Kapitel 38

40 0 0
                                    

Gideon: Ich finde es schon etwas seltsam, dass Lucy und Paul so freundlich und außerdem die Eltern meiner Liebe meines Lebens sind. Diese Information hat mich ziemlich umgehauen, denn schließlich sind wir dann irgendwie verwandt und Falk ist ihr Onkel, da Paul ja sein Bruder ist. Ob meine Freundin das weiß? Sie unterhalten sich gerade über Grace und da ich eh nicht mitreden kann, versinke ich in Gedanken. Irgendwie kann ich jetzt auch verstehen, wieso sie damals auch bei dem ungewollten Treffen im Haus von Lady Tilney so aufgelöst waren. Dort haben sie zum ersten Mal ihre 16 jährige Tochter wieder gesehen. Die beiden tun mir im Moment auch leid, aber er erinnert mich auch alles zu sehr an meine eigene Jugend. Das hängt mir alles noch ganz schön nach und ich denke, ein besuch bei meiner Mom würde da helfen, aber ich kann ihr das einfach nicht verzeihen. Sie ist ebenfalls ein Grund dafür, dass ich keine normale Kindheit hatte, habe mich immer dafür verantwortlich gemacht, dass sie fort wollte und mich nicht liebt. Natürlich liebt sie mich und ich kann sie verstehen, dass sie hier weg wollte, doch mich einfach so als kleinen Jungen bei der Loge zu lassen, da ist es doch vollkommen klar, dass ich den Hirngespinsten der Loge ausgeliefert bin. Plötzlich spüre ich Gwennys Hand und sehe sie fragend an. "Sorry, ich war in Gedanken", entschuldige ich mich. Die anderen nicken nur und Lucy frägt: "Alles gut. Woran hast du denn gedacht? Es scheint dich ziemlich mitzunehmen." Überrascht sehe ich sie an, denn das klang wirklich nach einer fürsorglichen Mutter. "Nicht so wichtig", möchte ich ablenken, aber die wartenden Blicke lassen mich antworten: "Ich musste an vorhin denken, das Telefonat geht mir einfach nicht aus dem Kopf." Meine Freundin nickt traurig und drückt aufmunternd meine Hand, während ihre Eltern uns nur verwirrt ansehen. Dieser Blick entlockt mir kurz ein Schmunzeln, dann werde ich wieder Ernst und erkläre: "Meine Mutter hat mich vorhin angerufen und das Gespräch hat mich ziemlich aufgewühlt." "Möchtest du ihr Angebot annehmen? Ein Besuch würde euch beiden bestimmt gut tun und dort können wir ein wenig Urlaub machen, dann kannst du dich in Ruhe erholen", schlägt sie vor und erwidert in Richtung in ihrer Eltern: "Selina hat uns eingeladen, sie in Paris zu besuchen." "Aber das ist doch gut, oder nicht?", möchte Paul wissen. "Ich weiß nicht", gebe ich ehrlich zu. "Willst du ihr nicht doch nochmal verziehen? Ihr jedes Mal Vorwürfe zu machen, ändert deine Kindheit auch nicht und auch wenn es für dich schwer war, man konnte ihr ansehen, dass es ihr damit nicht anders geht. Ich denke, sie macht sich deswegen auch Vorwürfe und möchte wieder Kontakt zu dir haben", erzählt mir meine Freundin ihre Meinung. "Ja, aber das macht sie auch zurecht. Ich kann ihr das einfach nicht verzeihen und vergessen schon gar nicht." "Irgendwie hatte  es doch auch etwas positives, sonst hätten wir beide uns gar nicht kennen gelernt", antwortet Gwen jedoch lächelnd und dagegen weiß ich nichts einzuwenden.

Paul: Ich verstehe hier gar nichts mehr, aber man kann Gideon ansehen, dass er unsere Tochter liebt. Auch wenn er die vergangenen Jahre vergessen hat, bin ich mir sicher er würde immer noch sein Leben geben um sie und ihre gemeinsame Tochter zu beschützen. Als Gwenny nun sagt, dass es etwas positives hatte und sie sich so kennen gelernt haben, ist er sprachlos und scheint über ihre Worte nachzudenken. Er seufzt daraufhin, nickt und erwidert: "Du hast ja Recht, ich muss mich endlich mal mit ihr aussprechen. Aber sag mal, weiß sie eigentlich von Lydia?" Sie schüttelt den Kopf: "Ich habe sie vorhin zum ersten mal gesehen und so wie sich euerer Gespräch angehört hat, hast du ihr nichts gesagt. Wenn dann Raphael, aber sie hat nicht gewirkt, als ob sie von ihr wissen würde." Anscheinend hat Gideon kein gutes Verhältnis zu seiner Mutter, da ist irgendwas in seiner Kindheit vorgefallen, das er nicht hinter sich lassen kann. Gwen sieht ihn wieder mitleidig an und sagt: "Selbst wenn es mit euch beiden nicht funktioniert, können wir immer noch zurückfahren und du bist nicht mehr alleine. Uns wirst du nicht mehr los, dass kannst du vergessen!" Der letzte Satz brachte ihn zum Lächeln und er nickt wieder. Als die beiden dann endlich unsere verwirrten Blick sehen, erzählt uns Gideon die ganze Geschichte: "Meine Mutter ist zusammen mit meinem Bruder und ihrem neuen Freund nach dem Tod meines Vaters nach Paris gezogen und hat mich mit 12 Jahren allein in der Loge gelassen. Ich war oft ziemlich einsam, sie hat sich nur selten gemeldet und kein einziges Mal besucht. Durch das Gen konnte ich damals nicht mit auswandern und sie hat mich einfach zurückgelassen. Jetzt hat sie sich, nachdem sie das mit dem Koma erfahren hat, bei mir gemeldet und tut auf gute Mutter, möchte uns zu sich einladen, um uns mal wieder zusehen und unsere Freundinnen kennen zu lernen." "Moment mal, deine Mutter hat dich mit 12 alleine in London, bei der Loge gelassen? Hat den Kontakt fast ganz abgebrochen und möchte dich nun öfter sehen?", wiederholt meine Frau geschockt und daraufhin muss Gwenny plötzlich lachen. Wir drei sehen sie verwirrt an, doch sie kann anscheinend nicht anders und erklärt dann, als sie sich ein wenig beruhigt an: "Man merkt tatsächlich, dass ich euere Tochter bin. Als ich damals davon erfahren habe, habe ich genauso reagiert und das gerade einfach selbst zu sehen,...! Es tut mir leid, ich wollte nicht lachen." Es liegt wahrscheinlich auch an ihren Hormonen, sie ist ja immerhin wieder schwanger. Ob sie Gideon schon davon erzählt hat? Ich denke nicht, immerhin müssen sie ihn ja gerade erstmal auf den neuen Stand bringen und auch für sie ist es nicht gerade einfach. Nun fangen wir drei aber auch zu lachen an, unsere Tochter steigt mit ein und schon war die trübsinnige Laune wie weggeblasen. Gideon hielt sich beim Lachen den Bauch, er hat augenscheinlich Schmerzen und ist genauso ein Sturkopf wie Gwen, also möchte er stark wirken und lässt sich nichts anmerken.

Gwendolyn: Ich freue mich, dass Gideon wieder gute Laune hat und auch mit meinen Eltern reden kann. Irgendwie hatte ich Angst, dass er sie immer noch als Feine betrachtet, doch er hat mich überrascht. Wir reden noch eine ganze Weile, bis unsere Zeit dann leider wieder um ist. Ich verabschiede mich von den beiden mit einer Umarmung, während Gideon etwas unbeholfen die Hand gibt. Meine Mutter zieht ihn natürlich sofort in eine Umarmung und er lässt es auch zu, doch bei Dad bleibt es beim Handschlag. Ihr Verhältnis hat sich schon wesentlich verbessert, aber trotzdem sind sie nicht die besten Freunde. Ich winke nochmal zum Abschied, dann bin ich wieder in der Gegenwart. Gideon taucht keine Minute später hinter mir auf und wir schleichen zurück in das Krankenhaus, da er ja eigentlich noch nicht laufen soll. Bei diesem Gedanken stiehlt sich ein Grinsen auf mein Gesicht und erkläre meinem Freund meine Gedanken auf seinen verwirrten Blick hin: "Ich habe mir gerade vorgestellt, wie es wäre, wenn wir einfach so in das Krankenhaus hineingehen und als Erklärung sogar die Wahrheit mit dem Zeitreisen sagen. Danach untersuchen sie uns beide am Kopf und wir enden in der Klapsmühle." Ich sehe, wie auch Gideon grinsen muss und wir kommen gerade an seinem Zimmer an. Wir gehen auch gleich rein, wo wir mit einem freudigen "Mummy, Daddy", begrüßt werden. Sofort nehme ich meine kleine Maus auf den Arm, doch sie möchte augenscheinlich nicht zu mir und so gebe ich sie ihrem Vater, nachdem er es angeboten hat. Diese quickt freudig auf, denn sie hat ihren Dad genauso vermisst wie ich und beruhigt sich auch sofort bei ihm. Sie schmiegt sich eng an seine Brust und auch er wirkt auf einmal ganz entspannt und sieht so verträumt aus, dass mir bei diesem Anblick mein Herz aufgeht. Ich begrüße schnell Raphael und bedanke mich nochmal bei ihm, dass er auf sie aufgepasst hat. "Ist doch klar. Aber wieso hat mein Bruder vorhin mit Mom telefoniert?", möchte er von mir wissen. Ich sehe nachdenklich zu ihm und bevor ich ihm antworte, möchte ich von ihm wissen: "Hast du ihr eigentlich von Lydia erzählt?" "Nein, ich dachte, dass solltet lieber ihr machen. Wieso?" "Sie hat uns vier, also dich, Leslie, Gideon und mich nach Paris eingeladen und da haben wir uns das eben gefragt", kläre ich ihn auf, doch er sieht mich nur entgeistert an. "Was er entscheiden wird, dass musst du schon ihn fragen, aber ich denke er hat eingesehen, dass es zwischen den beiden so nicht weiter gehen kann", antworte ich ihm. "Wie geht es dir, Bruderherz?", wendet sich Raph nun auch an ihn. "Mir geht es gut", erwidert Gideon, der seine Tochter ganz vernarrt anhimmelt. "Wart ihr wieder im Park spazieren?", möchte er mit einer Spur Sorge in der Stimme wissen. "Ja, wir waren im Park, aber wir haben auf einer Bank gesessen und uns mit meinen Eltern unterhalten. Er hat sich nicht angestrengt", versichere ich ihm schnell und er atmet erleichtert auf. 

RosenquarzrosaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt