Teil 49

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Steffs Sicht:

Nervös stehe ich vor Thomas Zimmertür und höre Schritte, die sich nähern, als die Tür auch schon geöffnet wird. Nicht weit, aber weit genug, dass wir uns gut anschauen können. Ein paar Sekunden starren wir uns an. Keiner traut sich, sich auch nur einen Millimeter zu bewegen. Mir geht in dem Moment alles und nichts durch den Kopf. Mein Herz schlägt rasend schnell. Es kommt mir vor als wären Minuten vergangen als Thomas sich unsicher am Kopf kratzt und sagt: „Äh hallo. Willst du äh, also vielleicht rein kommen?" Schüchtern nicke ich und erwidere „Äh ja gerne." Thomas tritt zur Seite und lässt mich ins Zimmer treten. Ich schließe die Tür hinter mir. Wieder stehen wir einander gegenüber und sehen wahrscheinlich ziemlich unbeholfen aus. Man könnte denken, dass wir 2 Fremde sind, die starke Schwierigkeiten haben mit anderen Menschen zu interagieren und kommunizieren. Doch das sind wir nicht. Wir sind verdammt nochmal Thomas und Steff. Thomas und Steff, die sich ewig kennen, die ein Paar sind, eine Familie und die auch nach einem Streit oder schwierigen Situationen wieder zueinander finden. Als diese Gedanken in meinen Kopf kommen, erwache ich aus meiner Starre. Sanft schaue ich Thomas an. Egal wie wütend oder enttäuscht ich bin, egal wie viele Sorgen ich mir in den letzten Tagen gemacht habe: Ich bin gerade mehr als froh wieder hier zu sein, wieder meinem Freund und Partner gegenüberzustehen und ich werde alles dafür geben, dass alles was zwischen uns steht so schnell wie möglich geklärt wird. In Thomas Blick sehe ich Unsicherheit und Unbeholfenheit. Ich kann es nicht länger ertragen ihm verkrampft gegenüber zu stehen. Vorsichtig mache ich einen Schritt auf ihn zu und beobachte seine Reaktion genau. „Hallo Thomas." sage ich nun. „Schön dich wiederzusehen. Ich habe dich echt vermisst, trotz allem." Sein Blick hellt leicht auf und es ist als würden meine Worte ihn ins hier und jetzt holen. Ich habe das dringende Bedürfnis ihn in meine Arme zu ziehen und nicht mehr loszulassen. „Darf ich dich umarmen?" frage ich vorsichtig. Es ist komisch ihn das zu fragen und fühlt sich nicht richtig an, doch in der Situation, in der wir gerade sind, ist das letzte was ich will, ihn durch unüberlegtes Handeln in die Enge zu treiben. Leicht nickt er mir zu und ich schließe den Platz zwischen uns. Wir beide halten uns fest in den Armen und ich kann nicht verhindern, dass mir die ersten Tränen über die Wangen laufen. Es sind Tränen der Erleichterung, Erleichterung darüber wieder bei Thomas zu sein und das Problem endlich gemeinsam angehen zu können, sofern er mich wieder an sich heranlässt und mir von seinen Ängsten und Sorgen erzählt. Aber in diesem Moment habe ich nicht die geringsten Zweifel daran. Mich flutet ein Gefühl der Hoffnung, das hoffentlich noch eine Weile anhält. Doch als Thomas die Umarmung löst und mich leicht von sich drückt, kommen sofort wieder Zweifel auf. Traurig schaut er mich an und es macht mich nervös, dass ich seinen Blick nicht richtig deuten kann. Doch plötzlich und unerwartet bricht es aus ihm heraus: „Es tut mir so Leid Steff. Verdammt nochmal ich war das größte Arschloch. Du sollst nicht wegen mir weinen. Ich sollte für dich da sein. Immer. Und nicht derjenige sein, der dich verletzt und dir Sorgen bereitet. Wenn ich könnte, würde ich die Zeit zurückdrehen und alles anders machen. Doch es ist zu spät. Ich weiß, dass die letzten 2 Wochen für dich die Hölle waren. Daran bin allein ich Schuld. Ich weiß nicht, ob du mir das jemals verzeihen kannst. Vielleicht ist es besser, wenn du mich gehen lässt. Du hast jemanden verdient, der immer für dich da ist und keinen Versager wie mich." „Stopp!" entgegne ich energisch als Thomas dazu ansetzt Luft zu holen, um sich noch weiter in Rage zu reden und in seine negativen Gedanken hinein zu steigern. „Ja die letzten Wochen waren nicht einfach und du hast Fehler begangen und mich verletzt, aber gerade habe ich geweint, weil ich so erleichtert bin wieder bei dir zu sein. Bitte versprich mir, dass du dir nicht so einen Mist einredest. Ich weiß, dass wir das gemeinsam schaffen. Ich bin bereit für uns und dich zu kämpfen Thomas. Und weißt du warum? – Weil ich dich trotz der ganzen Scheiße verdammt nochmal Liebe. Du bist mir das Wichtigste, du und Motti. Ich werde für unsere Familie kämpfen." „Wirklich?" fragt Thomas mich und die Sorgen und Ängste in seinem Blick sind nicht zu übersehen. „Wirklich!" Einen Moment schweigen wir uns an. Ich kann Thomas Kopf förmlich rattern sehen und auch den Moment erkennen, in dem meine Worte in seinem Bewusstsein ankommen. „Danke, dass du mir eine Chance gibst. Ich werde mein Bestes geben." „Das weiß ich Thomas. Wir werden viel reden und aufarbeiten müssen, aber wir schaffen das. Wenn du bereit bist, können wir direkt damit anfangen. Ich möchte gerne verstehen, warum du gehandelt hast, wie du gehandelt hast." Tief atmet Thomas ein und ich ahne, dass er gehofft hat dieses Gespräch hinaus zögern zu können. Jedoch es bringt nichts. Die Anspannung wird schwinden je mehr wir reden. „Ok." antwortet er lediglich, setzt sich auf sein Bett. „Setzt du dich zu mir oder möchtest du lieber Abstand haben?" werde ich schüchtern gefragt. Da ich diese Anspannung nicht ertrage und ihm Sicherheit vermitteln möchte, setze ich mich zu ihm. Vielleicht auch nicht nur deswegen, sondern auch weil ein Teil tief in mir drin sich insgeheim nach seiner Nähe sehnt.


Abschied ohne LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt