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Interessiert schnupperte Quinn an jedem Büschel Gras, an dem wir vorbeikamen.

Vor einigen Minuten hatte ich es noch für eine gute Idee gehalten, spazieren zu gehen. Nun nicht mehr. Nun war mir langweilig, es war mal wieder viel zu warm, ich hatte seit zwei Tagen Kopfschmerzen, weil das Grillen mal wieder eskaliert war und mein Handy hatte ich auch Zuhause liegen gelassen... also auch keine Musik.

Meine Mutter verspottete mich zwar regelmäßig, dass es wie festgewachsen an meiner Hand wäre, aber wenn dem tatsächlich so wäre, würde ich es wenigstens nicht mehr ständig vergessen.

Das wäre mal ein neues Level von Schönheitsoperation: Sich das Telefon an der Hand festnähen lassen. Das wäre wenigstens ansatzweise sinnvoll, ganz im Gegensatz zu Brüsten in Gymnastikball-Format.

Als Quinn begann, zu kläffen, verdrehte ich die Augen. Was war denn nun schon wieder? Vielleicht ein Eichhörnchen oder doch mal wieder ein Hase, von dem mein Hund sich einbildete, ihn fangen zu können? Dieser winzige Hund hatte wirklich ein unglaubliches Selbstbewusstsein. Die würde sogar einen Grizzlybären ankläffen, als ob sie sich gleich ein Halsband aus seinem Fell machen würde.

Erst mit dem Meckern, das hinter der nächsten Biegung ertönte, kannte ich den Grund für Quinns Anfall.
Was lief meckernd durch Ferse? Ja, auch Anni, aber für gewöhnlich war es eine Esel-Ziege.

In diesem Fall beides.

Lu, Anni, Flicka und Esel.

Eine wirklich sehr sonderbare Truppe. Zwei Mädchen, die aussahen, als ob sie heute schon einmal in Staub gebadet hatten, ein Pony und eine Esel-Ziege mit rotem Halsband.

„Milaaaaa!", rief Luise schon von weitem und winkte mir aufgeregt zu. Über ihren Gips hatte sie einen bis über die Schulter reichenden Gummihandschuh gestülpt. Wohl eine neue Technik, um das Ding noch ein wenig länger am Leben zu erhalten. Immerhin waren erst etwas über zwei der sechs Wochen rum und der Gips sah jetzt schon aus, als ob sie damit regelmäßig die Dachrinnen reinigte.

Ein bisschen weniger euphorisiert winkte ich zurück.

Quinn bellte fröhlich und da ich wusste, dass sie eh nicht weit wegrennen würde, ließ ich die Leine los und sie schoss augenblicklich auf Esel zu und begann ihn zu beschnüffeln, wie einen ungewöhnlich behörnten Hund.

Als ich nur noch wenige Schritte von Anni und Luise entfernt war, wackelte die Jüngere grinsend mit den Augenbrauen und Luise stieß ihr peinlich berührt den Ellenbogen in die Rippen.

Auf meinen verwirrten Blick hin meinte Lu etwas kleinlaut: „Ich habs ihr erzählt"

Nun war ich doch etwas begeistert.

Grinsend umarmte ich sie und gab ihr einen Kuss auf die Wange: „Das ist toll!"

Überraschen authentisch imitierte Anni ein Würgen.

„Ist ja ekelhaft", brummte sie.

Mit zusammengekniffenen Augen fragte ich: „Hast du ein Problem damit?"

Sie verdrehte sie Augen: „Nein! Ich hab nur entschieden, dass Liebe ganz generell abstoßend ist"

Erst setzte ich zum Reden an, wusste dann aber auch nicht so recht was ich dazu sagen sollte, also sah ich nur verwirrt zu Luise.

„Willst du nicht wissen", meinte sie grinsend „Aber gut, dass wir dich getroffen haben. Wir wollten eh grad zu dir"

Anni grinste breit: „Wir sollten dich suchen"

„Ach ja?", fragte ich ungläubig. Wer außer den beiden sollte denn was von mir wollen?

Luise hakte sich wirklich sehr gut gelaunt bei mir unter und zog mich wieder in Richtung Mitt.

Von heteronormativer Hölle und einem Ziegenmädchen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt