Jeno
„Also, was wolltest du gestern?" Jaemin stiert in seinen Kaffee, den ich ihm wie ein guter Gastgeber gegeben habe. Erst sagt er nichts, dann kommt ganz leise: „Also, ähm,..." Ich schnaube. „Na Jaemin druckst herum, wo gibts denn sowas? Spuck's schon aus!"
„Hab ich dir je von meinem Vater erzählt?" Ich sage nichts und warte geduldig, bis er fortfährt. „Wir stehen uns nicht besonders nahe. Er behandelt mich nicht wie seinen Sohn. Nicht mehr." Fragend drehe ich den Kopf zu ihm. „Nicht mehr?" Er lächelt traurig und schüttelt den Kopf. „Du musst erstmal zu Kräften kommen. Da brauche ich dich jetzt nicht auch noch belasten", sagt er.
„Haaase", quengele ich. „Du kannst mir sagen, was los ist. Das tun Freunde schließlich." Ich stoße ihn in die Seite. „Freunde?", wiederholt er zögernd. „Ein Paar sind wir nun wirklich nicht", erkläre ich, „aber ich kann dich trotzdem besser leiden als früher." Er grinst.
„Mein Vater und ich, wir waren noch nie wirklich eng miteinander. Solange ich in seinen Augen akzeptabel war, hat er mich geduldet. Das hat sich mit meinem Outing in der Familie schlagartig geändert." Er seufzt und ich denke an damals zurück. Jaemins Outing an der Schule war am selben Tag gewesen wie zuhause. Jisoo hätte es sowieso erzählt, hat Mark damals gesagt.
„Wir hatten keine Bindung mehr, nicht einmal einen Grund zu reden. Naja und seitdem ist er nie zuhause und wenn doch, dann fragt er ausschließlich nach Jisoos Noten und Jaehyuns Ferienjobs. Ich bin nicht wichtig." Obwohl es sich echt seltsam anfühlt, lege ich einen Arm um ihn. So etwas muss verdammt schwer sein und wer weiß, wäre ich mit Vater aufgewachsen, hätte der bei meinem Outing womöglich ähnlich reagiert.
„Und da kommst du ins Spiel." Jaemin hat sich ein wenig an mich gelehnt. „Jaehyun hat mi-" Er kommt nicht weiter da klingelt es. „Alter, bist du fame", kommentiert er und ich stehe auf. Auf dem Weg zur Tür strecke ich ihm den Mittelfinger hin. Ich reiße die Tür auf – für Mark ist es zu früh und Eomma arbeitet noch, ist bestimmt nur der Postbote.
„Hyejin, hallo", sage ich perplex. Vor mir steht mit einem großen Blech die beste Freundin von Mum und sie lächelt. „Jeno! Wie schön, dich zu sehen! Yongsun hat erzählt, dass du krank bist, wie geht es dir?" Ich öffne die Tür noch ein Stück. „Wieder besser, danke. War nur eine Erkältung. Willst du reinkommen?" Erst zu spät erinnere ich mich daran, dass Jaemin in meinem Wohnzimmer sitzt.
„Ich muss gleich weiter, aber danke", sagt sie zu meiner Erleichterung, doch dann: „Aber ich würde das kurz in eurer Küche abstellen. Ich habe Nussecken gebacken, die magst du doch so." Ich nicke lächelnd und Hyejin tritt ein, läuft den Flur entlang zur Küche und nicht wie befürchtet durchs Wohnzimmer.
Sie stellt das Kuchenblech ab und wirft einen Blick auf die Kaffeemaschine. „Ich glaube, für einen schnellen Kaffee habe ich doch Zeit. „Ist gut." Ich schenke uns schnell einen ein. „Soll ich schonmal ins Wohnzimmer gehen?" Ich gebe ein abwesendes „Mhm" zurück und realisiere zu spät, dass Jaemin da sitzt. Mit zwei Kaffeetassen.
Doch als ich Hyejins Tasse ins Zimmer trage, sitzen die beiden friedlich zusammen und lächeln zufrieden. Beide zwinkern mir zu, allerdings vermutlich aus verschiedenen Gründen. „Oh, das hatte ich vergessen" – peinlich berührt kratze ich mich am Kopf – „Jaemin, das ist Mums beste Freundin. Hyejin, das ist Jaemin, er ist..."
„Dein Freund, wir haben uns schon kurz vorgestellt. Yongsun hat immer so von dir geschwärmt, Jaemin!" Der dunkelhaarige Junge winkt verlegen ab und streckt mir meine Tasse hin. Seine eigene ist noch halbvoll. Ich fülle meine Tasse auf und kann die beiden reden und lachen hören. Wie schafft Jaemin es eigentlich, jeden Einzelnen sofort um seinen Finger zu wickeln?
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cheese [nomin]
Fanfiction„Wir sehen uns später, Jaemin." „Bis dann. Willst du noch einen Kuss?" „Übertreib's nicht, Alter." „Sei froh, dass ich dir noch keinen Kosenamen gegeben habe." „Fick dich." „Fick dich selbst."