Teil 29

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Hannes Sicht:

Um kurz vor 18 Uhr fällt dann tatsächlich die Tür ins Schloss und Thomas betritt den Proberaum. „Hallo" sagt er schlicht, schaut uns dabei aber geistesgegenwärtig an. „Hallo Thomas." antworte ich schlicht und warte darauf, dass er sich zu uns setzt. Ein paar Snacks und etwas zu trinken, haben wir schon bereit gestellt. Doch Thomas schaut sich suchend im Raum um und guckt auch in die anliegenden Räume. „Suchst du etwas bestimmtes?" spricht Nowi die Frage aus, die sich mir ebenfalls stellt. Verunsichert schaut Thomas zu uns und sagt: „Ähm ja. Also. Ähm. Wo habt ihr, also wo ist Motti?" „Simmi hat ihn abgeholt." beantworte ich seine Frage. „Ich habe es für besser gehalten, dass er nicht mehr hier ist, wenn wir uns über die Konzerte austauschen. Ich hoffe zwar, dass wir uns gleich vernünftig und entspannt darüber unterhalten können, aber falls das nicht der Fall ist, muss der Kleine das nicht unbedingt mitbekommen." Kurz denkt Thomas über meine Worte nach und nickt mir dann zustimmend zu. Und dennoch bemerke ich die Enttäuschung, die in seinem Blick mitschwingt. „Du hättest ihn gerne gesehen, oder?" frage ich direkt nach. Überrascht schaut mein Bruder mich an, hat er doch wahrscheinlich vermutet, dass er seine Enttäuschung besser vor uns verstecken kann. „Äh ja. Schon irgendwie. Aber vielleicht ist es besser so und er will mich gar nicht sehen." überlegt er traurig. „Doch Thomas er will dich gerne sehen, mit dir spielen. Ich will ehrlich zu dir sein: Motti hat Bedenken geäußert, dass du ihn gar nicht sehen willst, aber diese Sorgen konnte ich glaube ich ganz gut zerstreuen. Er würde sich sehr freuen dich zu sehen und will unbedingt mit dir mit seinen Autos spielen. Er würde sich sicherlich riesig freuen, wenn das morgen klappt." „Wirklich?" hackt Thomas skeptisch nach. „Ja wirklich." Ein Lächeln erfüllt Thomas Gesicht und er sagt: „Das wäre toll, wenn wir das morgen machen. Fährst du morgen nach dem Kindergarten mit ihm hier her und darf ich dann kommen?" „Ob ich morgen mit ihm hier her fahre, habe ich mir noch nicht überlegt. Aber wenn du ihn sehen möchtest und Motti da auch Lust drauf hat, wovon ich stark ausgehe, können wir das gerne machen. Und natürlich darfst du kommen Thomas! Ich will und kann euch keineswegs den Kontakt zueinander verbieten und genau so wenig kann ich dir verbieten in den Proberaum zu fahren." „Danke Hannes!" „Wofür?" „Für alles. Dass du auf Motti aufpasst, dich um alles kümmerst, Verständnis für mich hast. Ich weiß, dass du, dass ihr es momentan nicht leicht mit mir habt." „Schon ok Thomas. Ja es ist viel momentan, aber ich bin gerne für dich da. Dafür sind Brüder und beste Freunde doch da." Nachdem das Thema abgehackt ist, erinnere ich mich wieder an den eigentlichen Grund für unser Zusammentreffen. Ich habe wenig Lust jetzt das Thema zu wechseln, eine womöglich hitzige Debatte anzufangen, doch es weiter aufschieben ist auch keine Option. Ein Blick zu Nowi verrät mir, dass auch er mit sich ringt das Gespräch zu beginnen und ich nicke ihm ermutigend zu. Es erleichtert mich, dass er zu reden beginnt. „Also Thomas, wir möchten gerne über die anstehenden Konzerte sprechen. Möchtest du uns erst deine Meinung dazu sagen, oder unsere hören?" „Meine Meinung? Ich glaube die habt ihr schon verstanden. Ich möchte die Konzerte unter keinen Umständen absagen." antwortet Thomas ziemlich ruhig und gefasst. „Und wie stellst du dir das vor?" fragt Nowi weiter nach. „Wie soll ich mir das vorstellen? So wie unsere Konzerte immer. Warum sollte es anders sein? Ja mir geht es momentan nicht gut, aber die Momente auf der Bühne waren doch für uns alle schon immer so, dass wir sie genossen und alles um uns herum vergessen haben." Für Thomas scheint es selbstverständlich zu sein, dass wir auf der Bühne alles wie immer durchziehen. Ich bin enttäuscht von seiner Blauäugigkeit. Ihm muss doch klar sein, dass insbesondere Steff ihre Emotionen auch auf der Bühne nicht verstecken kann und das nicht funktioniert alle Probleme auszublenden. Doch bevor ich etwas dazu erwidern kann, setzt Nowi zu einer Antwort an. Ich bin ihm dankbar, dass er das Gespräch in die Hand nimmt, Ruhe bewahrt. So ruhig wie er bin ich jetzt schon nicht mehr. „Das sehe ich anders Thomas. Die Momente auf der Bühne genießen wir immer sehr und vieles vergessen wir in dem Moment, aber ich mache mir Sorgen um dich. Du hast mir gestern erst gestanden, dass du dich schnell unter Druck gesetzt fühlst, dass dich alltägliche Situationen stressen. Wie kannst du mir versichern, dass so ein Moment nicht auf der Bühne vorkommen wird und vor allem wie sollen wir reagieren, falls es doch passiert? Wie gehst du dann damit um?" „Das wird nicht passieren Nowi. Versprochen!" „Wie kannst du dir da sicher sein?" „Ich weiß es einfach." „Nein Thomas die Antwort lasse ich nicht durchgehen. Wir sind hier um die bestmögliche Lösung für jeden von uns zu finden, um die Konzerte nicht abzusagen. Ich erwarte nicht von dir, dass du uns den Grund für dein Verhalten, für die gesamte Situation momentan nennst, aber ich erwarte von dir, dass du unsere Sorgen ein Stück weit verstehen kannst und mit uns gemeinsam nach einer Lösung suchst. Denn wenn das nicht passiert, kann ich von meiner Seite aus den Konzerten nicht beruhigt entgegenblicken." Zustimmend schaue ich Nowi an, während Thomas nervöser zu werden scheint.


Abschied ohne LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt