Teil 30

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Tut mir leid, dass ihr dieses Mal so lange auf einen neuen Teil warten musstet. Wegen Dresden und dem Tourabschluss, war es mir zu stressig etwas hochzuladen. Aber es gab ja immerhin etwas Neues in meinem Buch mit den Oneshots, als kleiner Beitrag zum Mondshotmonat. Jetzt aber viel Spaß hier beim weiterlesen :)

Thomas Sicht:

Warum können sie mir nicht einfach vertrauen? Auf der Bühne funktioniere ich immer. Klar mach ich auch mal Fehler, spiele einen falschen Ton, doch davon, dass wir uns gegenseitig unter Druck setzen und kein Fehler passieren darf, haben wir uns schon lange verabschiedet. Ich merke selbst, dass es mir Momentan nicht gut geht. Ich bin aber auch davon überzeugt, dass es mir auf der Bühne gut gehen wird. Mir wird bewusst, dass die einzigen guten Momente in der letzten Woche die waren, in denen ich nach meiner Gitarre gegriffen habe. Sobald ich das Instrument in der Hand habe, macht sich eine innere Ruhe in mir breit und ich kann all die Herausforderungen und Probleme für einen Moment vergessen. Der kurze Moment, in dem mich diese Erkenntnis trifft, ließ mich kurz abdriften. Doch nun spüre ich die erwartungsvollen Blicke von Hannes und Nowi, die mich zunehmend nervöser werden lassen. Ich fühle mich in eine Ecke gedrängt. Ich spüre, dass mein Herz schneller schlägt und meine Atmung flacher wird. Eine Reaktion, die ich in den letzten Tagen häufiger hatte, wenn mich etwas überfordert hat. Dies scheint auch den anderen Personen im Raum nicht verborgen zu bleiben, denn ich vernehme Hannes Stimme: „Ist alles ok Thomas? Können wir irgendetwas für dich tun?" Er klingt besorgt und beobachtet mich genau. „Ich muss kurz raus." presse ich zwischen den Zähnen hervor und verlasse fluchtartig den Raum. Weit weg gehe ich jedoch nicht, sondern lasse mich an der frischen Luft im Hinterhof auf einem Stuhl nieder. Ein paar Mal atme ich tief durch, konzentriere mich auf meine Atmung und merke langsam, wie meine Unruhe weniger wird und die Realität wieder näherkommt. Warum hat mich die Konfrontation schon wieder so unter Druck gesetzt? Mir ist es wichtig die Konzerte zu spielen. Ich bin mir sicher, dass diese mir gut tun werden. Aber ich kann auch die Zweifel meiner Bandmitglieder nachvollziehen. Es liegt allein an mir, ob die Konzerte stattfinden oder nicht. Ich muss die anderen davon überzeugen, dass ich das schaffe. Wahrscheinlich hat die Situation gerade genau das Gegenteil bewirkt. Ich ärgere mich über mich selbst. Es kann doch nicht wahr sein, dass ich nicht einmal stark bleiben kann. Ich fasse den Entschluss wieder hochzugehen und den beiden zu sagen, warum mir die Konzerte so wichtig sind. Ich glaube, dass ich sie nur so davon überzeugen kann. Ich muss mit offenen Karten spielen, denn das ist meine einzige Chance. Ich stehe auf, gehe die Stufen hoch zum Proberaum und realisiere, dass ich alles, inklusive meinem Schlüssel habe liegen lassen. Ich klopfe gegen die Tür, die mir schon Sekunden später von meinem Bruder geöffnet wird. Schuldbewusst senke ich den Kopf. Mir ist mein Abgang unangenehm. „Geht es dir wieder besser?" fragt mich mein Bruder besorgt. „Ja. Tut mir leid." antworte ich, worauf Hannes mir nur kurz zunickt und wir uns wieder gemeinsam hinsetzen, um unser Gespräch fortzuführen. Ich atme noch einmal tief durch, bevor ich zu erzählen beginne: „Sorry, dass ich vorhin einfach raus gegangen bin. Ich glaube ich bin euch eine Erklärung schuldig. Mir waren eure erwartungsvollen Blicke zu viel. Ich habe mich unter Druck gesetzt gefühlt und brauchte einen Moment zum durchatmen. Ich weiß, dass es nur an mir liegt, ob die Konzerte stattfinden oder nicht und ich weiß auch, dass ihr nach dem Moment eben wahrscheinlich noch größere Zweifel habt. Mir ging eben durch den Kopf, dass die einzigen Momente, in denen es mir in der letzten Woche wirklich gut ging die waren, in denen ich meine Gitarre in der Hand hatte. Für euch klingt es vielleicht absurd, aber ich fühle mich schnell unter Druck gesetzt, zweifel an mir, habe das Gefühl nichts mehr auf die Reihe zu bekommen und alles falsch zu machen. Aber wenn ich Musik mache, fühle ich mich frei. Ich kann all meine Sorgen vergessen und den Moment genießen. Egal, ob ich vorher verkrampft war, unter Strom stand, ich brauchte nur meine Gitarre und mir ging es gut. Ich glaube, dass ich genau deswegen so an den Konzerten festhalte. Ich bin mir sicher, dass mich auf der Bühne das gleiche Glücksgefühl wie immer überkommen wird. Ich habe es einfach im Gefühl, dass das gut gehen wird. Vielleicht ist es egoistisch, aber ich befürchte, dass ich weiter abrutsche, wenn wir die Konzerte absagen. Die Konzerte sind ein Lichtblick für mich. Wenn ich daran denke, spüre ich Hoffnung in mir, dass irgendwie alles wieder gut wird. Ich weiß, dass nicht von heute auf morgen alles wieder gut sein wird und dass ich mit Steff sprechen muss, bevor wir auf die Bühne gehen, aber ich bin bereit dazu mein Bestes zu geben und alles zu machen, was ihr fordert, damit wir die Konzerte nicht absagen." Nach meinem Monolog schaue ich Hannes und Nowi. Ich kann in ihren Gesichtern ablesen, dass es in ihren Köpfen rattert und sie meinen Monolog zunächst auf sich wirken lassen müssen. Obwohl ich nervös bin, was die Reaktion betrifft, zwinge ich mich dazu tief ein- und auszuatmen, um Ruhe zu wahren. Ich bin stolz auf mich, dass das ganz gut klappt und ich nicht direkt wieder den Drang verspüre den Raum zu verlassen.


Abschied ohne LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt