130 - reminiscence

510 42 11
                                    

31.10.1997

"Was machen wir?" fragte ich meinen Vater, als ich ihm an einem herbstlichen Nachmittag folgte, während er sich, die orange-rot gefärbte Einfahrt hinunter, vom Malfoy Manor entfernte. "Ich will dir etwas zeigen." Er streckte mir seine Hand hin und ich griff danach. Wir disapparierten.

Wir standen vor einem zerfallenen Haus in Godrics Hollow. Das Haus wirkte charmant, wären die Fenster nicht zersplittert und das Dach teilweise eingestürzt gewesen. Im Vorgarten wuchsen, trotz der herbstlichen Jahreszeit, wunderschöne Blumen. Lilien. Mein Herz wurde schwer, als ich realisierte, was das für ein Haus war. Ich trat etwas näher und berührte das verrostete Gartentor. Es erschien ein Holzschild mit goldenen Buchstaben:

'An dieser Stelle verloren in der Nacht des 31. Oktober 1981 Lily und James Potter ihr Leben. Ihr Sohn Harry ist bis heute der einzige Zauberer, der jemals den Todesfluch überlebt hat. Dieses Haus, für Muggel unsichtbar, wurde in seinem zerstörten Zustand belassen zum Gedenken an die Potters und zur Erinnerung an die Gewalt, die ihre Familie zerriss.'

Ich schluckte leer. Mein Vater nahm meine Hand in seine und führte mich in den Garten der Potters. Ich hob eine verwelkte Lilie auf und drehte sie wehmütig in meiner Hand. "Wie war sie?" flüsterte ich fragend.

„Wie du -" Sein Blick war sehnsuchtsvoll. "Fröhlich, herzlich, emphatisch, intelligent, mächtig, liebenswürdig - sie war wie du. " Bilder erschienen in meinen Gedanken. Erinnerungsaufnahmen von meiner Mutter während ihrer Schulzeit auf Hogwarts. Wunderschön und strahlend. "Du erinnerst mich in so vielen Hinsichten an sie. Ihr könntet euch nicht ähnlicher sein." Er lächelte. Severus Snape lächelte. Ein Schatten huschte über seine Augen. "Am Anfang war es zu schmerzhaft für mich. Ich konnte es nicht ertragen jeden Tag mit meinen Schuldgefühlen konfrontiert zu werden. Jeden Tag in Lilys Gesicht zu blicken. Ihre Persönlichkeit und ihren Charakter zu spüren. Doch es hat mir so viel gegeben. Dich zu sehen und einen Teil von ihr in dir zu erkennen. Ihre Herzlichkeit und Macht. Du bedeutest mir so viel, Faye. Auch wenn ich mich nie überwinden konnte, dir das zu sagen." Bereits jetzt stiegen mir Tränen in die Augen. Seine Worte berührten mich tief.

"Ich hätte dir schon längst von der Vergangenheit deiner Mutter erzählen sollen." Seine Stimme klang ruhig. "Aber ich habe es einfach nicht über mich gebracht." Ich schaute ihn erwartungsvoll an.

Es erschien eine spezifische Szene in meinem Geist. Ich erkannte ein Mädchen mit langen rot-braunen gewellten Haaren, fröhlich tanzend auf einer Frühlingswiese, sie musste ungefähr neun gewesen sein. Wüsste ich es nicht besser, hätte ich gedacht ich sehe mein neun-jähriges Ich. Ein gleichaltriger Junge mit schwarzen Haaren beobachtete sie mit einem Lächeln auf dem Gesicht. "Lily hat mich gerettet", sagte mein Vater in meinen Gedanken. "Sie hat alle mit ihrer Lebensfreude angesteckt." Dann streckte Lily Snape die Hand hin und sie drehten sich gemeinsam um sich selbst, Blüten schwebten in die Luft. Die Szenerie war wunderschön. Und es war wunderschön meine Mutter so strahlen zu sehen. "Sie hat nur Gutes in der Welt hinterlassen." Ich lächelte wehmütig. Eine Träne kullerte aus meinem Augenwinkel.  "Was ist zwischen euch geschehen?" Er seufzte.

„Wir hatten eine tiefe Freundschaft entwickelt. Sie hat mich akzeptiert, wie ich war. Sie hat immer das Gute in mir gesehen." Dann wechselte die Szenerie. Ich erkannte Hogwarts. Bilder in Slytherin- und Gryffindor-Aesthetik vermischten sich. „Unsere Freundschaft wurde komplizierter. Sie war immer für mich da, doch als ich mich mehr mit dunkler Magie befasst habe, hat sie sich von mir distanziert-" Die Bilder wurden dunkler und trister.

„ - und James Potter angenähert. Ich war immer eifersüchtig auf Potter. Er war arrogant, hatte alles-", fuhr er verbittert fort. "Dazu kam, dass er und seine Freunde mich während unserer gemeinsamen Schulzeit in Hogwarts ständig tyrannisierten." Seine Erinnerungen zeigten einen Konflikt. "Es kam zu einem Vorfall zwischen mir, Potter und seinen Freunden. Lily wollte sich für mich einsetzen, doch dann-" Die Szene zeigte James Potter wie er meinen Vater quälte. Hinter ihm Remus, Sirius, Peter Pettigrew und eine weitere Gruppe Gryffindor-Schüler, wie sie gespannt zuschauten. Lily kam vom Rande des Sees mit zornigem Gesichtsausdruck zur Situation hinzu. "Lasst ihn in Ruhe", fauchte sie mehrmals. James seufzte tief. "Na schön...", sagte er schliesslich, drehte sich zu Snape um und murmelte einen Gegenfluch. "Du kannst froh sein, dass Evans hier war, Snivellus-" Doch Snape liess ihn nicht aussprechen. "Ich brauche keine Hilfe von einem dreckigen, kleinen Schlammblut wie ihr!" Lily blinzelte. "Schön", hauchte sie kalt, "ich werde es in Zukunft sein lassen." Mit diesen Worten und Tränen in den Augen drehte sie sich um und ging beleidigt davon. Snape schaute ihr bedauernd hinterher.

"Lily war verletzt, beendete ihre Freundschaft mit mir und wandte sich endgültig von mir ab..." Die Stimme meines Vaters wurde immer leiser, zittriger und gebrochener. "Ich habe eingesehen, was ich getan habe, kaum habe ich die Worte ausgesprochen, doch es war zu spät. Ich hatte Lily für immer verloren."

Er verliess meine Gedanken und schaute mich mit glänzenden Augen an. Er wollte nicht, dass ich die nun kommenden Erinnerungsbilder sah. „Heute vor genau 16 Jahren habe ich deine Mutter hier tot aufgefunden." Er zeigte auf den Raum, wo das Dach eingestürzt war. "Ermordet durch den dunklen Lord. Und ich bin dafür verantwortlich." Seine Stimme wurde schwer. Ich schluckte. „Was ist geschehen?", fragte ich leise.

„Ich habe mich der dunklen Seite angeschlossen, wurde ein Todesser." Er zögerte. "Ich habe dem dunklen Lord von der 'grossen' Prophezeiung berichtet. Er wollte die Potters töten, da er dachte Harry sei derjenige, der die Prophezeiung erfüllen würde. Ich flehte ihn an, Lily zu verschonen, doch es war zu spät-" Seine Stimme brach ab. Eine Träne verliess sein Auge. "Ich habe sie verraten. Ich bin Schuld an ihrem Tod." Er schüttelte verdrängend den Kopf. „Ich hatte nach ihrem Tod das Gefühl nicht weiterleben zu können. Ich habe Lily geliebt. Ich konnte mit den Schuldgefühlen nicht umgehen." Er schaute zur Seite, blinzelte seine Tränen weg. Dann fuhr er monoton fort.

"Aus Liebe zu Lily und aus Schuldgefühlen für meinen Verrat an ihr, verpflichtete ich mich alles in meiner Macht stehende zu tun, um sicherzustellen, dass ihr Tod nicht vergebens war. Also nahm ich die Gefahr auf mich, als Todesser für den Orden des Phönix und Dumbledore zu spionieren."  Er versuchte seine Emotionen zu verstecken. So wie er es immer tat.

"Und als ich von dir erfahren habe, habe ich ihr versprochen, dass ich alles tun würde um dich zu schützen." Sein Blick war sanft, aber voller Melancholie. „Sie hat mir verziehen- Lilys Herz war so gross, dass sie mir trotz allem, was ich ihr angetan habe, verziehen hat." Er schüttelte wehmütig den Kopf, kämpfte damit in Tränen auszubrechen. "Sie war so gut. Sie hat das nicht verdient... Du hast das nicht verdient, du hättest mit ihrer Liebe aufwachsen sollen." Ich schüttelte lächelnd den Kopf. "Ich bin mit ihrer Liebe aufgewachsen." Ich fasste mir ans Herz. "Ich spüre ihre Liebe und ihre Macht jeden Moment in mir." Dann griff ich nach der Hand meines Vaters und legte sie über meine, in welcher ich noch immer die verwelkte Lilie hielt. Dann schloss ich die Augen und liess Magie in mir aufsteigen. Ich öffnete unsere Hände und die Lilie schwebte frisch blütend in der Luft. Dann ein Windstoss und weitere Blüten schwebten um uns herum. Tränen stiegen in seine Augen. "Sie ist immer bei mir", flüsterte ich.

Dann teilte ich meine einzige Erinnerung, die ich mit Lily Evans habe. Wie meine Mutter mich an dem Tag, als sie mich ins Waisenhaus brachte, im Arm gehalten und mir gefühlvoll ins Ohr geflüstert hat: "Ich liebe dich, Faye!" Die schönste Erinnerung, die ich besass. Seine Augen glänzten.

Er strich eine Haarsträhne hinter mein Ohr. „Deine Mutter wäre stolz auf dich", flüsterte er. Tränen flossen über meine Wangen. Dann konnte ich mich nicht zurückhalten und fiel ihm um den Hals. Vergrub mein Gesicht an seinem Brustkorb. Er zog mich an sich. Ich spürte, wie sich etwas in ihm löste. "Du hast mich gerettet, so wie sie es tat. Du wirst alle retten, so wie Lily es getan hat, Faye", flüsterte er in mein Ohr. Und ich weinte. Weinte aus Liebe zu meinen Eltern, die ihr Leben für mich geben würden und gegeben haben.

Heute war der erfüllendste, schönste und warmherzigste Moment, den ich je erlebt habe. Mit meinem Vater. Severus Snape. Der tapferste Mann, den ich kenne.


🤍🤍🤍

Hoppla! Dieses Bild entspricht nicht unseren inhaltlichen Richtlinien. Um mit dem Veröffentlichen fortfahren zu können, entferne es bitte oder lade ein anderes Bild hoch.

🤍🤍🤍

Faye Lily Evans - The Girl Who LovedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt