Kapitel 5

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18.09.2022 - Köln

Ihre Hände neben dem Waschbecken abgestützt blickte Mint in die grünlichen Augen ihres Spiegelbilds. Die wenigen Stunden Schlaf hinterließen deutliche Spuren auf ihrem mit Sommersprossen verzierten Gesicht. Erst gegen halb fünf konnte sie ihren Körper in die weiße Bettwäsche des Hotels einrollen und ihre Augen entspannen. Nach einem weiteren Tanz und zwei Shots zum Abschluss dieses gelungenden Abends, hatten die Beiden den Pub verlassen und den Heimweg angetreten. Zeitlich gesehen waren sie etwas mehr als zwei Stunden dort, für einen normalen Abend nicht lang. Für einen Abend mit einem erfolgreichen, bereits abgeschlossenen, Konzert, jedoch schon. Um von ihren Augenringen abzulenken, versuchte sie diese mit etwas mehr MakeUp als üblich zu bedecken. Was ihr eher schlecht als recht gelang. Ein Glück, dass ihre Aufgaben hinter der Bühne zu erledigen sind und sie nicht wie Michael im Mittelpunkt der Veranstaltung steht. Ihre Haare mit einem Glätteisen gelockt, stylte sie einige der vorderen Strähnen nach hinten und befestigte diese mit einem durchsichtigen Haargummi. Optisch tat dies einiges, geistig dennoch schenkte es ihr keine der verlorenen Stunden an Schlaf zurück.

-Brüderchen bist du noch sauer?-

Schrieb sie Noah beim verlassen des Badezimmers. Seit ihrer Meinungsverschiedenheit hatte er die Tonfrau weder angerufen, noch ihr eine Nachricht geschrieben. Ein eher untypisches Verhalten, außer er war wirklich sauer, dann verwandelt sich sein besorgtes Verhalten in einen sturen Bock.

-Guten Morgen Melly :) Wie geht's dir kleine Schwester? Hast Du etwas von Noah gehört? Ich glaub er ist sauer, weil ich gesagt hab dass wir Mama gehen lassen sollten. Drück dich! Min-

Normalerweise zog sie ihre Schwester nicht in die Probleme mit ihrem Bruder hinein, doch die anstehende Entscheidung über die lebenserhaltenden Maßnahmen ihrer Mutter machten es zu einer gesonderten Situation. Als Schwester und Tochter brach sie ihre Pflicht anwesen zu sein, natürlich wäre es verständlich wenn ihre Familie enttäuscht ist. Doch wollte sie wenigstens wissen was entschieden wird und wie es allen Beteiligten damit erging. Nur weil sie nicht täglich am Krankenbett saß, hieß dies keineswegs, dass ihre Mutter ihr egal war. Sie wird jederzeit ihre wichtigste Bezugsperson und ihr Vorbild bleiben, dabei zählte der Abstand zwischen Himmel und Erde nicht. Ist es überhaupt möglich die Person zu vergessen, welche man sein Leben und eine traumhafte Kindheit zu verdanken hat. Die Person, die einen jeden Abend in den Schlaf gelesen hat, stehts hinter einem stand und da gewesen ist, wenn niemand anders es war. Nein unmöglich, selbst wenn es ihr größter Wunsch wäre, ihre Mutter könnte sie niemals vergessen.

-Hi Min ♡ Mir geht's gut, ich hoffe dir auch? Wie ist die Tour? Du kennst doch Noah, er hängt an Mama und mag nicht in Erwägung ziehen, dass es für sie vielleicht so am besten ist

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-Hi Min ♡ Mir geht's gut, ich hoffe dir auch? Wie ist die Tour? Du kennst doch Noah, er hängt an Mama und mag nicht in Erwägung ziehen, dass es für sie vielleicht so am besten ist. Geb ihm Zeit und mach dir keinen Kopf. Mich meidet er auch, weil ich dir zugestimmt habe :/ Am Ende entscheidet es Papa. Muss los zu Arbeit, lass uns die Tage mal telefonieren Min (: Drück Dich-

-Danke Melly ♡ Hier ist auch alles gut. Morgen oder übermorgen hätte ich Zeit! Freu mich :) -

Ein Funken Erleichterung verschob die Gedanken um ihren Bruder, es lag nicht einzig und alleine an ihr dass er den Kontakt vermied. Ihre Schwester trug vermutlich recht damit ihm einfach ein wenig Zeit zu gönnen. Jeder verarbeitet den Verlust eines geliebten Menschen anderes. Bei ihrem Opa erging es Mint nicht wesentlich anderes als Noah jetzt, damals schaffte sie es nur schwer sein Ableben zu verkraften. Heute trug sie ihn und all die Erinnerungen in ihrem Herzen. Manchmal fragte sie sich dennoch, ob er stolz auf die Frau wäre, die sie heute ist. Oder ob ihm ihre berufliche Entschlossenheit ebenfalls unpassend vorkam. Eine Antwort würde sie niemals mehr bekommen. Mint steckte ihr Handy weg und nahm ihren Rucksack, mit welchem sie ihr Zimmer verließ. Viel Zeit zum trödeln und um in alten Gedanken zu versinken blieb ihr nicht, bevor sie zu Arena laufen wollte, wartete noch das Frühstück auf ihren Besuch. Ohne zusätzliche Energie gäbe es keine Garantie dafür ob ihr Körper den heutigen Tag standhält. Allein die Treppe runter fielen ihr die Augen beinah zu, wobei sie acht geben musste nicht zu stürzen. Einen Ausfall konnte die Tonfrau sich keinesfalls leisten. Flo kann ihre Position in der Theorie zwar vertreten, jedoch fehlte ihm die praktische Auseinandersetzung mit der Show. Seit der allgemeinen Einweisung vor dem ersten Konzert gab es viele kurzfristige Anpassungen und ändernen an die unterschiedlichsten Gegebenheiten. Dazu kam das neue Mischpult. Bisher verhinderten die alltäglichen Aufgaben, eine neue Einweisung all ihrer Kollegen über die technischen Spezifikationen. Ein gutes Beispiel legte sie mit dieser Art zu arbeiten nicht vor. Spätestens an den freien Tagen sollte sie sich die Zeit nehmen, um dies nachzuholen. Bei der aktuell wieder steigenden Gesundheitslage war ein Ausfall auch kurzfristig möglich, trotz regelmäßiger Testung und vorhandener Impfung. Am Ende konnte man nur hoffen verschont zu bleiben, besonders im Zusammenhang mit solchen Großveranstaltungen. Ohne diese kam Mint nur kaum über die Runden, was die letzten zwei Jahre bedauerlicherweise gut bewiesen haben. Um so mehr wusste sie jeden Auftrag zu schätzen.

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