Mord

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Am nächsten Morgen bin ich schon zeitig munter. Erneut hat mich ein Albtraum aus dem Schlaf gerissen, doch da endlich Wochenende ist bleibe ich noch eine ganze Weile im Bett liegen.  Als ich nach dem Buch auf meinem Nachttisch greifen will, fällt mein Blick auf die Kasette die Eddie für mich gemacht hat. Lächelnd nehme ich sie in die Hand und dazu noch den Walkman den ich mir einmal von Steve geborgt, aber nie zurück gegeben habe.

Ich lege die Kassette ein und setze mir die Kopfhörer auf. Das erste Lied ist natürlich, wie versprochen Cherry Bomb. Das nächste Lied kenne ich ebenfalls. Wir hatten es bei ihm zuhause gehört als wir auf den Anruf von Mr. Higgens gewartet haben. Es heißt Space Age Love Song von A Flock of Seagulls und ist eins meiner Lieblingslieder. Der Großteil der restlichen Lieder sind Rocksongs, aber es sind auch noch ein paar ruhige und romantische Lieder drauf, die ich allerdings überspringe. Das liegt nicht daran, dass ich sie nicht mag ganz im Gegenteil, aber irgendwie geben sie mir ein komisches Gefühl. Eddie hat diese Liebeslieder ausgesucht und nur für mich auf diese Kassette gepackt. Es fühlt sich einfach falsch an bei einem Liebeslied an Eddie denken zu müssen, denn genau das tue ich. Ich sollte eigentlich an Chad denken. Er ist immerhin mein fester Freund. Allerdings hat der mir auch keine Kassette gemacht.

Nachdem ich die ganze Kassette einmal durchgehört habe, spiele ich sie noch einmal von vorne ab. Nach dem vierten Mal, ist es bereits halb 11, also schwinge ich mich aus dem Bett und laufe, mit Kopfhörern um meinem Hals, runter in die Küche, wo Mum und Dad noch beim Frühstück sitzen.

"Guten Morgen." "Morgen Schätzchen.", begrüßt mein Dad mich. Ich gebe ihm einen Kuss auf die Wange und setze mich neben ihn an den Küchentisch. "Ich hab Pancakes gemacht." Mum stellt einen Teller mit frischen Pancakes vor meine Nase. "Danke." Auch Steve gesellt sich verschlafen zu uns und setzt sich mir gegenüber an den Tisch.

Dad legt die Zeitung weg und schaltet den Fernseher ein. "Hey, ist das mein Walkman?", stellt Steve fest. "Den hab ich schon die ganze Zeit gesucht." "Ach Quatsch, du benutzt ihn doch sowieso nie.", entgegne ich nur genervt. "Natürlich benutze ich den." "Jaja." "Steve, Jackie, bitte. Vertragt euch.", bittet Dad uns, doch nimmt seinen Blick dabei nicht vom Fernseher. "Außerdem, wer hat dir gesagt, dass du einfach so in mein Zimmer gehen und irgendwelche Sachen nehmen kannst?" "Steve, du brauchst ihn doch gerade nicht." "Es geht ums Prinzip. Das ist meiner, Jack-" "Psscht. Seid mal ruhig jetzt!", macht Dad plötzlich verärgert. Steve schaut mich verärgert an, doch ich ignoriere ihn, denn mein Blick fällt gerade auf den Fernseher.

"Das ist doch bei uns hier in Hawkins.", stellt auch Steve nun fest. Dad nickt. "Hinten im Trailerpark." Auch mir fällt jetzt auf, dass mir der Trailer der im Fernsehen gezeigt wird bekannt vorkommt. Das ist...das ist doch...Eddies Trailer. "Die Leiche wurde in diesem Trailer hier gefunden." Die Nachrichtensprecherin zeigt auf Eddies Trailer hinter ihr. "Die Polizei, vermutet, dass es sich um Mord handelt.".

"Mord?!", frage ich erschrocken und lasse die Gabel fallen. "Das ist doch der Trailer der Munsons.", stellt Dad misstrauisch fest. Steve guckt mich ernst an, doch ich ignoriere ihn weiterhin. "Bei der Leiche handelt es sich um eine Schülerin der Hawkins High. Es wurde noch nicht bekannt gegeben wer genau es ist, doch uns wurde gerade mitgeteilt, dass die Angehörigen sofort informiert werden." Plötzlich geht der Fernseher aus und ich starre nur noch auf einen schwarzen Bildschirm. "Mary, wieso machst du den Fernseher aus?", beschwert Dad sich bei Mum. "Ich kann mir das nicht angucken, das ist ja schrecklich. Eine Schülerin der Hawkins High.", stellt sie völlig schockiert fest.

"Das war sicher dieser Munson Junge.", sagt mein Dad plötzlich und ich sehe ihn überrascht an "Was?!" "Dieser Munson Junge...Eddie...heißt der glaub ich. Der mit diesem satanischem Kult. Seine Eltern sitzen im Knast. Es war nur eine Frage der Zeit bis sich ihr Sohn ihnen anschließt."

Ich kann nicht glauben, was ich da höre. Eddie würde niemals irgend jemanden etwas tun. Na gut er hat sich mit Chad geprügelt, aber er würde niemals jemanden umbringen. Das weiß ich. "Ja ich denke auch es war dieser Junge.", stimmt Mum meinem Dad zu. "Was? Aber ihr kennt ihn doch gar nicht. Eddie würde so was niemals tun er-." "Ach ja und du denkst, du kennst ihn?", fragt Dad ernst.

"Ja...nein...ich ähm...". Hilfesuchend sehe ich zu Steve, doch er zuckt nur entschuldigend mit den Schultern. Er weiß offenbar nicht was er glauben soll. "Eddie würde sowas niemals tun."  "Das kannst du nicht wissen, Schatz. Er geht doch auf deine Schule oder?" Ich nicke Mum zu. "Hattest du Kontakt zu ihm?" "Ich ähm...naja...ich...nein. Nein hatte ich nicht.", lüge ich schließlich. Ich will keinen unnötigen Streit hervorrufen. "Gut so. Halt dich bitte auch in Zukunft von ihm fern. Ich hab schon immer gewusst, dass diese Familie Ärger bedeutet."

Vollkommen verwirrt gehe ich wieder hoch in mein Zimmer. Ich kann nicht glauben, dass Eddie so etwas getan hätte. Okay er zieht sich anders an als die Meisten, er prügelt sich nicht gerade selten, er raucht und er nimmt mit Sicherheit auch andere Drogen, aber Eddie würde niemals jemanden umbringen. Niemals. Es macht mich so wütend, dass meine Eltern ihn so schnell verurteilen, ohne ihn überhaupt zu kennen. Dennoch bin ich zutiefst schockiert, über die Nachrichten. Eine Schülerin von meiner Schule, ist gestorben. Es könnte jeder gewesen sein, vielleicht kannte ich sie ja sogar. Und wieso wurde die Leiche in Eddies Trailer gefunden?

Da klopft es an meiner Tür. "Hey, darf ich rein kommen?", fragt Steve vorsichtig. Ich nicke und er setzt sich neben mich auf die Bettkante. "Wie geht's dir?" Ich zucke mit den Schultern. "Hey, ich weiß, wie hart das sein muss. Aber Eddie ist vielleicht nicht so, wie du denkst. Er-" "Was soll das denn jetzt heißen?", frage ich verwirrt. "Denkst du etwa auch, dass Eddie das war?!" "Nein, Jackie...ich hab keine Ahnung, wer das war. Aber ich sag ja nur...wir können nicht zu 100 % sagen, dass er es nicht war." "Doch ich kann es, Steve. Eddie war das nicht. Er würde niemals so etwas tun." "Okay-okay. Ist schon gut. Wenn-wenn du das sagst, dann glaube ich dir. Komm her." Er umarmt mich und sagt dann: "Ich muss jetzt erst mal zur Arbeit, aber heute Abend können wir wieder einen Filmeabend machen, wenn du willst. Ein bisschen Ablenkung ist sicher gut."

Den ganzen Tag liege ich in meinem Bett und höre in Dauerschleife seine Kassette, während ich das Hellfire-Shirt über meinem Schreibtischstuhl anstarre. Ich hab es ihm immer noch nicht zurück gegeben. Ich weigere mich zu glauben, dass Eddie das war. Er war es nicht. Und ich werds beweisen, wenn er mich heute Abend abholt und wir ins Kino gehen. Ich werd beweisen, dass er in Wirklichkeit super nett ist und Niemandem etwas Derartiges antun könnte.



Cherry (Eddie Munson ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt