Ein guter Tänzer

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"Ich kann nicht glauben, dass das echt funktioniert hat.", freue ich mich, als das Nachsitzen beendet ist und ich mit Eddie die Schule verlasse. "Ja jetzt müssen wir nur noch auf den Anruf warten.", stellt er grinsend fest und sieht mich dann fragend an. "Kommst du noch mit zu mir?" Ich sehe erschrocken zu ihm auf . "Ich-ähm...was?" "Sonst bekommst du ja gar nicht mit, wenn Mr. Higgens anruft." Ich überlege kurz und schaue dann auf meine Uhr. "Na gut. Ich hab noch etwas Zeit. Meine Eltern arbeiten bis um sechs. Bis dahin muss ich zuhause sein." "Geht klar."

Nachdem wir mit Eddies Auto zu ihm nachhause gefahren sind, hält er mir die Tür zu seiner Wohnung auf. "Willkommen in meinem Reich.", sagt er grinsend mit einer übertrieben einladenden Geste. Lächelnd gehe ich durch die Tür. Die Wohnung ist klein und unordentlich. Aber das stört mich nicht, erstens habe ich sowieso nichts anderes erwartet und zweitens sollte ich, die unordentlichste Person auf dieser Welt, meine Klappe halten, wenn es um das Thema Ordnung geht. "Entschuldige die Unordnung. Die Putzfrau hat heute frei.", erklärt Eddie grinsend und räumt schnell das dreckige Geschirr weg. Ich grinse ihn nur an und sehe mich ein wenig in der Wohnung um, während er noch ein paar Sachen weg räumt. "Wohnst du hier alleine?", rufe ich durch die Wohnung während ich von Zimmer zu Zimmer laufe. "Nein, mein Onkel wohnt mit mir zusammen hier, aber der ist gerade arbeiten.", ruft er zurück.

Als nächstes betrete ich ein Zimmer, das aussieht als wäre es Eddies. Ich muss lachen, als ich einen kleinen Pokal auf seinem Schrank stehen sehe. Der ist von der Talentshow in der Grundschule. Da hab ich Eddie das erste mal gesehen. Er ist mit seiner Band aufgetreten. Corroded Coffin, oder so ähnlich war der Name. Er hat Gitarre gespielt und als er mit seiner Band so auf der Bühne stand und auf seiner coolen E-Gitarre "Starman" von David Bowie gespielt hat, da hab ich mich ein bisschen in ihn verliebt. Na gut: Ein bisschen ist vielleicht ein bisschen untertrieben. Ich hab ihn förmlich angehimmelt. Wie ein Groupie. Er war so cool und so selbstbewusst, als wäre es ihm vollkommen egal, was andere Menschen über ihn denken könnten. Und als er von der Bühne kam und an mir vorbei lief, hat er mir lächelnd zugezwinkert. Ich weiß noch wie rot ich geworden bin und dass ich schnell weggeschaut habe, damit er meine roten Wangen nicht sehen konnte.

 Die Wochen darauf, hab ich immer auf den perfekten Moment gewartet, um ihn endlich mal anzusprechen. Aber ich hab mich einfach nicht getraut. Und wenn er mich mal angesprochen hat, da bin ich sofort wieder rot angelaufen und quasi vor ihm geflüchtet. Dabei hab ich mir immer gewünscht Teil seiner Freundesgruppe zu sein. Ihm und seinen Freunden schien die Meinung der anderen völlig egal zu sein und sie machten einfach das, worauf sie Lust hatten. Dafür hatte ich sie immer bewundert. Sie wurden zwar immer als "Freaks" betitelt, doch das schien ihnen egal zu sein. Stattdessen haben sie es sogar als Kompliment betrachtet, nicht so zu sein, wie die breite Masse. Sie waren die Freaks. Und sie waren stolz darauf.

"Hey, alles gut?", fragt Eddie plötzlich hinter mir. "Ja, ja alles gut.", winke ich hastig ab. Da entdecke ich eine Gitarre an der Wand, die mir irgendwie bekannt vorkommt. "Hey ist das nicht die Gitarre, auf der du bei der Talentshow gespielt hast?", frage ich neugierig. "Ja genau das ist sie. Sie ist mein Ein und Alles.", erklärt er stolz, kommt zu mir und gibt seiner Gitarre einen Luftkuss. Ich muss grinsen bei dem Anblick. "Sie ist wunderschön. Spielst du noch?" "Klar spiele ich noch. Ich bin immer noch in der Band und wir haben sogar Auftritte. Komm doch mal vorbei. Wir spielen jeden Dienstag im Hideout. Ist richtig cool. Sind richtig viele Leute da. So um die fünf... Betrunkene.", erklärt er grinsend und bringt mich damit zum Lachen. "Naja, nicht gerade der Madison Square Garden, aber irgendwo muss man ja anfangen." 

Lächelnd sehe ich zu ihm auf. "Ich komme liebend gerne zu eurem Auftritt." Er lächelt ebenfalls. "Sehr schön. Am besten kommst du gegen acht, bevor der große Andrang losgeht.", scherzt er lächelnd. Ich lache erneut. "Danke für den Tipp, den werd ich mir merken." Ich hab gar nicht gemerkt, dass er mir während wir geredet haben immer näher gekommen ist und als mir das nun bewusst wird, steigt mir schon wieder die Hitze ins Gesicht. "Du wirst ja schon wieder rot.", flüstert er amüsiert, wobei sein Atem meine Lippen streicht. Sofort bekomme ich eine Gänsehaut und schaue zu Boden. "Ich...ähm...", stottere ich schüchtern, was Eddie nur noch mehr amüsiert. "Du bist total niedlich wenn du so schüchtern bist."

Schnell wende ich mich von ihm ab und sehe mich weiter in seinem Zimmer um. Ein Grinsen legt sich auf meine Lippen als ich eine Kassette mit dem Namen Lieblingssongs finde. "Ist das besagte Kassette, dessen erster Track Cherry Bomb ist?", frage ich amüsiert. "Cherry Bomb ist Track neun. Aber ja das ist die Kassette.", erklärt er grinsend. "Können wir da mal reinhören?" "Klar, gib her." Ich gebe ihm die Kassette und er legt sie in eine Musikanlage auf seiner Kommode.

Die ersten Töne von "Shout At The Devil", erklingen aus den Boxen und Eddie beginnt im Takt mit dem Kopf zu wippen. "Mötley Crüe.", stelle ich fest und lasse mich etwas unbeholfen auf dem Fußende von Eddies Bett nieder. Eddie sieht mich begeistert an. "Oh man, du bist ja richtig gebildet, was gute Musik angeht.", erklärt er und ich glaube sogar ein wenig Stolz in seiner Stimme zu hören. Ich sage nichts, sondern grinse nur als Antwort. Nun spielt Eddie auf der Luftgitarre und tut so als wäre er Mick Mars höchstpersönlich. Ich muss lachen und als er das hört, blickt er wieder zu mir auf und hält mir plötzlich seine Hand hin. "Komm. Tanz mit mir." Ich sehe erschrocken zu ihm auf. "Ähm, nein ich...ich tanze nicht.", winke ich schnell ab, doch Eddie belässt es natürlich nicht dabei. "Du tanzt nicht? Du bist doch Cheerleaderin?", teilt er lachend mit. "Das ist was anderes." "Inwiefern? Ob du nun mit ein paar Plastik-Puscheln in einer Turnhalle rumhüpfst oder ohne den Plastik-Puscheln hier mit mir, ist doch völlig egal." "Beim Cheerleadern gibt es eine bestimmte Choreo. Die kann ich auswendig lernen. Aber hier, hab ich kein Plan, wie ich tanzen soll. Ohne konkrete Vorgaben, kann ich einfach nicht tanzen.", versuche ich ihm zu erklären. "Das sieht dann absolut schrecklich aus." 

Er muss lachen. "Okay also erstens: Das ist der größte Bullshit, den ich je gehört hab. Und zweitens, selbst wenn du schrecklich tanzt...ist mir doch egal. Beim Tanzen geht es nicht darum gut auszusehen, sondern darum Spaß zu haben. Hier schau mich mal an." Auf einmal macht Eddie ein paar Verrenkungen, die wohl Tanzbewegungen darstellen sollen und ich muss automatisch lachen. "Sehe ich für dich etwa aus, wie ein guter Tänzer?", fragt er ebenfalls lachend. "Sicher nicht. Hab ich trotzdem Spaß? Absolut." Er kommt wieder vor mir zum Stehen und hält mir erneut seine Hand hin. "Also?" Auch wenn ich es wirklich schätze, dass er versucht mir meine Angst zu nehmen, zögere ich dennoch. Ich tanze einfach nicht so gerne vor Anderen. Das ist mir irgendwie unangenehm.  

"Komm schon. Du kannst mich doch hier nicht hängen lassen." Eddie sieht mich mit großen Dackelaugen an und gerade, als ich auf seine Hand sehe und wirklich überlege sie einfach zu nehmen, klingelt schließlich das Telefon und rettet mich aus dieser misslichen Lage. Ich atme erleichtert aus. "Hm, diesmal bist du vielleicht drum herum gekommen, Harrington, aber das hier ist noch nicht zu Ende." Es klingt fast, wie eine Drohung, doch ich muss trotzdem lachen. Hastig macht Eddie die Musik aus. "Das ist bestimmt Mr. Higgens." Ich folge ihm aus seinem Zimmer zum Telefon. Er legt einen Finger auf seine Lippen und bedeutet mir leise zu sein, bevor er den Hörer abnimmt.

"Hallo Mr. Harrington hier.", geht er mit verstellter Stimme ran, was mich fast zum Lachen bringt. Auch Eddie muss Grinsen als er sieht, wie sehr ich mir das Lachen verkneifen muss und er legt grinsend erneut seinen Finger auf die Lippen. "Ja, genau. Das ist meine Tochter.", redet er mit verstellter Stimme weiter. "Hm...hm-hm...ja...genau...WAS?! Jackie hat auf der Jungs-Toilette geraucht?!. ...Das sieht ihr aber gar nicht ähnlich...Ja das verstehe ich natürlich...Nein...nein...das verstehe ich...ja ich werde mir entsprechende Maßnahmen für sie einfallen lassen...Das ist wirklich ganz untypisch für sie ...ja ich werde mit ihr reden...ja...Danke, dass sie mich darüber informiert haben...Ihnen auch...Auf Wiederhören." Als er den Hörer wieder auflegt, bekomme ich schließlich einen Lachanfall und auch er muss lachen. "Hat es geklappt?", frage ich außer Atem, durch das viele Lachen. "Ja, der Trottel hat nichts gemerkt.", lacht er ebenfalls. "Danke Eddie. Ohne dich wäre ich wirklich aufgeschmissen." "Natürlich wärst du das"

...

"Na gut, ich schätze wir sehen uns morgen in der Schule wieder.", stellt er fest, als ich seine Wohnung verlasse. "Bestimmt.", antworte ich lächelnd. "Und du bist sicher, dass ich dich nicht noch nach Hause fahren soll? Das würde mir echt nichts ausmachen ich-" "Nein, nein  alles gut. Ich kann laufen, es ist nicht weit, bis zu mir nach Hause, aber danke für das Angebot." "Na gut, aber wenn irgendwas ist...dann ruf mich an. Du hast ja meine Nummer." Als er mir erneut zuzwinkert, werden meine Knie ganz weich und ich weiß es ist die richtige Entscheidung, alleine nach Hause zu laufen, anstatt mich von ihm nach Hause fahren zu lassen.

Cherry (Eddie Munson ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt