Teil 54

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Thomas Sicht:

Es war ein anstrengender Tag für mich. Nicht zuletzt die Panikattacke hat mir meine letzten Kräfte geraubt. Woher ich die Energie danach genommen habe, das Gespräch mit Steff wieder aufzunehmen ist mir ein Rätsel. Doch ich könnte nicht erleichterter darüber sein, dass wir das dramatische Ende nicht so haben stehen lassen. Meine Dankbarkeit, die ich für Steffs Verständnis, für ihre Art empfinde, kann ich nicht ansatzweise in Worte fassen. Doch glücklicherweise muss ich das nicht, denn Steff versteht wie viel hinter meinem schlichten „Danke" steckt. Ich sehe in ihren Augen, dass sie weiß was ich mit diesem danke vermitteln möchte. Wir oder insbesondere ich, habe heute sehr viele Karten offen auf den Tisch gelegt, habe mich so verletzlich gemacht wie wahrscheinlich noch nie in meinem Leben. Und wir beide wissen, dass das nötig war. Es fühlte sich doch auch ebenso gut an. Ich fühle mich viel befreiter. Es ist als hätte ich durch meine Ehrlichkeit die Mauer einreißen können, die sich in den letzten Wochen zwischen uns aufgebaut hat und fast unüberwindbar wirkte. Doch mit Steff kann ich jede Mauer einreißen. Egal wie hoch, egal wie massiv, es gibt keine Mauer, die ich nicht mit ihr gemeinsam einreißen kann. All das geht mir durch den Kopf, während ich immer noch in Steffs Umarmung halt suche und auch finde. Aus dieser friedlichen Stille werden wir gerissen, als Steffs Magen mit einem lauten Knurren nach Abendessen verlangt. Leicht grinsend schauen wir uns in die Augen, bevor Steff das Wort ergreift. „Was hältst du davon, dass wir deine Sachen mit ins große Zimmer nehmen. Ich glaube dieses hier brauchen wir heute Nacht nicht, oder?" Ich hatte so darauf gehofft, dass diese Worte heute ihre Lippen verlassen. Von mir aus hätte ich mich nicht getraut zu fragen. Ich will er den Freiraum und die Zeit geben, die sie braucht, um mich wieder ganz an sich heran zu lassen. Doch scheinbar braucht sie den zumindest jetzt nicht. „Wirklich?" frage ich sie deswegen mit einem Hauch von Zweifeln in der Stimme. „Ja Thomas. Ich will nicht länger von dir getrennt sein. Ich will dich unterstützen, immer für dich da sein. Du hast mir eben erst gesagt wie hart die Nächte für dich sind. Ich will bei dir sein, wenn du hochschreckst, dir versichern, dass du nicht allein bist." Mein Grinsen im Gesicht wird immer breiter und mich überschwemmt das Gefühl der bedingungslosen, tiefen Liebe zu meiner Freundin. „Danke Steff! Danke für alles! Natürlich will ich nichts lieber als wieder neben dir zu schlafen. Motti schläft auch bei uns im Zimmer, oder?" „Meinst du das ist gut Thomas? Ich meine es nicht böse, aber ich glaube es ist besser, wenn er es nicht mitbekommt, wie es dir nachts geht. Hannes hatte eh schon angeboten ihn noch bei sich mit ins Zimmer zu nehmen." „Wahrscheinlich hast du recht. Was würden wir nur ohne Hannes machen? Es tut so gut zu wissen, dass er immer da ist, dass er uns immer unterstützt." „Da hast du recht und bei Zeiten sollten wir uns auf jeden Fall mal überlegen wie wir ihm angemessen danken können." „Das auf jeden Fall!" Als Steff schon Anstalten macht sich von mir abzuwenden, um meine Sachen rüberzubringen, greife ich nach ihrer Hand. „Eine Sache noch." sage ich und habe ihre Aufmerksamkeit sofort sicher. „Ich sagte ja wie schwer die Nächte für mich waren, aber ich bin noch nicht dazu gekommen, dir zu sagen, dass es nicht mehr ganz so schlimm ist." Kurz berichte ich davon wie Nowi mich unterstützt hat die Nächte wieder einigermaßen in den Griff zu bekommen. „Das ist sehr gut Thomas. Es ist richtig, dass du seine Unterstützung so angenommen hast und ehrlich mit ihm warst." „Ich weiß. Auch wenn es mir nicht leicht fiel." „Das glaube ich dir. Aber du hast es dennoch zugelassen. Ich bin stolz auf dich." Tief schauen wir uns in die Augen. Wie in Zeitlupe kommen wir einander näher und es ist wahnsinnig befreiend sie endlich wieder zu küssen und diese Nähe zu ihr zu spüren. Doch jetzt ist es an der Zeit meine Sachen rüberzubringen, um anschließend etwas zu essen zu besorgen oder vielleicht auch bestellen zu lassen. Denn ich habe heute definitiv keine Energie und auch keine Lust mehr irgendwo hinzugehen. So schreiben wir Hannes und Nowi, die mit Motti zu uns kommen und gemeinsam beschließen wir, dass heute nur noch essen bestellt wird. Es tut gut wieder in dieser Runde zusammen zu sitzen, wieder vollständig zu sein. So lassen wir den Abend entspannt ausklingen, bevor wir ziemlich früh ins Bett gehen, um für das Konzert am nächsten Tag fit zu sein.


Abschied ohne LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt