100 - nightmare in a dollhouse

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6. September 1995

"Herein", rief Umbridge mit zuckersüsser Stimme, als Harry an ihre Bürotüre klopfte. Er trat ein. Ich folgte ihm vorsichtig und sah mich um. Auf einigen Möbeln waren Spitzentücher ausgelegt. Mehrere Vasen mit Trockenblumen standen herum und an einer Wand hing eine Sammlung von Ziertellern, alle mit grossen scheusslichen Kätzchen bemal, die jeweils eine Schleife um den Hals trugen. Ich verzog das Gesicht. "Guten Abend, Mr. Potter", erlöste mich Umbridge aus meiner Starre, wobei eigentlich nicht von Erlösen gesprochen werden konnte. "Ah Miss Evans, schön, dass sie uns heute auch Gesellschaft leisten." Ich verdrehte genervt die Augen. Als hätte ich eine Wahl gehabt und wäre freiwillig in dieses über Puppenhauszimmer gekommen. "Nun, nehmen sie Platz", sagte sie und deutete auf zwei kleine Tische mit Spitzendecken, vor die sie jeweils einen Stuhl hingestellt hatte. Ein leeres Pergamentblatt lag auf beiden Tischen. "Potter, sie wissen, was sie zu tun haben." Harry schaute mich mit gequälter Miene an, liess sich auf einem der Stühle nieder und begann etwas auf sein Pergament zu kritzeln. Ich setzte mich an den Tisch daneben. "Nun denn", sagte Umbridge süsslich. "Sie werden nun ein paar Zeilen für mich auf dieses Pergament schreiben, Miss Evans." Sie reichte mir eine ihrer Federn hin. " Ich möchte, dass sie schreiben: Ich soll meine Professorin respektieren und ihr nicht widersprechen", befahl sie leise. Ich verdrehte unmerklich die Augen. "Wie oft?" fragte ich gekünstelt höflich. "Oh, so lange es dauert, bis die Botschaft sich einprägt", sagte Umbridge mit einer noch künstlicheren Stimme. "Fangen sie an." Ich nahm die Feder in die Hand, wollte beginnen zu schreiben. Dann fiel mir auf, dass die Tinte fehlte. Bevor ich etwas sagte, blinzelte ich zu Harry hinüber, doch dieser schien wohl ebenfalls ohne Tinte zu schreiben. Also begann ich die Worte 'Ich soll meine Professorin respektieren und ihr nicht widersprechen' auf das Pergament zu kritzeln. Die Wörter erschienen mit leuchtend roter Tinte auf dem Pergament. Ich atmete zischend ein. Zugleich wurden sie auf meinem rechten Handrücken in die Haut geritzt. Ungläubig starrte ich auf die brennenden Linien, die kurz darauf wieder verblassten und nur noch leicht gerötet waren. "Ist etwas, Miss Evans?" Ich wollte den Mund aufmachen und etwas darauf erwidern, doch Harry warf mir einen mahnenden Blick zu. Es würde eh nichts bringen und meine Lage nur verschlimmern. Ich erinnerte mich an die Worte von Professor McGonagall 'Versuchen sie einfach nicht das Zaubereiministerium durch Dolores Umbridge als Feind zu schaffen.' Frustriert atmete ich aus, schüttelte den Kopf und fuhr fort die Worte auf meinen Handrücken einzuritzen und mich dadurch quälenden Schmerzen auszusetzen.

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"Was zum Teufel war das?" fragte ich Harry als wir den Korridor zurück zum Gryffindorturm im entlang hasteten. Das konnte doch unmöglich ihr Ernst sein. Diese Kröte setzte mittelalterliche Foltermethoden ein, um uns völlig unberechtigterweise zu bestrafen. Doch Harry erwiderte nichts. "Harry", rief ich leise nach ihm, holte ihn ein und hielt ihn an seinem Arm zurück. "Kannst du mir sagen, was das sollte?" Er schaute mir aufgebracht entgegen. "Ich will nicht darüber reden, Faye. Es macht alles nur noch schwerer erträglich, als es ohnehin bereits ist. Wir haben keine Chance gegen sie Faye." Doch hatten wir. Das war ein reiner Willenskampf. Aber da war noch etwas anderes, das Harry beschäftigte. Ich merkte, wie angespannt er in letzter Zeit war. Ich sprach ihn jedoch nicht darauf an. Es hatte keinen Zweck, wenn er sich mir nicht öffnen wollte. "Du hast niemandem davon erzählt oder?" fragte ich stattdessen auf Umbridges Nachsitzen bezogen. Er schüttelte den Kopf. Ich nickte verstehend. Er würde Umbridge die Genugtuung nicht verschaffen zu hören, dass er sich darüber beschwert hatte. Also entschied ich mich das gleiche zu tun. Es würde nichts an der eigentlichen Tatsache ändern. "Du weisst, dass du mit mir über alles, was dich beschäftigt reden kannst." Er lächelte dankbar. Für einen kurzen Moment hatte ich das Gefühl, er wolle etwas sagen, doch er liess es bleiben. Daraufhin gingen wir wortlos durch das Portraitloch und verschwanden im Gryffindor-Gemeischaftsraum.

7. September 1995

Snape betrat das Zaubertränke-Zimmer am darauffolgenden Tag mit einer Wucht und schloss die Tür hinter sich schwungvoll. Die blosse Anwesenheit meines Vaters reichte meist aus, um in einer Klasse für Ruhe zu sorgen. "Bevor wir mit der heutigen Lektion beginnen", sagte mein Vater, glitt hinüber zu seinem Pult und starrte in die kleine Runde, "halte ich es für angebracht, sie daran zu erinnern, dass sie sich in der UTZ-Zaubertrankklasse befinden." Er machte eine Pause. "In dieser Klasse wurden nur diejenigen Schüler und Schülerinnen aufgenommen, die in ihren ZAGs ein 'Ohnegleichen' in Zaubertränke geschrieben haben. Die Erwartungen an sie alle sind dementsprechend hoch. Ich erwarte höchste Anstrengung und Disziplin." Er liess seinen furchteinflössenden Blick über die Klasse schweifen. Dann tippte er mit dem Zauberstab an die Wandtafel hinter sich, woraufhin die Zutaten und Zubereitung eines Zaubertrankes darauf erschienen. "Heute werden sie den Trank des lebenden Todes brauen. Das Rezept steht hier an der Tafel und sie finden alles, was sie brauchen im Zutaten Schrank. Dieser Trank ist komplizierter als alles, was sie bisher in Angriff genommen haben und fordert höchste Konzentration. Sie haben eine Stunde Zeit. Fangen sie an." Ich warf Elle einen seufzenden Blick zu, woraufhin wir uns an die Arbeit machten.

"Was ist das?" fragte Snape, als er während der Zubereitung an Elles und meinem Tisch stehen blieb und mein Vorgehen mit kritischen Augen betrachtete. "Das ist eine Schlafbohne, Sir", entgegnete ich zögernd, während ich fortfuhr, den Saft aus der Bohne herauszuholen. Ich war mir ziemlich sicher, dass ich bisher alles korrekt gemacht hatten, denn der Trank nahm genau den Lilaton an, der im Lehrbuch beschrieben war. "Das weiss ich selber, Evans", sagte er monoton. Er schob mit seinem Zauberstab den rechten Ärmel meines Umhanges nach oben. "Ich möchte wissen, was das auf ihrem Handrücken ist." Ich zog meine Hand schnell weg und strich den Stoff erneut darüber. "Nichts", entgegnete ich hastig. "Das ist nichts." Er beäugte mich skeptisch und ich riegelte reflexartig meine Gedanken von ihm ab, da ich nie recht wusste, wann er versuchte in meinen Verstand einzudringen. Er schnaubte. "Ich würde gerne nach dem Unterricht mit ihnen sprechen, Evans." "Kann nicht. Muss Nachsitzen bei Umbridge", erwiderte ich harsch und sprach ihren Namen gehässig aus. Ohne etwas weiteres zu sagen, drehte er sich um und ging weiter durch die Reihen. Ich versuchte mich wieder dem Trank des lebenden Todes zu widmen und zu vergessen, dass ich mich nach dieser Stunde ins Büro von meiner absolutem Albtraum begehen musste.



Faye Lily Evans - The Girl Who LovedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt