Liebe." sprach ich traurig. ,,Doch nun ist es umso wichtiger, dass unser Zusammenhalt wächst und wir gemeinsam einer glücklichen Zukunft entgegen sehen. Verzeiht kleine Streitigkeiten, hört auf euch zu ignorieren; redet miteinander. Bevor ihr es irgendwann nicht mehr könnt."
Lauter Applaus entstand; sie standen auf, ja; sie applaudierten mir.
,,Lasst uns zeigen, dass all die Toten nicht umsonst waren! Lasst uns für sie leben; für sie lernen, für sie lachen!" sprach ich lautstark, ehe meine Stimme im Applaus untergang. Ein kleines schwaches Lächeln überkam meine Lippen; ich hatte aus meinem tiefsten Herzen gesprochen. Über meine Freundschaften, über die Liebe; über die Zukunft. Über mein neues Leben.
,,Vielen Dank Misses Johnson für diese aufmunternden und weisen Worte." lächelte Dumbledore und legte seine Hand auf meine Schulter. ,,Ihr Vater wäre furchtbar stolz auf sie. Ich bin mir sehr sicher, dass er ihre Worte gehört hat."
,,Danke, Professor." lächelte ich emotional.
,,Mister Malfoy-" fuhr Dumbledore fort und bat ihn zu uns hinauf. Irritiert folgte ich seinen Schritten; sah ihn nervös an. Dumbledore reichte ihm eine Schriftrolle; er las sie sich durch. ,,-würden Sie bitte?"
Er nickte wortlos zu, drehte sich kurz zu mir um; seine Augen waren für einige Sekunden in meinen versunken. Mein Herz pochte gegen meine Brust; meine Gesichtsfarbe kam wieder. Er zückte seinen Zauberstab; und entfachte die selbe Magie wie einst beim Abschlussball. Goldener Glitzerstaub verbreitete sich über uns; die alten kalten Steinblöcke der Mauern begannen sich zu bewegen. Stein für Stein, Name für Name.
,,All unsere Freunde werden nie vergessen werden; Hogwarts wird Ihnen immer dankbar sein!" rief Dumbledore, als ich bereits hinunter rannte. Ich rannte zu der Stelle, an der Maias Name seit dem Ball eingraviert war. Ein zweiter Name war nun zu erkennen; direkt neben ihr.
,,Professor Severus Snape." las ich leise vor und strich über die neue Gravur. Mir kamen die Tränen; mein Herz begann kräftig und schmerzerfüllt zu schlagen.

Fear of LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt