Hannes Sicht:
Etwas später sitzen Nowi und ich am Küchentisch. Der Plan für heute war eigentlich schon mal alles, was wir für die Konzerte brauchen, zusammen zu packen und dabei mal wieder den Proberaum auf Vordermann zu bringen. Doch das muss wohl verlegt werden. Ohne dass wir Thomas wecken wäre das nicht möglich. Aber nach dem nervenaufreibenden Morgen sind wir uns einig ihn schlafen zu lassen. „Ich glaube hier bringen wir heute nichts sinnvolles mehr zustande. Wäre das für dich in Ordnung, wenn ich in Thomas und Steffs Wohnung fahre und die Dinge hole, die Motti für die nächste Woche bei mir braucht?" „Ja klar mach das. Nur hier die Zeit absitzen bis Thomas aufwacht ist auch sinnlos. Ich werde noch ein paar Mails schreiben und Telefonate erledigen, um die letzten Sachen für die Konzerte zu klären und hier bleiben, falls Thomas wach wird." „Danke Nowi! Schreib mir bitte, wenn Thomas aufwacht. Dann mache ich mich sofort wieder auf den Weg hier her." „Mach ich Hannes. Bis später." Und schon bin ich aus der Tür raus, auf dem Weg zur Wohnung meines Bruders und meiner besten Freundin. Kurze Zeit später parke ich in der Nähe der Haustür und gehe die Treppen zur Wohnung im dritten Stock hinauf. Es hat schon so seinen Vorteil, dass wir vier jeweils einen Schlüssel für die Wohnungen der anderen haben. Diese kommen zwar selten zum Einsatz, doch jetzt bin ich froh, dass ich nicht Thomas Schlüssel nehmen musste. Ich sperre die Tür auf, ziehe mir Jacke und Schuhe aus und gehe in Richtung des Zimmers von Motti. Aufmerksam schaue ich mich um und frage mich im nächsten Moment warum ich das mache. Etwas erleichtert stelle ich fest, dass alles wie immer aussieht. Auch wenn Thomas seinen Sohn vernachlässigt hat, scheint er immerhin die alltäglichen Dinge wie Wäsche waschen, aufräumen und Geschirr spülen auf die Reihe zu bekommen. Es ist zwar eine Kleinigkeit, doch die Erkenntnis macht mich komischerweise glücklich. Warum? Vielleicht weil ich vom schlimmsten ausgegangen bin. Ich habe das Gefühl Thomas gar nicht mehr zu erkennen und vielleicht traue ich ihm genau deswegen alles zu. Es tut mir weh so über meinen Bruder zu denken. Mich trifft die Erkenntnis, dass nicht nur Steffs und Mottis Vertrauen in Thomas einen Riss hat. Auch mein Vertrauen ist angeknackst. Ich hoffe sehr, dass Thomas schnell wieder der Alte ist. Er muss sich uns anvertrauen damit wir ihn unterstützen können. Wir vier gegen den Rest der Welt. Daran halte ich im Moment fest. Wir schaffen das. Egal wie groß das Problem ist, egal was der Grund und der Auslöser ist. Mich packt ein starker Wille alles in meiner Macht stehende zu machen, um den alten Thomas zurückzuholen. Ich befürchte, dass es ein langer kräftezehrender Weg wird, aber ich bin bereit diesen zu gehen. Der Piepton meines Handys reißt mich aus meinen Gedanken. Ein Blick aufs Display, welches mir den Eingang einer Nachricht von Steff verrät. „Das ist schön zu hören, dass mein Kleiner heute Morgen so ausgelassen und fröhlich von der KiTa erzählt hat. Ich wünsche euch einen schönen Tag und dir ein gutes Gespräch mit Thomas. Ruft ihr mich heute Abend gegen 18:30 Uhr an? Hab euch ganz doll Lieb Steff." Ein gutes Gespräch mit Thomas also. Wenn die wüsste was vorhin im Proberaum abging. Ich fürchte ich komme nicht darum herum ihr heute Abend davon zu berichten. Die Frage bleibt nur wie ich das in Mottis Anwesenheit machen soll. Aber darüber kann ich mir heute Abend Gedanken machen. „Danke! Wir wünschen dir auch einen schönen Tag und rufen dich um 18:30 Uhr an:) Bis später Hannes!" antworte ich ihr und stecke mein Handy zurück in meine Hosentasche, um endlich anzufangen Mottis Sachen einzupacken. In eine Reisetasche, die ich aus Steffs Schrank krame, wandern Klamotten, Kuscheltiere, etwas Spielzeug und Dinge aus dem Badezimmer, wie Shampoo und so weiter. Ich schaue mich noch einmal im Kinderzimmer um und bin der Meinung nichts Wichtiges vergessen zu haben. Als ich gerade dabei bin die Tür hinter mir zu schließen, erhalte ich einen Anruf von Nowi. „Hey Nowi. Wie siehts aus?" „Hey Hannes. Thomas ist gerade aufgewacht und erstmal ins Badezimmer gegangen. Viel geredet hat er nicht. Er wollte nur wissen, wo du bist und da habe ich ihm wahrheitsgemäß geantwortet. Er hat es erstmal so hingenommen. Also kein Grund zur Sorge. Die Situation ist unter Kontrolle." „Na immerhin. Ich bin auch gleich wieder zurück, bin schon auf dem Weg zum Auto." „Super bis gleich." Ich lege auf und fahre wieder zurück zum Proberaum. Da es mittlerweile schon Mittag ist und ich vermute, dass die anderen heute ebenfalls noch so gut wie nichts gegessen haben, halte ich noch schnell an unserer Lieblingsdönerbude und besorge etwas zu essen für uns drei. Ich hoffe, dass wir gleich normal mit Thomas umgehen können. Dass er direkt erzählen wird, was ihn bewegt, glaube ich nicht, aber ich habe die Hoffnung, dass wir vernünftig miteinander reden können und vielleicht sogar noch Dinge für die Konzerte besprechen können.
![](https://img.wattpad.com/cover/341133087-288-k575118.jpg)
DU LIEST GERADE
Abschied ohne Liebe
FanfictionVor einer Woche ist Steff zu den Dreharbeiten von Sing meinen Song nach Südafrika geflogen. Lange hatte sie sich darauf gefreut, obwohl sie dafür ihre Liebsten in Deutschland zurücklassen musste. Doch von der Freude blieb vor Ort nichts übrig. Der A...