Im Schneidersitz hockten wir auf meinem Bett.
Zwischen uns die riesige Tüte Kaubonbons, die Lu in ihrem letzten Springen bekommen hatte.
Sie hatte gewonnen.
Mit dem zickigen Pferd.Und bei jedem Hindernis hatte ich vor Schreck den Atem angehalten, denn dagegen waren die vorherigen Prüfungen Pipifax gewesen. Die Sprünge waren gefühlt größer als ich und Luises Tempo... puh, davon wollte ich garnicht erst anfangen.
Als wir dann schließlich wieder in Ferse angekommen waren, waren wir beide mit Klamotten in das kleine Planschbecken hinter der Reithalle gesprungen.
Ben hatte uns verflucht, weil das halbe Wasser dabei raus gespritzt war, aber das war es wert gewesen. Immerhin mussten wir dann nicht mehr im eigenen Dunst vor uns hin müffeln.
Jetzt trug ich eine saubere kurze Hose und ein weites Shirt von Luise.
Es war Abend und eigentlich hatte sie mich nur nach Hause bringen wollen, aber als meine Mutter sie gesehen hatte, wollte sie natürlich sofort, dass sie mit reinkam.
Anstrengend.
Mums Glückwünsche für den Sieg und ihre Fragerei, wie denn alles gelaufen sei, waren mir mehr als nur ein bisschen peinlich, auch wenn Lu sich wie immer nichts anmerken ließ.
„Probier mal die Grünen, die sind unnormal lecker", meinte sie und warf mir einen Bonbon zu.
Ich seufzte: „Wenn ich noch einen esse, dann platz ich"
Die Prüfung, die sie gewonnen hatte, wurde wohl irgendwie von nem Süßigkeiten-Hersteller gesponsert und wir hatten schon die ganze Fahrt über nur gefuttert.
Sie grinste: „Ich auch, aber das kann mich nicht aufhalten"
Dramatisch warf sie sich noch einen grünen Klumpen in den Mund.
Lächelnd holte ich mein Handy raus und scrollte aus Langeweile etwas umher. Es raschelte und ich merkte, dass Luise es mir gleichtat.
Nach einiger Zeit meinte sie anerkennend: „Boar, du hast echt die ganze Zeit draufgehalten"
„Hä?"
„Na bei dem Video mit Erwin", meinte sie begeistert „Schau mal, wie hoch ich geflogen bin"
Ernsthaft?
Freute sie sich da grade drüber?
Das war doch echt nichtmehr normal.
Sie hielt mir ein Standbild vor die Nase. Wow, das war wirklich verdammt hoch. Lus Haare flogen wild in der Luft, die Beine strampelten hoch über ihrem Kopf.
„Mach ne Postkarte draus", meinte ich kopfschüttelnd.
Luise lachte.
Ich würde es ihr zutrauen. Wenn ich es mir so genau überlegte, traute ich ihr so einiges zu. Zum Beispiel platzen vor guter Laune oder sich den Ellenbogen ablecken. Eine Unmöglichkeit, die ich kaum jemandem zutrauen würde.
Ein leises „Pling" verriet mir, dass ich eine neue Nachricht bekommen hatte.
Manu.
Er fragte nochmal, ob ich ihn besuchen kommen wollte.
Die Frage war nicht, ob ich wollte, sondern eher ob ich konnte.
„Und? Was will die Welt von dir?", fragte Lu und reckte den Kopf zum Gucken.
Ich schmunzelte: „Und ansonsten bist du auch überhaupt nicht neugierig, hmm?"
Ertappt grinste sie und ihre Wangen färbten sich ein wenig rot.
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Von heteronormativer Hölle und einem Ziegenmädchen
Teen FictionMila hat keine Lust. Keine Lust auf schlechtes Internet. Keine Lust auf ihre Mutter und ihren Ökotrip. Keine Lust auf nervige Dorfkinder und erst recht keine Lust auf das verdammte Dreckskaff, in das ihre Mutter sie verschleppen will. Es ist wortwö...