Teil 17

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Thomas Sicht:

Nachdem Nowi sich verabschiedet hat, gehe ich ins Badezimmer. Schnell putze ich meine Zähne, ziehe mich aus und mache mich bettfertig. Ich gehe mir noch schnell aus der Küche ein Glas Wasser holen und nehme mein Handy mit, welches ich auf dem Wohnzimmertisch liegen lassen habe. Ich ziehe die Jalousien zu und lege mich ins Bett. Dort greife ich nach meinem Handy und werfe einen Blick darauf. Es zeigt eine neue Nachricht von Nowi an, die vor wenigen Sekunden angekommen ist: „Hey Thomas. Danke, dass du dich mir ein Stück weit geöffnet hast. Ich bin ehrlich sehr erleichtert, dass du mit dir reden lässt und kein emotionaler Eisklotz mehr bist. Ich weiß, dass dir unser Gespräch nicht leicht gefallen ist und schätze es aufgrund dessen umso mehr. Schlaf gut und schlaf morgen bitte aus. Das tut dir mit Sicherheit gut!" Während ich die Worte lese, muss ich lächeln, was mir in diesem Moment bewusst wird. In der letzten Woche war ich wie Nowi so schön schreibt ein emotionaler Eisklotz. Dann ist es doch eigentlich schon ein Fortschritt, dass ich mich über die Nachricht und die verständnisvollen, lieben Worte freue, oder? Ja das ist es, ziehe ich als Fazit. Vielleicht kann es ja wirklich wieder langsam bergauf gehen. Ich habe auch eine Idee, für die Ursache meines Verhaltens doch so ganz sicher bin ich mir noch nicht. Kann es wirklich sein, dass ich mich in eine Kleinigkeit so stark rein gesteigert habe, dass ich mich dabei komplett verändert habe? Und wenn ja warum? Ich bin doch sonst nicht so, dass ich mich über Kleinigkeiten aufrege, nachtragend bin und mich unnötigerweise in Dinge rein steigere. Außer vielleicht bei der Musik. Wenn es darum geht das Beste aus einem Lied rauszuholen, kann ich mich da sehr rein steigern, aber in allen anderen Situationen bin ich selten verbissen und übertreibe es sogar. Oder habe ich doch schon länger mit etwas zu kämpfen, das mich belastet und das mir so nicht bewusst ist? Ich kann es nicht beantworten. Nicht jetzt. Mir ist zumindest nicht klar, was mich schon länger belasten könnte. Da ich sehr müde bin, entscheide ich mich Nowi noch schnell zu antworten und mir die nächsten Tage weiter Gedanken über mich und mein Verhalten zu machen. „Danke Nowi für dein Verständnis und auch das Angebot morgen auszuschlafen! Das würde ich gerne annehmen. Ich melde mich wenn ich mich auf den Weg zum Proberaum mache. Gute Nacht!" Zufrieden mit der Antwort lege ich mein Handy weg. Nur am Rande nehme ich war, dass ich noch viele weitere ungelesene Nachrichten habe. Doch diese müssen warten. Auf einen Tag mehr wird es schon nicht ankommen. Außer es ist etwas mit Motti. Kurz schaue ich doch nochmal genauer, ob nicht noch eine Nachricht oder ein Anruf von Hannes eingegangen ist. Doch das ist nicht der Fall, wie ich beruhigt feststelle. Jetzt brauche ich dringend Schlaf. Ich drehe mich um und versuche zur Ruhe zu kommen. Doch leider ist es nicht so leicht in einen ruhigen Schlaf zu finden oder besser gesagt überhaupt einzuschlafen. Meine Gedanken kreisen pausenlos und hindern mich daran zur Ruhe zu kommen. Der Tag will verarbeitet werden. Zum einen trifft es mich immer noch sehr, dass mein kleiner Schatz die Woche bei meinem Bruder wohnen wird. Ich bin enttäuscht von mir selbst, dass ich nicht in der Lage war und bin mich liebevoll um Motti zu kümmern und dankbar, dass die Menschen um mich herum dies erkannt haben und einschreiten. Aber die Erkenntnis tut mir sehr weh und ich sehne mich in diesem Moment sehr nach Steff, die mich in den Arm nimmt und mir bedingungslosen halt gibt. Doch abgesehen davon, dass diese auf einem anderen Kontinent weit weg ist, habe ich Idiot sie auch von mir gestoßen und damit stark verletzt. Und zurückblickend habe ich damit nicht nur sie, sondern auch viele weitere Menschen in meinem Umfeld und auch mich selbst verletzt. Ich kann nur hoffen, dass sie überhaupt noch mit mir reden möchte. Nach meinem Verhalten könnte ich es verstehen, wenn sie mich von sich stößt. Vielleicht sollte ich Hannes oder Nowi fragen, ob ich vorübergehend bei ihnen unterkommen kann, damit Steff wenigstens mit unserem Sohn Zuhause in gewohnter Umgebung sein kann, wenn wir nach den Konzerten zurück in Berlin sind. Oder ich gehe in ein Hotel. Das ist das mindeste, was ich tun kann, wenn sie Abstand zu mir verlangt. Ich hoffe, dass beides nicht nötig sein wird und wir alles irgendwie geregelt bekommen, doch ehrlich gesagt habe ich Zweifel daran. Zu groß ist der Riss, den insbesondere ich in der letzten Woche habe entstehen lassen. Wie automatisch greife ich bei den Gedanken an Steff nach meinem Handy und öffne den Chat mit ihr. Sofort zeigt mein Handy unzählige ungelesene Nachrichten weniger an. Mir wird bewusst, dass ich seit ihrem Abflug keine ihrer Nachrichten gelesen habe. Das hole ich jetzt nach. Ich habe etwas Angst, dass es mich emotional überfordert ihre Nachrichten zu lesen, doch die Neugierde überwiegt.


Abschied ohne LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt