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„Quinn, hör auf", meckerte ich meinen Hund nervös an, während sie aufgeregt in jede erdenkliche Richtung zog.

Mein Plan war grandios. Ich hatte extra Quinn mitgenommen, um einfach ganz cool behaupten zu können, dass ich rein zufällig vorbeigekommen war.

Das war dumm und ich war mir dessen vollkommen bewusst, aber naja... für die Psyche.

Mein Leben war einfach komplett am Limit.

In Ferse angekommen hielt ich kurz inne, um mich mental auf das was kam vorzubereiten, ehe ich ein leises: „Ach scheiß drauf" murmelte und weiterging. Vorbereitung am Arsch. Am Ende würde das eh das seltsamste Gespräch werden, das je auf dieser Erde geführt wurde.

Egal wie es ausging.

Wahrscheinlich saß irgendwo ein Alien, das die Menschheit überwachte und dachte sich nur so: What the actual fuck.

Kläffend zog Quinn in Richtung der breiten Hofeinfahrt.

Genervt folgte ich ihr und sah den Grund für ihre Aufregung: Ben saß mit Esel an der Leine auf einem kleinen Grasstück und blätterte durch einen Comic, während Esel, die Ziege an einer herumliegenden Papiertüte knabberte.

„Hey, Ben, ist Lu Zuhause?", fragte ich und drückte mich am offenen Tor rum.

Er schüttelte den Kopf, ohne auch nur von seinem Heft aufzusehen: „Nö"

Ich fragte weiter: „Weißt du, wo sie ist?"

„Im Krankenhaus", antwortete er achselzuckend.

„Im Krankenhaus?", echote ich ungläubig.

Erst da sah er von dem Comic auf: „Sie ist heute morgen vom Pferd gefallen und Alfred hat einen Krankenwagen gerufen. Hannes und Anni sind oben und holen Sachen für sie"

Das hatte ich komplett übersehen in meiner Aufregung. Hannes Schrottkarre stand auf dem Hof.

Was ganz anderes: Warum schien es Ben überhaupt nicht zu jucken, dass seine Schwester im Krankenhaus war? Kinder waren mir schon immer suspekt.

Ging's ihr gut? Nein, sonst wäre sie ja nicht im Krankenhaus... Kluge Mila. Aber war es schlimm?

Immerhin wusste ich jetzt, warum sie nicht auf meine Nachricht geantwortet hatte. Ein Krankenhausaufenthalt reichte mir als Ausrede... zumindest fürs erste.

Grade als ich besorgt ins Haus rennen wollte, kamen die Geschwister mit einem prall gefüllten Rucksack raus. Als Anni mich sah, rief sie: „Hast du es schon gehört?"

Was machte die denn hier? Die beiden hatten doch noch immer Streit?

„Grad erst", antwortete ich aufgeregt „Was ist denn passiert?"

Anni schnaubte wütend: „Ich hab ihr gesagt, dass sie dieses blöde Vieh nicht mehr reiten soll! Das ist passiert"

Sie seufzte, meinte, dass sie etwas oben vergessen hatte und rannte wieder los.

Danke für die Antwort, das hatte mir jetzt sehr weitergeholfen.

Persönlich hatte ich ganz stark Erwin im Verdacht. Von dem schien sie ja öfter runter zu fliegen, wie zum Beispiel auf dem Turnier.

Fragend sah ich zu Hannes.

„Wir bringen ihr ein paar Klamotten vorbei, weil sie über Nacht bleiben muss, aber Alfred meinte, dass es nicht so schlimm ist. Wahrscheinlich nur ein gebrochener Arm oder so", erklärte er „Und Anni will mit, um Lu unter die Nase zu reiben, dass sie recht hatte"

Das hörte sich logisch an... nicht. Ich vermutete eher, dass sie sich insgeheim doch Sorgen um ihre beste Freundin machte.

„Willst du auch mit?"

Von heteronormativer Hölle und einem Ziegenmädchen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt