Teil 27

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Hannes Sicht:

Wahrscheinlich hat er recht und es tut mir gut über meine Gefühle zu reden. Lieber jetzt in Ruhe mit Nowi darüber sprechen, als selbst überfordert zu sein, wenn ich mit Motti allein bin. Das kann gerade wirklich niemand gebrauchen. „Ich glaube du hast recht. Danke, dass du für mich da bist, obwohl es auch für dich gerade nicht leicht ist." „Für niemanden von uns ist es gerade leicht Hannes. Aber gemeinsam können wir besser mit allem umgehen und es hilft, wenn du dich mit mir austauschst. Dann können wir uns gegenseitig unterstützen. Also zunächst ist es wichtig, dass du dir im Klaren bist, dass du niemandem von uns alle Lasten abnehmen musst und deine Emotionen verdrängen sollst. Lass deine Emotionen zu, rede mit mir. Bitte mich um Unterstützung. Ich weiß, dass dich die Situation besonders belastet, weil du als Bruder nochmal eine andere Beziehung zu Thomas hast als ich. Auch mir fällt es schwer. Mir tut es besonders weh, dass wir alle so hilflos sind, nicht recht wissen, was wir machen können, um Thomas zu unterstützen. Wir sollten uns aber auch vor Augen führen, dass wir nach bestem Wissen und Gewissen handeln und Thomas sämtliche Unterstützung anbieten. Auch wenn er es momentan nicht so zeigen kann, bin ich mir sicher, dass er das zu schätzen weiß. Wie es Thomas wirklich geht, weiß ich nicht. Wir können nur versuchen mit ihm zu sprechen, so viel wie möglich und behutsam mit ihm umgehen, damit er sich uns öffnet." „Man Nowi, es fällt mir so schwer geduldig mit ihm zu sein. Ich würde ihm am liebsten schütteln und die Wahrheit hören." „Ich weiß. Führ dir vor Augen, dass wir schon ein Stück weit gekommen sind. Noch vor ein paar Tagen hat Thomas alles und jeden ignoriert, ihm war alles egal, er hat keine Emotionen gezeigt, aber mittlerweile spricht er mit uns, zeigt Gefühle, bemüht sich auf unsere Bitten einzugehen. Ich bin guter Dinge, dass vor allem du den Draht zu ihm gefunden hast." „Also liegt die Verantwortung doch primär bei mir." „Nein! So darfst du nicht denken. Vielleicht bist du Thomas erster Ansprechpartner, aber du darfst mit mir über alles sprechen, musst nicht allein nach Lösungen oder weiß ich was suchen." „Du hast Recht. Ich glaube ich habe mir mehr Verantwortung und Lasten aufgeladen als guttut. Danke, dass du mit mir sprichst. Das tut mir gut und ordnet mein Chaos." „Selbstverständlich. Und scheu bitte auch nicht davor mich mitten in der Nacht anzurufen, wenn du wen zum Reden oder andere Unterstützung brauchst." „Danke!" „Und wegen Motti: Hör auf dir einzureden du hättest keine Ahnung von Kindern. Du bist zwar nicht sein Vater, aber du hast einen sehr guten Draht zu ihm, ein sehr enges Verhältnis. Ich bin mir sicher, dass er mit dir über seine Sorgen redet und du das ziemlich gut hinbekommst, das eigentliche Ausmaß vor ihm geheim zu halten, ihm dennoch schonend zu sagen, was Sache ist. Er begreift noch längst nicht alles, aber bekommt trotzdem viel mit. Vertrau auf dein Gefühl im Umgang mit ihm. Du gibst dein Bestes und niemand wird dir etwas anderes unterstellen." „Meinst du wirklich?" „Ja das meine ich. Es darf nicht dein Anspruch sein, alles perfekt zu machen. Das funktioniert nicht. Aber erinner dich doch wie dankbar Steff ist, dass du dich um den Kleinen kümmerst. Sie wird dir ewig dankbar dafür sein. Und wenn es Thomas besser geht, wird auch er die Situation besser einordnen können und froh sein, dass du für seinen Sohn da warst. Du hast dafür gesorgt, dass er wieder mit seiner Mama telefonieren kann, du bist mit ihm auf den Spielplatz gegangen. Das beides war in seiner Welt schon unendlich viel Wert. Du machst das toll Hannes!" „Danke. Wirklich. Du weißt gar nicht wie viel Kraft mir das schenkt weiter zu machen, die Situation auszuhalten." „Und wegen der Konzerte: Sind da noch mehr Sorgen, als du vorhin im Telefonat mit Steff geäußert hast?" „Nein eigentlich nicht. Ich glaube die Gesamtsituation ist einfach etwas viel momentan." „Kann ich dich noch irgendwie unterstützen Hannes? Egal bei was?" „Nein. Es hat mir schon sehr geholfen mit dir über alles zu sprechen. Vielleicht habe ich einfach etwas zu schwarzgemalt." „Das mag sein. Dann ist ja gut, dass ich direkt mal gegen angeredet habe." „Ja stimmt. Und wie geht es dir wirklich Nowi? Jetzt haben wir nur über mich geredet." „Mir geht es ganz in Ordnung. Klar belastet mich das auch und ich mache mir Sorgen um Thomas, aber ich bin auch zuversichtlich, dass alles wieder gut werden wird und wir Thomas vertrauen können, dass er mit uns redet. Ich freue mich vor allem wenn Steff wieder da ist, weil ich mir sicher bin, dass ein persönliches Gespräch zwischen den beiden viel bewirken kann." „Das kann gut sein. Er war zwar wütend auf sie, aber ich bezweifle, dass das anhält, wenn sie einander wieder gegenüberstehen." „Das kann ich mir auch kaum vorstellen." Noch eine Weile tauschen wir uns über die Situation aus, bis es an der Zeit ist Motti aus dem Kindergarten zu holen.


Abschied ohne LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt