Thomas Sicht:
Erschöpft lasse ich mich auf die Couch fallen. Der Tag war wohl einer der anstrengendsten seit langem. Ich kann es immer noch nicht fassen, dass alle der Meinung sind, dass Motti bei mir nicht gut aufgehoben ist. Ja wahrscheinlich war ich in der letzten Woche nicht der beste Vater. Aber war ich wirklich so schlimm? Ich versuche mich an die Details der letzten Woche zu erinnern, doch alles verschwimmt. Es fällt mir schwer einen klaren Gedanken zu fassen, mich genau zu erinnern. Die letzte klare Erinnerung, die in meinem Kopf aufploppt ist der Abschied von Steff. Danach ist alles verschwommen. Wie bei einem total verwackelten Foto oder Video. Egal wie sehr ich mich anstrenge, der Moment, in dem Steff gegangen ist, ist der letzte den ich greifen kann. Das kann doch nicht wahr sein. Thomas was ist nur los mit dir, frage ich mich selbst und werde wütend. Ich schlage mir gegen die Stirn, irgendwie muss dieses Rauschen, dieses Verschwommene doch verschwinden. Doch es bringt nichts. Verzweifelt stoße ich einen Schrei aus. In diesem Moment ist mir alles zu viel und ich wünsche mir nichts mehr als aufzuwachen und festzustellen, dass all das nichts außer ein schlechter Traum ist. Doch dem ist nicht so. Ich habe mich verändert, sie erkennen mich nicht wieder, sagen alle. Aber stimmt das? Ich bin vielleicht frustriert weil ich Steff vermisse und ich in meiner Verzweiflung nicht über meinen Schatten gesprungen bin, um ihr zu antworten. Damit habe ich sie verletzt. Aber dadurch habe ich mich doch nicht verändert. Ich verstehe das alles nicht. Doch je mehr ich über alles nachdenke, desto weniger wird mir klar, was los ist.
Irgendwann schrecke ich durch einen schrillen Ton hoch. Verwirrt schaue ich mich um und stelle fest, dass ich auf der Couch eingeschlafen bin. In diesem Moment vernehme ich den schrillen Ton erneut und kann ihn als die Haustürklingel zuordnen. Ein Blick auf die Uhr verrät mir, dass es bereits abends ist. Wer klingelt denn jetzt noch an der Tür frage ich mich und die Versuchung ist groß, einfach liegen zu bleiben und das Klingeln zu ignorieren. In diesem Moment ist mir absolut nicht nach Gesellschaft. Doch die Person scheint Ausdauer zu haben und gerade als ich mich zur Tür begebe, fängt zusätzlich an mein Handy zu klingeln. Genervt schaue ich auf das Display. Nowi. Ich überlege kurz, ob ich den Anruf entgegennehme, aber beschließe erstmal zu schauen, wer hier die ganze Zeit mit seinem Klingeln nervt. „Hallo." sage ich durch die Gegensprechanlage. „Na geht doch Thomas. Lässt du mich hochkommen?" höre ich Nowi sagen. „Was willst du denn?" versuche ich ihn abzuwimmeln. „Mal schauen wie es dir geht. Der Tag war ja sehr anstrengend für alle von uns." „Ach nerv mich nicht. Mir geht es gut. Ich will schlafen." antworte ich schroff. „Nein Thomas. Wenn du mir nicht aufmachst, muss ich wohl eigenmächtig hoch kommen. Den Schlüssel habe ich. Erinner dich mal bitte daran, dass du Hannes heute versprochen hast, dich nicht vor uns zu verschließen und mit uns zu reden." Tief seufze ich, erinner mich an das Versprechen, das ich schon in diesem Moment wieder bereue und öffne dennoch die Tür. Ich höre Nowis Schritte auf der Treppe, die immer näher kommen und sehe ihm im nächsten Moment schon die letzten Meter gehen. Kurz darauf finde ich mich in einer Umarmung wieder, die ich nicht erwider. Ich kann das nicht. Nicht jetzt. Es engt mich ein und ich habe das Gefühl mir wird die Luft abgeschnürt. Ich verkrampfe und bin erleichtert als Nowi von mir ablässt. Doch schon im nächsten Moment, nehme ich seinen prüfenden Blick war, der nahezu genauso unangenehm ist. Entgegen meiner Erwartung fragt Nowi nicht sofort, was los ist, sondern geht wortlos an mir vorbei in die Küche, holt sich ein Glas Wasser und setzt sich damit auf die Couch. Stumm folge ich ihm. Immer noch sagt keiner von uns ein Wort und nach einigen Minuten werde ich wütend. „Was soll das?" pampe ich Nowi an. Ruhig antwortet er: „Was soll was?" Ich atme tief ein. „Was willst du?" versuche ich es mit der nächsten Frage. „Ich wollte nach dir schauen, wissen wie es dir geht. Wir machen uns Sorgen um dich Thomas und haben dir versprochen dir beizustehen, dich zu unterstützen, für dich da zu sein und genau an dieses Versprechen möchte ich mich halten." „Und wenn ich keine Hilfe will und brauche?" „Willst du allein sein? Dann gehe ich. Aber dann erwarte nicht, dass ich sofort komme wenn sich deine Meinung ändert. Wir wollen nur das Beste für dich. Wir sind deine Freunde und wollen dich unterstützen. Aber das geht nur wenn du unsere Hilfe annimmst. Denk darüber nach." „Dann geh!" „Okay. Aber sei dir bewusst, dass du uns damit von dir stößt. Du richtest nur noch größeren Schaden an. Ich verspreche dir, dass ich nach deinem Verhalten nicht springen werde, wenn sich deine Meinung plötzlich ändert." „Du musst nicht springen. Ich schaff das allein. Dann habe ich wenigstens meine Ruhe." „Wenn du meinst alles allein zu schaffen, werden wir auch allein entscheiden, dass die Konzerte nächste Woche ins Wasser fallen. Denn ohne dich können wir die nicht spielen und ich sehe nicht, dass du zur Vernunft kommst." Da hat er einen Wunden Punkt getroffen bei mir und ich habe das doofe Gefühl, dass er das ganz genau weiß. „Auf keinen Fall! Wir werden auf die Bühne gehen!" antworte ich aufgebracht. „Ach ja? Und wie stellst du dir das vor? Bei der Stimmung, für die du in der Band sorgst, werden die Konzerte eine Katastrophe. Das können wir niemandem antun." Das geht nicht. Auf keinen Fall. Die Konzerte sind mein einziger Lichtblick momentan. Plötzlich kann ich wieder klar sehen alles, was am Nachmittag so verschwommen war, taucht plötzlich glasklar vor meinem inneren Auge auf. Jedes noch so kleine Detail der letzten Woche taucht auf und ich sehe mich selbst vor mir. Ich sehe einen Thomas, der sich verändert hat. Ich sehe einen Thomas, der ein Arschloch ist. Und was mir am meisten Angst macht: Ich sehe einen Thomas dem alles gleichgültig ist, sogar seine Liebsten. Diese Erkenntnis verstört und verwirrt mich. Mir wird klar, dass sich etwas ändern muss. Habe ich das am Morgen eher gesagt, um die anderen zu beruhigen, merke ich es jetzt selbst. Nur am Rande nehme ich wahr, dass Nowi schon dabei ist seine Schuhe anzuziehen. „Bleib! Bitte!" flehe ich ihn an.
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Abschied ohne Liebe
FanfictionVor einer Woche ist Steff zu den Dreharbeiten von Sing meinen Song nach Südafrika geflogen. Lange hatte sie sich darauf gefreut, obwohl sie dafür ihre Liebsten in Deutschland zurücklassen musste. Doch von der Freude blieb vor Ort nichts übrig. Der A...