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Ich war richtig überrascht. So viele Menschen auf einem Fleck war ich überhaupt nicht mehr gewohnt. Was war die größte Menschenansammlung in den letzten Wochen gewesen? Das Sommercamp? Oder doch der Reitwettbewerb? Keine Ahnung. Auf jeden Fall wären das nicht ansatzweise so viele gewesen wie an einem gewöhnlichen Freitag Mittag in Köln.

Hatte Manu schon Schluss? Dann könnten wir uns direkt treffen.

„Wo gehen wir hin?", fragte Lu und entzog mir ihren Arm.

Bevor ich auch nur antworten konnte, fing Lu an wie ein aufgeregter Golden Retriever an mir hochzuspringen: „Mila! Da ist ein McDonalds!"

Was hatte ich mir da eigentlich eingebrockt? Unterwegs mit dem größten und aufgeregtesten Dorfkind des Jahrtausends. War das noch ein Handicap oder schon ein Schicksalsschlag?

„Willst du zu Mcces?", fragte ich also ergeben.

Aufgeregt nickte sie und nahm meine Hand, um mich nun wiederum durch die Gegend zu ziehen.

Allerdings kamen wir nicht wirklich an.

Auf halber Strecke knallte Lu gegen einen Passanten und lag schließlich wie ein Marienkäfer auf dem Rücken mit ihrem Rucksack.

Ich wollte den Typen schon anmeckern, doch als er direkt versuchte ihr aufzuhelfen, sah ich ihn an.

Carlos.

Zufälle gab's.

„Oh Shit, sorry man", grummelte er und zog Lu wieder auf die Beine, die das sofort abwehrte: „Ach, alles gut, war meine Schuld"

Erst da schien Carlos seine Wahrnehmung wieder zu erweitern. Dauerte bei ihm manchmal ein wenig. Er testete seine hauseigene Grasplantage ein paar Mal zu oft.

„Alter, Mila was machst du denn hier?", fragte er dann grinsend und schlug bei mir ein „Ich dachte, du würdest jetzt in so einem Dreckskaff vergammeln"

„Ey", beschwerte Lu sich gleich.

„Warte, ihr beide kennt euch?"

Das Ding mit dem Kiffen.

Schnell stellte ich die beiden einander vor: „Luise, das ist Carlos; Carlos, das ist Luise"

„Kannst auch einfach Lu sagen", meinte sie lächelnd und rieb sich über den Gips.

Der Sturz hatte wohl doch mehr wehgetan, als sie zugeben wollte.

„Was machst du überhaupt hier?", fragte ich Carlos. Sonst trieb er sich doch auch selten hier rum.

Er lachte: „Willst nicht wissen und ihr?"

Okay, das war eben Carlos. Die eine Hälfte seines Lebens wollte man nicht wissen und von der anderen behauptete er, dass man es nicht wissen wollte.

„Wir wollten schauen, ob Manu schon Feierabend hat. Wir bleiben ein paar Tage hier und pennen bei ihm", erklärte ich.
„Ja nice, dann sehen wir uns bestimmt nochmal", damit tippte er sich an die Stirn und verschwand wieder im Getümmel.

Das nahm Luise zum Anlass, ihren Weg zum Mcces fortzusetzen. Beim Versuch, einem Touristenpaar auszuweichen, stieß sie gegen den nächsten Passanten, bei dem sie sich hektisch entschuldigte.

Oh man.

Der Mann schüttelte ärgerlich den Kopf, ging aber schnell weiter.

„Lach nicht!", meckerte sie und rempelte mich an, hakte sich aber in der selben Bewegung bei mir unter.

Als wir endlich unser Essen hatten, holte ich mein Handy raus und rief Manu an. Zweimal Tuten, dreimal...

Am Nachbartisch klingelte ein Handy.

Von heteronormativer Hölle und einem Ziegenmädchen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt