Rosenquarzrosa

Kapitel 34

Raphael: Ich bleibe trotzdem bei ihr stehen, denn sie ist ziemlich blass geworden und ich habe Angst, dass sie bald umkippt. Sicherheitshalber zeige ich Leslie, dass sie ihr meine Nichte abnehmen soll, welche es auch sofort zulässt.

Ich möchte mir gar nicht vorstellen, was Gwenny gerade fühlt und was sie durchmacht. Immerhin fällt es mir schon schwer, meinen Bruder so zu sehen, aber wenn es sich um deine große Liebe handelt? Wenn es hier um Leslie gehen würde, ich könnte wahrscheinlich nicht mehr und wäre schon lange zusammengebrochen. Doch Gwendolyn bleibt stark, schon allein wegen ihrer gemeinsamen kleinen Tochter. Sie hat trotzdem auch sehr wenig in den letzten Tagen geschlafen, gegessen oder getrunken, da wäre es kein Wunder, wenn sie umkippt.

"Was ist passiert?", nimmt Gideon das Gespräch wieder auf, nachdem er das gesagte verarbeitet hat. Hilfesuchend sieht sie mich an, doch sie muss von der Himmelskuppel anfangen und was es damit auf sich hat, weiß ich leider nicht.
Ich schenke ich ein aufmunterndes Lächeln, sie seufzt und fängt an: "Du warst damals derjenige, der mich nach meinem Sturz gefunden und mich gerettet hat. Falk und Dr. White wollten die Prophezeiung erfüllen lassen, doch du hast das nicht zugelassen und mich vor dem Tod gerettet. Als es mir dann besser ging, hast du mich auch auf den Abschlussball begleitet."
Nun mischt sich auch meine Freundin mit ein: "Ihr zwei habt so wunderschön getanzt und dort hat ihr euch auch das erste mal geküsst, genau unter dem Blütenkonfetti. Es war so romantisch!"

Und so erzählten wir abwechselnd über die vergangen drei Jahre, während mein Bruder aufmerksam zuhört. Ich weiß nicht wirklich, was dabei in ihm vorgeht, doch in seinem Blick sehe ich Verblüffung, Verwirrung, Wut und Liebe.

Während der Erzählung merke ich, dass Gwenny einzelne Tränen über die Wange kullern, die sie sofort wieder weg wischt und so tut, als wäre nichts geschehen. Außerdem ist sie bei den Erzählungen bleicher geworden, wahrscheinlich, weil die Erinnerungen für sie immer noch schmerzhaft sind und ich hatte vorhin mit meiner Vermutung recht, denn genau in diesem Moment kippt sie auf einmal um und ich kann sie gerade noch auffangen.

"Gwen", höre ich meinen Bruder und Leslie wie aus einem Mund ausrufen und nehmen besagte Person aus ihrem Rollstuhl, dann trage ich sie in ihr Bett.
"Ich hole ihr etwas zum Essen und Trinken, das hat sie die letzten Tage schon fast nicht. Möchtet ihr auch etwas?"
Beide schütteln den Kopf und ich nicke: "Schatz, erzähl ruhig weiter, das war wahrscheinlich auch alles zu viel für sie."
Diese nickt, sieht trotzdem ihre beste Freundin besorgt an und ich schlage vor: "Gib mir Lydia und kümmere dich lieber um Gwenny. Ich werde mit meiner Nichte schon fertig."

Ich nehme ihr Lydia ab und kitzle sie einmal durch, dann verlasen wir das Zimmer und besorge ihrer Mutter etwas richtiges in der Cafeteria zum Essen.

Gideon: Als mir Leslie die Geschichte dann fertig erzählt hat, stockt mir der Atem.

Besorgt sehe ich zu Gwen, die immer noch blass und schlapp in ihrem Bett liegt. Am liebsten würde ich aufstehen und sie einfach in den Arm nehmen, doch ich traue weder meinem Kreislauf noch meinen Beinen das hinzubekommen.

Raphaels Freundin, wie ich mittlerweile erfahren habe, bemerkt meinen Blick und ich sehe, dass sie genauso besorgt ist wie ich. Meine Freundin sieht schlecht aus, abgemagert und völlig geschafft. Nur zu gerne würde ich ihr jetzt Ruhe gönnen und sagen, dass sie aufatmen kann, dass alles vorbei ist, doch so ist es nicht.

Ich habe die letzten 3 Jahre und somit hauptsächlich die Jahre unserer Liebe vergessen. Den Schmerz, die Trauer, die Freude und all die Gefühle habe ich vergessen und ich hoffe sehr, dass meine Erinnerungen wieder kommen. Zwar habe ich die Jahre mit ihr vergessen, doch meine Gefühle für sie sind immer noch vorhanden  und so stark wie bei unserem ersten Blick. Sie hat mich verzaubert, in ihren Bann gezogen und ich würde alles dafür tun, sie immer beschützen.