72

34 8 0
                                    

Jeno

„Ja, war nichts Dringendes... Ja... Dann mach dir einen schönen Abend mit Renjun und Donghyuck." Während ich telefoniere, beobachte ich semi-aufmerksam, dass Daegal nichts Verbotenes tut. Es ist vier Uhr nachmittags, und Mum hat mich überzeugt, dass ich zu Fuß zu Chenle gehen kann. Mit Daegal, ihrem Futtersack und einer Hand voll Leinen über der Schulter.

Hoffentlich begegnet mir keiner.

„Nein, ich bringe Daegal gerade nach Hause." Das weiße Fellknäuel springt energiegeladen aus einem Busch und ich vergrabe meine freie Hand in der Hosentasche. Wo zieht die Hündin die ganze Energie her? Es ist kalt, es ist unfassbar windig und der Himmel ist grau. Trostlos grau.

Jaemin erzählt freudig, dass sie den Filmabend später schon ewig planen – das hat er mir eigentlich schon fünf Mal erzählt. „Dann viel Spaß. Wir sehen uns morgen, Jaemin." Ich lege auf und stöpsele sofort meine Kopfhörer an. Der Weg zu Chenle ist lang und ich hätte das Rad mitnehmen sollen, aber der blöde 3-Kilo-Sack Trockenfutter lässt sich schon zu Fuß nur schwer transportieren.

Das zweite Lied hat nicht einmal ganz angefangen, da hält ein Fahrrad mit flackernden Lichtern und zum Großteil abgeblätterten Lack neben mir. Das Quietschen der Bremsen höre ich sogar durch meine Kopfhörer laut und deutlich. Ich packe sie weg und linse nach links.

„Hallo Jeno! Was für ein Zufall!"

Minhee lächelt breit und hebt eine Hand. Mark hat sie gestern spontan zum Essen mitgebracht und den ganzen Abend war sie unser Gesprächsthema Nummer 1. Eomma und ich wollten jedes Detail über das unscheinbare Mädchen wissen, welches mir auf der Party viel arroganter vorgekommen ist. Aber Minhee ist wirklich total lieb und witzig, und wir haben uns sofort blendend verstanden.

Ich grüße lächelnd zurück und bleibe stehen, während sie vom Rad absteigt und es neben mich schiebt. „Was machst du denn hier?", frage ich. „Ach, ich war gerade noch bei meinem Großvater. Der hat einen Kaktus in seiner Gärtnerei, der Mark bestimmt gefallen wird. Und du bist freiwillig draußen? Bei dem Wetter?" Sie lacht und wir scherzen eine Weile, bevor ich ihr erkläre, wo ich hinwill.

Sie beschließt, mich zu begleiten, und wir ratschen weiter, während sie ihren Drahtesel schiebt und ich ab und zu dem weißen Vierbeiner pfeife. Und irgendwie kommen wir auf Mark. „Weißt du, ich hab Angst, dass ich ihm nicht gut genug bin", gibt sie leise zu und starrt auf ihre Füße.

„Das Gefühl kenne ich", entgegne ich. „Aber Mark ist so ein lieber Mensch. Wir sind seit über acht Jahren befreundet und gerade momentan habe ich das Gefühl, dass er sich viel schneller weiterentwickelt. Ich meine, er hat jetzt eine Freundin." Ich lache rau. „Du hast doch auch eine Beziehung!", wendet sie ein und ich bejahe leise und langsam.

„Was ich damit sagen will: Bei Mark hat man schnell das Gefühl, nicht mehr in zu sein. Aber er ist der treueste Kerl, den ich kenne." Nach einer kurzen Pause, in der ich sie betrachtet habe, füge ich hinzu: „Und du bist cool." Sie lacht verlegen auf und fährt sich durch die Haare.

„Mark schwärmt von dir, seit er dich kennt."

„Mark schwärmt von dir, seit ich ihn kenne!"

„Na siehst du. Und wir sind beide noch da", sage ich möglichst aufmunternd. Kurz schweigen wir. „Wir sind da. Da ist Chenles Haus." Minhee nickt, lächelt. „Dann gehe ich lieber mal. Danke, Jeno."

Wir umarmen uns kurz und sie verschwindet, steigt auf ihr Fahrrad. Ich sehe ich hinterher, dann trete ich den kleinen Pfad zu Chenles Haustür an. Daegal kennt das Terrain und bellt schon seit einigen Straßen freudig.

cheese [nomin]Where stories live. Discover now