Jeno
Die Rückfahrt zu fünft in Jaemins Wagen war ziemlich kuschelig, aber eigentlich entspannt. Renjun und Jaemin haben sich über ihren Lehrer aufgeregt, Donghyuck hat mit Mark seine Zeitschrift studiert, und ich habe Pfandflaschen im Fußraum gezählt. Zu den Plastikflaschen (sechs) haben sich noch drei Dosen dazu gesellt. Eine Energy-Dose und zwei zerbeulte Bierdosen.
Wie Renjun und Donghyuck aussteigen, kriege ich gar nicht so wirklich mit. Erst als Mark fröhlich auf meine linke und Jaemins rechte Schulter schlägt, reiße ich meinen Blick los von den Getränkeflaschen. „Renjun und Donghyuck wissen nichts von eurem Deal, oder?", fragt er. Im Augenwinkel sehe ich einen pinken Fleck.
Jaemin umgreift das Lenkrad fester. „Er weiß von unserem Deal?"
„Nur das Gröbste. Versuch du mal, ein Geheimnis vor Mark Lee zu haben!", verteidige ich mich. Der pinke Fleck kommt näher. „Nur das Gröbste?", wiederholt er neugierig. „Ich wette, der weiß so einiges nicht über mich!"
„Ach ja? Ich hab den neuen Boyfriend von Jeno schon überprüft, mein Lieber!"
„Beweis es mir: erste öffentliche Beziehung?"
„Auf Twitter in der siebten mit Jihyo. Laut Instagram hast du vor dem Schulwechsel ein Mädel namens Chaeyoung gedatet."
„Letzte Mathenote?"
„Eine vier. Aber Donghyuck hat unter deinem Tweet kommentiert, der war noch schlechter. Eine fünf."
„Hobbys?"
„Foto-Kurs am Dienstag und so ein Tanzding am Freitagabend. HipHop oder so. Und eben Theater."
„Du bist wirklich gut."
„Danke. Die nächste rechts. Wissen deine Freunde jetzt von fake-nomin?"
„Nein. Und das soll auch so bleiben. Falls ihr euch erinnert: geoutet habe ich mich nur, weil Donghyuck einfach nicht die Klappe halten kann, das soll sich nicht wiederholen."
Er schaut starr vor sich auf die Straße und ich will mir gar nicht vorstellen, was loswäre, wenn Mark herumposaunen würde, dass ich schwul bin. Gut, bei mir würde das sicher niemanden interessieren, aber Jaemin war bei seinem Outing einer der beliebtesten Jungs an der Schule. Ist er immer noch.
Ich blende die Stimmen der zwei Menschen aus, mit denen ich mein letztes Jahr an der Schule verbringen werde. Mark und Jaemin quatschen angeregt über Lehrer, Gerüchte und bestimmt wird mein bester Freund auch eine peinliche Kindergeschichte von mir los – die hat Eomma ihm schon alle geschildert, und ich habe das Gefühl, die beiden kommen ganz gut zurecht. Zumindest vor mir wirken sie ziemlich friedlich.
„Da links und dann sind wir schon da. Und vielleicht könntest du dafür sorgen, dass deine Bewunderer Jeno in Frieden lassen? Die bezeichnen ihn schon als ‚durchtrainierten Weiberheld' und ‚blauhaarige, atemberaubende Persönlichkeit'. Oder als ‚Chemiegenie mit interessantem Aussehen'. Und das ist gruselig. Jeno ist vieles, aber kein Genie oder ein Weiberheld. Und atemberaubend oder interessant ist er auch nicht."
„Äh, danke?"
Ohne auf meinen Einwurf zu reagieren, lenkt Jaemin den Wagen in eine Einfahrt. „Oh, das tut mir leid. Aber wenn man so in der Öffentlichkeit steht wie ich, dann kann man sich das nicht aussuchen." Sein entschuldigender Blick trifft mich und Mark schnallt sich ab. „Also Jaemin: sei artig in Jenos Haus. Und pinkel nicht an den Briefkasten!"
Er zwinkert mir zu, was ich mit einem missbilligenden Blick beantworte. „Ich kann mein Revier auch anders markieren." Er zwinkert noch einmal.
"In vielen fiktiven Nomin-Geschichten mag Jeno keine Flecken auf der Haut, frag ihn mal."
Irritiert dreht sich Jaemin zu meinem besten Freund um. "Du hast Fanfictions gelesen?"
„Nur überflogen. Gibt ein paar auf Wattpad."
„Oh Gott."
"Wundert dich das etwa?"
„Ich sollte gehen", bemerkt Mark und öffnet die Autotür. „Danke fürs Mitnehmen. Und nimm Jeno nicht zu hart ran, Jaemin, er ist-"
„Es reicht! Tschüss, Mark!"
Die Flasche, die ich nach dem Pinkhaarigen geworfen habe, rollt nun auf dem leeren Rücksitz hin und her. „Hättest du halt eine Bierdose genommen", murmelt Jaemin und legt den Rückwärtsgang ein. „Am Ende hätte das Blutspritzer gegeben."
„Ich glaube, die wären in dieser Karre hier nicht aufgefallen."
„Wenn du meinst. Dann nächstes Mal."
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cheese [nomin]
Fanfiction„Wir sehen uns später, Jaemin." „Bis dann. Willst du noch einen Kuss?" „Übertreib's nicht, Alter." „Sei froh, dass ich dir noch keinen Kosenamen gegeben habe." „Fick dich." „Fick dich selbst."