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D A V I N A | 2 6 M Ä R Z

Anstatt wie erwartet Nicolai am Esstisch vorzufinden, sitzt Enzo am Tisch und tippt auf seinem Handy rum.

„Morgen." sage ich trocken, wodurch er mich bemerkt und seinen Blick hebt. Er murmelt irgendwas unverständliches und richtet seinen Blick genervt wieder auf sein Handy.

Wieso ist der Typ denn jetzt genervt? Er ist der, der mich festhält.

„Wenn ich dich nerve, kann ich gerne gehen. Du bist der, der mich festhält. Ich bin nicht freiwillig hier", belle ich und deute dabei mit dem Daumen auf die Tür hinter mir.

Enzo hebt seinen Blick wieder und sieht mich an. „Keine Sorge, cielo. Ich bin nicht von dir genervt", seine Mundwinkel zucken leicht, während er seinen Blick wieder auf sein Handy richtet, es diesmal aber ausschaltet und auf dem Tisch ablegt.

„Setz dich doch bitte. Ich muss noch etwas mit dir besprechen." bittet mein Entführer und deutet auf den Platz, wo ich die letzte Woche über auch saß.

Etwas besprechen? Was besprechen? Meine Freilassung?

Zögernd laufe ich auf den Stuhl zu und lasse mich auf ihm nieder.

Im selben Moment betritt Jimena mit einem Tablett den Raum. Sie wirft mir ein Lächeln zu, räumt das Essen vom Tablett auf den Tisch und verschwindet mit einem letzten Lächeln wieder aus dem Raum.

Hinter ihr fällt die Tür zu und mein Blick richtet sich auf Enzo. Dieser hatte schon wieder sein Handy in der Hand, aber legt es weg, als er meinen Blick auf sich spürt.

„Du willst etwas mit mir besprechen. Vielleicht, dass du mich endlich freilässt?" frage ich.

„Nicht ganz", setzt er an und nimmt sich etwas zu Essen.

Nicht ganz? Was gibt es denn da bitte für ein "nicht ganz"?

„Ich muss morgen Abend auf ein Geschäftsessen und du wirst mich begleiten", er stoppt und sieht mich an. „Als meine Verlobte".

Als seine Verlobte?! Bitte was?!

Mit aufgerissenen Augen sehe ich ihn an. „Nein, auf keinen Fall!" protestiere ich. „Du kannst mich hier nicht einsperren und dann einfach vorführen, wann du willst. Ich bin schließlich kein Tier!"

„Mir ist bewusst, dass du kein Tier bist, cielo. Trotzdem, du wirst mitkommen
Als meine Verlobte. Und du wirst dich benehmen."

„Sonst was? Willst du mich einsperren? Tut mir leid, dich enttäuschen zu müssen, aber du sperrst mich hier schon ein."

„Davina-", setzt mein Entführer an, aber wird durch das Klingeln seines Handys unterbrochen. Mit zusammengebissen Zähnen nimmt er sein Handy vom Tisch.

„Jimena macht dich morgen Abend fertig", verkündet er, bevor er aufsteht, den Anruf annimmt und mit seinem Handy am Ohr aus dem Raum läuft.

Das ist doch nicht sein Ernst?!

Ich bin doch nicht sein Haustier, dass er einsperren kann und dann- er will mich auf ein Geschäftsessen mitnehmen. Raus aus diesem Haus. Das ist meine Chance auf eine Flucht. Das ist meine Chance hier rauszukommen. Ich werde hier rauskommen.

Ein kleines Lächeln bildet sich auf meinen Lippen.

Morgen Abend komm ich hier weg.

Ich schnappe mir ein Croissant vom Tisch und beiße genüsslich rein. Meine letzten Stunden hier sind gezählt.

Als ich mein Croissant aufgegessen hatte, schütte ich mir noch ein Glas Saft ein und trinke dieses in einem Zug aus.

Ich wische mir mit der Serviette einmal über den Mund, stehe auf und laufe mit dem dreckigen Geschirr in der Hand in die Küche.

Dort lehnt Jimena am Tresen und blättert in einer Zeitschrift. Als sie mich bemerkt lächelt sie mich an und legt die Zeitung aus der Hand.

„Ich habe dir doch schon gesagt, dass du die Sachen einfach stehen lassen sollst, Davina", seufzt die Haushälterin, als sie das benutze Geschirr in meiner Hand entdeckt.

Lächelnd zucke ich mit den Schultern und überreiche ihr das Geschirr.

Kopfschüttelnd, aber dennoch mit einem kleinen Lächeln im Gesicht öffnet sie den Geschirrspüler und fängt an, das Geschirr einzuräumen.

„Als was arbeitet Enzo eigentlich?" stelle ich die Frage, die mir schon seit dem ersten Tag hier im Kopf schwirrt.

Ich lehne mich an den Tresen und schütze meinen Kopf auf meinen Armen ab.

„Wieso möchtest du das wissen?" Jimena schließt den Geschirrspüler wieder und dreht sich zu mir um.

„Naja, ich frag' mich halt, wie er sich dieses Haus hier leisten kann. So alt sieht er ja jetzt noch nicht aus. Außerdem ist er denn ganzen Tag unterwegs und draußen sind Wachleute um das Gebäude verteilt." Ach und dass er Mädchen entführen kann und es niemanden hier interessiert ist, beziehungsweise niemand mir hilft hier rauszukommen, setzte ich in Gedanken noch dazu. Laut aussprechen tue ich es aber nicht, da ich ihr keine Vorwürfe machen will. Jedoch scheint sie meine Gedanken trotzdem zu wissen, da sich ein wehmütiges Lächeln auf ihre Lippen schleicht.

„Mr. García leitet eine sehr erfolgreiche Firma, die er von seinem Vater übernommen hat", erklärt sie nach kurzer Stille, aber es hört sich an, als wolle sie noch etwas sagen.

Gerade als die Haushälterin den Mund öffnet und noch etwas hinzufügen will, betritt jemand hinter mir die Küche und eilig schließt sie ihren Mund wieder.

Als ich mich umdrehe, entdecke ich Nicolai, welcher zwischen mir und Jimena hin und her sieht und sich anschließend an den Türrahmen der Küche lehnt.

„Ich werde Mal die restlichen Sachen aus dem Esszimmer holen", sagt Jimena an mich gewandt, schnappt sich ein Tablett, welches auf dem Tresen liegt und läuft an Nicolai vorbei aus der Küche.

Ich laufe ebenfalls aus der Küche raus, aber gehe nicht wie Jimena ins Esszimmer, sondern laufe den Flur entlang und die Treppen nach oben.

Nicolai folgt mir stumm.

Oben angekommen laufe ich den Flur entlang und öffnee schließlich eine Tür, die mich in einen großen, hellen Raum befördert, in welchem hohe, nur mit Büchern befüllte, Regalen stehen.

Eine kleine privat Bibliothek.

Ich hab' den Raum vor ein paar Tagen gefunden, als ich mich aus Langeweile hier umgeschaut hatte und mich sofort in ihn verliebt.

Zuhause habe ich viel gelesen und das Zimmer hier ist einfach ein Traum. Auch wenn hier nur alte Bücher stehen.

Ich laufe auf eines der vielen Regale zu und durchstöbere es einbisschen.

Mein Blick bleibt schließlich bei Stolz und Vorurteil hängen.

Grinsend greife ich nach dem Klassiker und laufe damit an Nicolai, welcher die ganze Zeit neben der Tür gestanden und mich beobachtet hatte, vorbei.

Meine Füßen bringen mich runter ins Wohnzimmer, wo ich mich schließlich auf die Couch fallen lasse und das Buch aufschlage.

Morgen komm ich hier weg. Ich weiß zwar noch nicht genau wie, aber ich komme hier weg. Das ist meine Chance und ich werde sie nicht vermasseln. Wer weiß, wann ich hier sonst rauskommen werde oder ob ich hier überhaupt wieder rauskommen werde.

--∆--

A/N:


Ich werde jetzt immer dienstags und freitags ein Kapitel hochladen.

Danke für die 1,1k Reads und die 106 Votes!! :D

Meinung zum Kapitel?

Glaubt ihr, dass Davinas Flucht funktionieren wird?

Würde mich freuen, wenn ihr kommentieren und voten würdet :)

Bis Freitag

{30.03.2021}

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