D A V I N A | 22 M A I
Seit vier Tagen sind wir jetzt wieder zurück in Denver. Enzos Familie, besonders Natalia, war ziemlich traurig, weil wir sie schon wieder verlassen habe, aber Enzo meinte, dass ich Ruhe bräuchte und ich diese, ich zitiere, am ehesten Zuhause bekommen würde.
Gerade flimmert ein Film über den Fernseher, während mein Kopf auf Enzos Schoß gebetet ist und er durch meine Haare streicht. Das haben wir, seit wir wieder hier sind oft gemacht und jedes Mal frage ich mich, wie sich etwas so falsch sein kann, sich aber gleichzeitig so richtig anfühlen kann.
Die letzten Tage habe ich es einfach passieren lassen, aber es ist nicht richtig. Er ist immer noch mein Entführer und ich habe so verdammt viele Fragen. Kann sein, dass ich mich die letzten Tage vor diesem Gespräch gedrückt habe, aber das sollte ich nicht mehr. Ich brauche Antworten und jemanden der mir vor Augen führt, wieso ich diese Gefühle nicht haben sollte. Wieso ich mich dagegen wehren sollte und ihn hassen sollte. Wieso ich ihn nicht auf diese Weise mögen sollte.
Ohne auf den Film, den ich durch meine Gedanken sowieso nicht richtig verfolgen konnte, zu achten, hebe ich meinen Kopf vorsichtig an, bevor ich mich richtig aufsetze und ein Stück von Enzo wegrücke.
Ich brauche Platz.
„Was ist los? Hast du Schmerzen?" Besorgnis, die die Schmetterlinge, die sich ungewollter Weise in meinem Bauch angesiedelt haben, kreuz und quer durch meinen Bauch fliegen lässt, klingt in seiner Stimme mit.
Ich schüttle den Kopf. Gerade spüre ich meine Schmerzen nicht wirklich. Sie sind in den letzten Tagen zum Glück schon ein bisschen weniger geworden und es tut nichts mehr schon bei einer einfachen Bewegung weh. „Wir müssen reden."
„Okay." Meine Augen begegnen Enzos. „Worüber möchtest du denn reden?"
„Über alles."
„Alles?" Enzos Lippen verziehen sich zu einem Grinsen. „Das ist ziemlich viel."
Ich presse die Lippen aufeinander. Da ist auch ziemlich viel, dass mir im Kopf rumgeistert und darauf wartet, beantwortet zu werden. „Kann ich dir Fragen stellen und du beantwortest sie mir? Ehrlich?"
„Sicher." Er verändert seine Position leicht, sodass wir uns nun gegenübersitzen. „Was möchtest du denn wissen?"
Einfach direkt raus damit. „Wieso hast du mich entführt?"
„Ich habe dich nicht entführt."
Empörung macht sich in mir breit. Natürlich hat er mich entführt. Wie will er sowas denn sonst nennen? „Natürlich hast du mich entführt."
„Das habe ich nicht." Er fährt sich durch die Haare. „Ich habe dich gekauft."
Mir klappt der Mund auf. „Gekauft?" Wo will er mich denn bitte gekauft haben? Im Supermarkt?
„Gekauft", wiederholt er.
„Wo willst du mich denn bitte gekauft haben?", möchte ich empört wissen.
„Bei Carlos."
„Carlos?"
Er nickt.
„Und wer ist dieser Carlos?"
„Einen Menschenhändler", erwidert er. Das Grinsen ist aus seinem Gesicht verschwunden und stattdessen hat sich eine ernste Miene auf seinem Gesicht breit gemacht.
Ein Menschenhändler? Ich denke an den Tag zurück, an dem ich den Streit mit meiner Mom hatte. Ich bin durch den Park gelaufen und habe Geräusche gehört. Mir wurde etwas vors Gesicht gehalten und ich wurde ohnmächtig. Wach wurde ich bei Männern, die ich nach dem Tag nie wieder gesehen habe, worüber ich nebenbei gemerkt wirklich froh bin.
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Ab heute bist du mein
Teen FictionUnd dann drehe ich mich um und renne los. Renne so schnell, wie ich kann. Hinter mir höre ich Enzo laut brüllen und schnelle Schritte, die mich verfolgen. Ich beschleunige mein Tempo. Meine Sportlehrerin wäre stolz auf mich gewesen. Ich verlasse den...