Hannes Sicht:
Am nächsten Morgen erhalte ich eine Nachricht von Simmi, in der sie mich informiert, dass mit Motti alles gut gelaufen ist. Er hatte wohl viel Spaß beim Spielen mit ihren Söhnen und hat sich auch heute freudig in den Kindergarten bringen lassen. Schnell antworte ich ihr, dass mich das freut und bedanke mich. Ich mache mich auf den Weg zum Proberaum. Auf der Fahrt mache ich mir einige Gedanken, wie der Tag heute verlaufen wird. Ich kann absolut nicht einschätzen, wie Thomas drauf sein wird wenn wir die Setlist komplett durchspielen. Mir gehen viele Fragen durch den Kopf: Wird Thomas es schaffen die Setlist problemlos durchzuspielen? Wird ihn ein bestimmtes Lied aus der Bahn werfen? Wird er sich auf die Musik konzentrieren und sich dennoch fallen lassen können? Oder wird er eher krampfhaft und emotionslos in seiner Gitarre halt suchen? Die doch eigentlich recht kurze Fahrt zum Proberaum scheint sich wie ein Kaugummi in die Länge zu ziehen und ich bin regelrecht erleichtert, als ich den Parkplatz erreiche und die Treppen zum Proberaum hoch gehe. Ich schließe die Tür auf und bin erstaunt, dass ich nicht der Erste bin. Ein Blick zur Garderobe verrät mir, dass Thomas doch tatsächlich vor mir da ist. „Guten Morgen" sage ich fröhlich als ich Thomas in der Küche erblicke. „Guten Morgen Hannes. Willst du einen Kaffee?" kommt sofort die Gegenfrage, mit der ich nicht gerechnet habe. Seit wann ist er bitte hier? „Äh ja gerne. Danke!" antworte ich und Thomas reicht mir einen Kaffee. Spielt er mir gerade vor, dass alles gut ist, damit ich entspannter bei der Probe bin oder geht es ihm gerade wirklich gut? Besorgt mustere ich meinen Bruder doch werde nicht schlau aus ihm. Er macht auf mich in diesem Moment einen guten Eindruck, doch sicher bin ich mir nicht. Es scheint als könne ich ihn nicht mehr so einfach durchschauen, wie es bis vor kurzem immer der Fall war. Egal wie es ihm ging, ich habe es ihm angesehen. „Wie geht es dir?" frage ich deswegen direkt in der Hoffnung eine ehrliche Antwort zu erhalten. Kurz schaut Thomas mich nachdenklich an und antwortet dann: „Ganz gut denke ich." „Denkst du?" „Ja. Also eigentlich echt gut. Ich freue mich gleich mit euch Musik zu machen und hoffentlich später meinen Sohn in die Arme nehmen zu können, wenn er das denn möchte." „Das ist schön. Ich freue mich auch die Setlist durchzuspielen. Motti geht es übrigens gut. Er hatte viel Spaß mit Simmis Kindern." „Danke, dass ihr euch alle kümmert." antwortet Thomas und ein leicht trauriger Schatten schleicht sich in sein Gesicht. Ich ziehe ihn in eine Umarmung. „Es ist ok Thomas. Wir machen das gerne. Du weißt, dass wir immer füreinander da sind, einander unterstützen. Mach dir nicht so viele Gedanken um deinen Sohn, sondern fokussiere dich auf deine Gesundheit. Es wird alles gut werden." Ein paar Tränen verlassen Thomas Augen und ich weiß, dass es ihm gut tut den Halt von mir zu bekommen. Nach einigen Minuten hat er sich wieder gefangen und wir gehen schon mal zu unseren Instrumenten. „Nowi müsste gleich kommen. Lass uns schon mal alles vorbereiten." fordere ich Thomas auf. Etwas Beschäftigung bis Nowi kommt, tut uns sicherlich gut. Als Nowi zur Tür reinkommt ist schon alles vorbereitet und wir können direkt beginnen. Die Setlist beginnt mit Auf Auf. Unser Instrumental Intro bringt uns richtig viel Spaß und ein Blick zu Thomas zeigt mir, dass er voll und ganz in der Musik aufgeht. Als er meinen Blick bemerkt, schaut er von seiner Gitarre auf und grinst mich breit an. Es scheint als wäre alles wie immer, fast so als wäre die Zeit seit Steffs Abreise nur ein Traum, aus dem wir in diesem Moment erwachen. Auch Nowi blickt uns glücklich an. Es fehlt wirklich nur Steff. So etwas wie die Generalprobe ohne unsere Sängerin durchzuführen ist zugegebenermaßen gewöhnungsbedürftig, doch da müssen wir jetzt durch. Wäre die Situation nicht so wie sie ist, hätten wir gar nicht mehr geprobt. Schließlich haben wir zeitig damit angefangen, wussten wir doch, dass Steff die letzten zwei Wochen vor den Konzerten nicht da sein wird. Lied für Lied arbeiten wir uns in der Setlist vor. Bis jetzt läuft alles glatt. Von Lied zu Lied bin ich immer mehr davon überzeugt, dass Thomas recht hat und Musik das ist, was ihm hilft und alles vergessen lässt, was ihn momentan belastet und herausfordert. Ich bin zuversichtlich, dass wir die Konzerte spielen können. Die Vorfreude kommt zurück und mischt sich mit einem Gefühl der Erleichterung. Doch dann kommt dieses eine Lied, mit dem Thomas scheinbar doch nicht so mühelos zurechtkommt.
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Abschied ohne Liebe
FanfictionVor einer Woche ist Steff zu den Dreharbeiten von Sing meinen Song nach Südafrika geflogen. Lange hatte sie sich darauf gefreut, obwohl sie dafür ihre Liebsten in Deutschland zurücklassen musste. Doch von der Freude blieb vor Ort nichts übrig. Der A...