36 - repeated fainting

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Die Woche verging und die Bewusstlosigkeitsanfällen nahmen nicht wirklich ab. Doch ich merkte relativ schnell, welche Anzeichen einen Anfall ankündeten, also konnte ich sie ziemlich gut verstecken. Wenn mir schwindelig oder übel war ging ich meistens raus, bevor mir schwarz vor Augen wurde. McGonagall war die einzige, die mir jedes Mal besorgt hinterher blickten. Sie und Snape waren vermutlich auch die einzigen, die etwas von meinem Zustand wussten und ich kann mir denken, dass sie sich folglich auch um mich sorgten. Und das hasste ich. Ich hasste es, dass sich sogar Lehrer Sorgen um mich machten. June blickte mir ebenfalls jedes Mal misstrauisch hinterher, wenn ich den Raum verliess. Doch es sagte nie irgendjemand etwas. Es hat nie jemand mitgekriegt, wie ich mitten auf dem Gang zusammenbrach oder auf dem Mädchenklo mein Bewusstsein verlor. Wie ich wie benommen, der Wand entlang auf den Boden sank und versuchte mich auf meine Atmung zu konzentrieren, damit der Anfall schneller vorbei ging. Denn jedes Mal, wenn ich wieder zurück in das Klassenzimmer lief, trug ich ein aufgesetztes Lächeln auf den Lippen. Ich konnte verhindern, dass jemand erfuhr, dass ich mehrmals am Tag solche Anfälle hatte. Manchmal waren sie schlimmer und ich war wirklich einige Minuten bewusstlos, manchmal blieb es bei Schwindel und Übelkeit, doch die Anfälle waren da, obwohl sie es nicht hätten sein sollen. Ich wusste, dass das nicht das nicht normal war, doch ich wollte nicht zu Madam Pomfrey gehen. Ich hatte Angst. Keine Ahnung wovor, doch ich hatte Angst.

Am darauf folgenden Montag ging ich erneut während McGonagalls Unterricht aus dem Klassenzimmer. Mir war schon der ganze Morgen über schwindelig und übel, doch während der ersten Lektion hat sich alles ziemlich verschlimmert. Ich begann zu zittern, hatte Schweissausbrüche und mir war Speiübel. Vermutlich war ich Kreideblass und man sah mir von zehn Kilometer Entfernung an, dass etwas nicht stimmte, denn als ich aufstand, um nach draussen zu gehen, sah ich wie sich etwas in Professor McGonagalls Blick änderte. Ein Schatten bereitete sich in ihrem Gesicht aus. Man hat mir nie angesehen, wenn ich einen Anfall hatte, doch heute war es offensichtlich anders. Irgendetwas war auch sonst anders. Ich hatte ein anderes Gefühl, als bei den anderen Anfällen. Ich konnte immer einigermassen gut damit umgehen, doch dieses mal gelang mir das eindeutig nicht. Ich stand also auf, drehte mich um und lief ohne zu fragen aus dem Klassenzimmer. McGonagalls schaute mir perplex nach und brauchte einen Moment, bis sie sich wieder gefasst hatte. "Miss Evans stimmt etwas nicht?", fragte sie nach einer kurzen Pause. Ich drehte mich nicht um, schüttelte nur aus Reflex den Kopf. "Soll jemand mit ihnen mitkommen?" fragte sie ergänzend. Erneut schüttelte ich den Kopf und lief wie ferngesteuert auf die Schulzimmertür zu.

Mit weichen Knien trat ich in den Flur hinaus und schloss hinter mir mit zittrigen Händen die Tür. Was war bloss los mit mir? Das war nicht mehr Erschöpfung vom Vorfall in der Kammer des Schreckens. Bloss aus Erschöpfung würde man nicht mehr als eine Woche nach einem Schädel-Hirn-Trauma andauernd bewusstlos werden. Irgendetwas stimmte mit meinem Kopf nicht.

Ich stützte mich mit meinem rechten Unterarm an der kalten Steinmauer ab und vergrub mein Gesicht in meinem Ellenbogen. Ich war ziemlich überfordert mit der Situation gerade. Es war mir einfach alles wieder einmal zu viel. Heisse Tränen strömten über meine Wangen und ich musste ein lautes Schluchzen unterdrücken. "Faye?" hörte ich Freds Stimme vom anderen Ende des Ganges. Ich wollte meinen Kopf zur Quelle der Stimme umdrehen, doch durch das eilige Heben meines Kopfes wurde mir blitzartig schwarz vor Augen und ich konnte mich nur noch mit Schwierigkeiten auf den Beinen halten. Fred legte seine Arme um meine Taille um mich zu stützen. Kurz darauf brach ich lautlos in seinen Armen zusammen. Ich konnte meinen Kopf nicht mehr halten und er knickte nach vorne. Ich war nicht bewusstlos aber irgendwie war ich auch nicht wirklich bei Bewusstsein. Fred hob meinen Kopf an und ich versuchte meine Augen zu öffnen. Als ich blinzelte starrte ich in seine braunen Augen, die nur wenige Zentimeter von meinem Gesicht entfernt waren. Wir standen uns so nah, dass ich seinen Atem auf meiner Stirn spüren konnte. Doch ich konnte mich nicht wirklich darauf konzentrieren, denn mein Kopf kippte immer wieder zur Seite und ich musste mich bemühen bei Bewusstsein zu bleiben, auch wenn es mir mehr wie eine Art Trance vorkam. "Was ist los?" fragte er mich, nach dem wir einige Minuten schweigend gegenüber von einander standen. Ich zuckte mit den Armen. Irgendetwas zog sich in mir zusammen und wieder liefen mir Tränen über die Wangen. "Ich weiss es nicht. Ich weiss nicht was mit mir los ist." Antwortete ich wispernd auf seine Frage. Mit seiner Hand an meiner Wange strich er einige Tränen aus dem Gesicht und schaute mir bemitleidend direkt in meine Augen.

In diesem Moment ging die Schulzimmertür auf. Ich wandte meinen Blick von Fred ab, er jedoch liess mich nicht aus den Augen. June stand im Türrahmen und blickte fragend zwischen Fred und mir hin und her. Ich löste mich von Fred, als Junes Blick an mir hängen blieb. Daraufhin kam sie auf mich zu, nachdem sie hinter sich die Tür geschlossen hat. Meine Knie waren immer noch kurz davor nachzugeben und als hätte sie es bemerkt, griff sie nach meinem Arm. "Hey, was ist los Faye?" Meine Augen füllten sich wieder mit Tränen, doch ich schämte mich ihr zu sagen, was los war. Stattdessen starrte ich vor meinen Füssen auf den Boden. Dann blickte sie verzweifelt zu Fred. "Sie hat vorhin beinahe das Bewusstsein verloren. Ich konnte sie zum Glück gerade noch rechtzeitig auffangen." "Schon wieder?" June wandte ihren Blick wieder mir zu und ich löst auch meinen wieder vom Boden. Mit Tränen in den Augen nickte ich und unterdrückte ein Schluchzen. "Wie oft schon Faye?" Junes Miene wurde Ernst, doch noch immer war ihr die Sorge ins Gesicht geschrieben. Ich zuckte mit den Schultern. Nun konnte ich die Tränen nicht mehr zurück halten und sie liefen mir wieder einmal in Strömen über die Wangen. Ich vergub mein Gesicht in meinen Händen. "Zu oft schon", schluchzte ich kaum hörbar. Kurz darauf nahm mich June in den Arm. "Hey Faye, es wird alles gut." Als die Türe ein weiteres Mal aufging und diesmal Professor McGonagall den Flur betrat, löste sich June wieder von mir.

"Kann ich kurz mit ihnen alleine sprechen Miss Evans? Miss Flores sie können schon mal rein gehen und Mr Weasley ich weiss wirklich nicht, was sie zu dieser Uhrzeit hier verloren haben. Sie sollten eigentlich im Unterricht sein." Mit strenger Miene schwenkte sie nun den Blick Fred zu. "Tut mir leid Professor. Ich war gerade auf dem Weg zu Zauberkunst und dann habe ich Faye gesehen und dann-" "Ja-Ja, gut gut Mr Weasley, ich werde ein Auge zudrücken, aber jetzt ab in den Unterricht", unterbrach ihn Professor McGonagall mit einer mahnenden Stimme, woraufhin Fred nickte und wieder in dieselbe Richtung lief, von der er gekommen war, die nicht einmal annähernd zum Klassenzimmer von Professor Flitwick führte. Sie schaute ihm kopfschüttelnd hinterher, dann wandte sie sich June zu. "Miss Flores?" June schaute mich fragend an. Ich zuckte mit den Schultern und nickte ihr zu, woraufhin sie wieder im Klassenzimmer verschwand. Dann wandte ich meinen Blick erneut McGonagall zu. "Was ist los mit Ihnen? Es geht ihnen offensichtlich nicht gut?" fragte sie mich durchdringlich. "Ich-", begann ich, doch kam nicht wirklich weit. Was sollte ich ihr überhaupt erzählen? Abstreiten, dass es mir nicht gut ging, war ziemlich sicher zwecklos, doch was hatte die Wahrheit für Folgen? Professor McGonagall legte eine Hand auf meine Schulter. "Lassen sie sich helfen. Ich kann ihnen nicht weiter zusehen, wie sie kaputt gehen. Ich würde gerne wieder die Faye Evans in meinem Klassenzimmer begrüssen, die nicht an jeder Kleinigkeit zu zerbrechen scheint und deren Lächeln, das das ganze Klassenzimmer erhellen mag, mich so an ihre Mutter erinnert." Meine Mundwinkel zuckten ein wenig. Vermutlich hat sie recht. Vermutlich würde es mir wirklich bald besser gehen, wenn ich mir endlich helfen lassen würde. Also atmete ich einmal tief durch. "Ich- Ich denke ich sollte vielleicht noch einmal zu Madam Pomfrey..." Und dann erzählte ich McGonagall, warum es mir in der letzten Woche nicht wirklich gut ging.

Faye Lily Evans - The Girl Who LovedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt