Kapitel 39

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Gideon: Als ich den beiden bei dem Gespräch zuhöre, muss ich grinsen. Raphael macht sich viel zu schnell immer viel zu viele Sorgen, das muss er sich mal abgewöhnen. Aber ich passe gar nicht wirklich auf, viel zu sehr bin ich auf meine Tochter fixiert. Sie ist wunderschön, Lebensfreudig und einfach nur glücklich, unbeschwert. Womit ich dieses Glück verdient habe, so eine tolle Frau an meiner Seite und so eine wundervolle Tochter mit ihr zu haben, weiß ich nicht und doch bin ich einfach nur dankbar dafür. Mittlerweile habe ich mich wieder hingelegt, denn stehen wird auf die Dauer dann doch anstrengend. "Was hat Mom gesagt?", möchte mein Bruder nun genauer von mir wissen. "Nicht viel", sage ich schlicht: "Wir haben uns wieder gestritten und sie hat uns nach Paris eingeladen. Sie hat Urlaub und wir können so lange bei ihr bleiben, wie wir wollen." Ich höre selbst, wie abfällig ich klinge und diesmal war das gar nicht beabsichtigt. "Wirst du hingehen?", frägt er mich vorsichtig und ich sehe ihn nachdenklich an. Ich habe noch nie wirklich daran gedacht, wie es ihm mit den Streitereien mit Mom geht. "Ich weiß es nicht", seufze ich: "So kann es auch nicht ewig weiter gehen." "Werdet ihr Mom von ihrer Enkelin erzählen?", stellt er eine entscheidende Frage. Also weiß sie wirklich nichts von unserer kleinen Prinzessin. "Ich denke, dann haben wir eine Überraschung dabei, wenn wir sie tatsächlich besuchen", antworte ich achselzuckend, während ich Gwenny mustere. Sie nickt zustimmend und lächelt mich aufmunternd an. Nur wegen ihr ziehe ich den Besuch in Erwägung und sie weiß, dass ich ihr einfach nichts abschlagen kann. "Ich hoffe sie hat genug Platz", frage ich ihn. "Oh ja, den hat sie", antwortet mein Bruder und für einen kurzen Moment werde ich wieder wütend, beruhige mich dann aber schnell und sehe die beiden abwartend an, als es an der Tür klopft und Leslie eintritt. "Oh, störe ich gerade?", fragt sie unsicher. "Nein, nein. Komm ruhig rein", beruhige ich sie und sie tritt nun endlich ganz in den Raum ein. "Wie geht es dir?", möchte sie sofort wissen und so langsam geht mir diese Frage auf die Nerven. "Mir geht es gut", antworte ich. Gwenny sieht mich abwartend an, ich seufze und erzähle ihr auch die Geschichte mit Mom, zumindest das sie uns nach Paris eingeladen hat. Raphael hat ihr wahrscheinlich schon davon erzählt und ich möchte das nicht immer und immer wieder tun müssen. "Wow, ich würde mich freuen. Wann würden wir denn gehen?", freut sie sich. "Wann es euch passt", erwidere ich und gebe so mein Einverständnis für den Besuch. Die anderen sehen mich überrascht an und Leslie erzählt: "Nächste Woche geht es nicht, da haben wir ja das Klassentreffen." "Klassentreffen?", frage ich interessiert. Gwenny erklärt: "Nächste Woche veranstalten wir ein Klassentreffen, doch ich denke nicht, das ich da hingehen werde." "Was, wieso nicht?", ruft ihre beste Freundin daraufhin geschockt aus, doch Gwen sieht sie einfach nur an und Leslie nickt schließlich ergeben. Was ist gerade passiert? 

Gwendolyn: "Wieso möchtest du da nicht hin?", möchte Gideon nun von mir wissen. Ich sehe ihn eine Weile nachdenklich an, dann erwidere ich: "Das ist gerade nicht wichtig. Alle die Personen, die ich aus der Schulzeit wiedersehen möchte, sehe ich fast täglich und so ist es nicht tragisch, wenn ich nicht komme." Ich hoffe so, dass er das Thema jetzt ruhen lässt, doch natürlich tut er dies nicht. "Klassentreffen sind doch das beste. Ihr erinnert euch gemeinsam an euere Zeit in der Schule und unterhaltet euch über euere jetzigen Leben, was ihr erreicht habt und was euer Ziel fürs Leben ist", erklärt er mir. "Kann schon sein, aber ich habe sowieso nicht wirklich Lust darauf. Alles was ich erreicht habe, darf ich niemandem erzählen und ich möchte nicht schon wieder als schwarzes Schaf und größten Tollpatsch behandelt werden." "Doch, du gehst da hin und Lydia und ich kommen mit. Leslie kommt doch bestimmt auch, dann wird es nicht so langweilig und wir können dann gehen, wenn du möchtest", beschließt er kurzerhand. Ich sehe ihn gequält an, doch er erwidert nur: "Du warst genauso hartnäckig mit der Reise nach Paris, also wirst du das wohl auch durchziehen müssen." Sein Blick duldet keinen Widerspruch und einen kurzen Moment muss ich an unsere gemeinsame Vergangenheit denken, dann gebe ich schließlich auf, da das so nichts bringen wird. "Möchtest du einen kleinen Ausflug machen?", wechsle ich schnell das Thema und die anderen sehen mich verwirrt an: "Naja, ihr beide passt doch bestimmt noch kurz auf Lydia auf und ihr könnt euch in Ruhe mit den Einzelheiten der Reise auseinander setzen. Ben meinte, du warst gerne im Ärztezimmer und ich wollte mit dir mal da hingehen, vielleicht kommen ja ein paar Erinnerungen zurück." Alle sind damit einverstanden und Gideon setzt sich nun ebenfalls in einen Rollstuhl, er soll ja eigentlich noch gar noch nicht aufstehen. Gemeinsam fahren wir dann in Richtung besagtes Zimmer, klopfen kurz und ich öffne die Tür. Gespannt treten wir beide ein, denn ich habe es ja auch noch nie gesehen. Es ist ein nicht sehr großer Raum, der in einem schlichten Weiß gestrichen ist. An der linken Wand steht eine kleine dunkelgraue Küche, mit Kaffeemaschine und Backofen, rundherum zieren sich Schränke. Auf der gegenüberliegenden Seite steht ein kleiner Runder Tisch, der mit einer wunderschönen Holzplatte bedeckt ist und dort finden mindestens 6 Personen Platz. Gegenüber der Tür ist ein Sofa, dass ebenfalls Grau, aber mit weiß, goldenen Kissen verziert ist. Alles zusammen ist perfekt farblich abgestimmt und es wirkt sehr einladend. Ich sehe zu meinem Freund, der in sich gegangen zu sein scheint und ich frage mich, ob er gerade Erinnerungen durchlebt. Auf einem der Stühle sitzt Ben und Vivienne, die uns gespannt mustern. Ich begrüße die beiden und fangen sachte ein Gespräch mit den beiden an. "Habt ihr viel zu tun?", möchte ich von den beiden etwas unbeholfen wissen. "Nein, es geht schon. Klar müssen wir seine Stunden abfangen, aber solange es ihm bald besser geht ist das egal. Er soll sich lieber etwas erholen", winkt Vivienne ab.

Ben: Ich bin wenig überrascht meinen Kumpel zu sehen, immerhin klammert sich seine Freundin an jeden Funken Hoffnung. Das ist natürlich nachzuvollziehen, aber sie sollte ihm auch etwas Zeit geben und ihn nicht aufgeben, sondern unterstützen. Er allerdings scheint wie in sich gegangen zu sein, als würde er gerade echt irgendwelche Erinnerungen durchleben und ich bin gespannt, was er erzählen wird, wenn er wieder richtig zu sich kommt. Gwendolyn möchte sich die Zeit etwas vertreiben, weswegen sie frägt, ob wir viel zu tun haben. Tatsächlich haben wir das, aber Gideon soll sich lieber in Ruhe erholen, da hat meine Kollegin schon recht. "Wie geht es dir denn mit dieser ganzen Situation?", frage ich sie vorsichtig, da eine peinliche Stille entstanden ist. "Ich bin ein bisschen äh aufgewühlt deswegen, aber das wird schon wieder", redet sie mehr sich selbst gut zu als mir zu antworten. Sie tut mir im Moment mega leid, sie hat es auch nicht einfach. "Gefällt Ihnen ihr Beruf?", wechselt sie auch gleich das Thema. "Ja, es macht sehr viel Spaß, außerdem ist es sehr lehrreich. Hier wird dir erst richtig bewusst, dass du für einen Menschen die Verantwortung trägst und du ihm helfen kannst. Man fängt an, das Leben richtig zu genießen und die Leute die man liebt richtig wertzuschätzen", erkläre ich ihr lächelnd, denn das erinnert mich ein bisschen an Gideon. Er wollte immer lieber zu ihr nach Hause, als mit uns noch etwas trinken zu gehen. "Sie drei mögen sich oder?", frägt sie weiter. "Ja, er ist ein guter Freund von uns. Er hat immer ein offenes Ohr und macht seinen Beruf echt gut. In ihm habe ich einen meiner besten Freunde gefunden", erzähle ich ihr ehrlich. "Ich auch in dir, auch wenn du manchmal eine ganz schön große Klappe hast", kommt es nun Grinsend von Gideon. Durch das Gespräch habe ich gar nicht mitbekommen, wie er wieder zu uns in die Realität gekommen ist und uns zugehört hat. "Das stimmt doch gar nicht", protestiere ich gespielt beleidigt. "Ach so? Das warst also nicht du, der in die Notaufnahme gerannt ist und geschrien hat, hier komme der Lebensretter?", möchte er neckend wissen. "Du erinnerst dich?", frage ich ihn verwundert. "Ja, wir waren oft zusammen hier gesessen und haben uns über alles mögliche unterhalten oder ich war auch einfach mal nur nachdenklich auf dem Sofa gesessen", erklärt er mir seine Erinnerungen. "Und hast deinen Ring angestarrt. Du hast mir immer noch nicht gesagt, was er bedeutet", erinnere ich ihn interessiert. "Das kann ich dir leider nicht sagen, sonst lande ich in der Klapsmühle", sagt er grinsend und seine Freundin fängt zu lachen an. "Also hattest du den gleichen Gedanken wie ich?", erwidert sie lachend. "Vielleicht", sagt er ausweichend, muss dann aber auch lachen. Ich verstehe nur Bahnhof, aber ich freue mich beide wieder so ausgelassen zu sehen und genieße den Moment einfach. Trotzdem steigt die Neugier in mir auf und ich würde ihm am liebsten ausgequetscht, aber er hat ein Recht auf Geheimnisse vor uns. 

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