31

1.6K 61 2
                                    

Cosima:

Hungrig fiel ich über die Pizza her die Dad gebracht hatte, was meine Laune um einiges verbesserte.
Darío war kurz vor Dad gegangen und hatte mir noch gesagt dass ich ja keinem Fremden die Tür öffnen soll. Der Junge hatte mich von vorne bis hinten genervt und ich war ehrlich gesagt ziemlich erleichtert als ich ihm die Tür vor die Nase schlagen durfte.

Belustigt sah mich Dad an.
,,Mach langsam. Die Pizza rennt ja nicht weg.", scherzte er. Finster sah ich ihn an und trank die Cola aus.
,,Und, wie war die Schule heute?", fragte er jetzt, als er nach einem Stück griff.

Ich biss mir kurz auf die Unterlippe.
,,Gut, sehr gut sogar. Hat ziemlich Spaß gemacht und ich hatte viel Kontakt mit anderen Schülern heute. Der Unterricht war auch super. Ich hab ziemlich viel mitbekommen.", meinte ich ironisch, aber Dad kaufte mir das natürlich ab. Er wusste ja schließlich nicht, dass ich den ganzen Tag unter Aufsicht Zuhause saß!
Er nickte mir zu. ,,Freut mich."

Innerlich verdrehte ich die Augen. Sicher würde er sich auch freuen, wenn er wüsste dass ich von Jungs festgehalten wurde.

,,Ich muss dir noch was sagen", meinte jetzt Dad.
,,Was denn?"
,,Morgen wird Lia kommen", meinte er jetzt.
Meine Augen weiteten sich.
,,Kommen? In welchem Sinne? Darf sie wieder nach Hause?", fragte ich freudig.
Dad schüttelte den Kopf. ,,Nein, aber sie wird zwei Tage zu Hause bleiben. Ich hab mit dem Jugendamt geredet. Einmal alle zwei Wochen ist das erlaubt.", meinte er jetzt.

Ich nickte. ,,Darf sie also den ganzen Tag normal mit uns verbringen."
Dad bejahte.
,,Ich werde sie morgen wenn ich von der Arbeit komme abholen. Deswegen werde ich morgen etwas früher gehen und dafür früher kommen. Komm nicht zu spät von der Schule."

,,Mach ich", versicherte ich glücklich.
Dann stand ich auf um den Müll wegzubringen.

___

Am nächsten Tag lief ich ausgeschlafen ins Badezimmer. Dad war schon weg und ich freute mich, dass Lia kam. Schnell erledigte ich meine Sachen. Dabei war Schminken auch mit inbegriffen, denn ich musste ja den Knutschfleck von Miguel abdecken.

Jedes Mal wenn ich es ansah kamen mir die Szenarien von dem Kuss vor Augen. Und jedes Mal bekam ich ein Kribbeln im Bauch.
Es war schön gewesen.
Es war sogar gefühlvoll gewesen.
Und ich hatte jedes Mal das Verlangen danach, wenn ich daran dachte.

Ich merkte immer wieder wie meine Gedanken zu Miguel schweiften und ich konnte die Gedanken nicht lenken.
Und wenn ich an ihn dachte wollte ich ihn wieder in meiner Nähe haben, ihn betrachten und seine Lippen spüren.

Ich schüttelte den Kopf um mich von den Gedanken loszureißen und tupfte die Stelle zu.
Sobald ich mit allem fertig war lief ich die Treppen runter.
Ein Blick auf meine Uhr verriet mir, dass ich jetzt überhaupt keine Zeit mehr hatte. Also schnappte ich mir einfach einen Apfel und zog die Schuhe an. Meine Hand haftete an der Türklinke und mir kamen die Szene von gestern in den Sinn.

Was wenn draußen wieder der Mann stand.
Ich atmete tief aus und öffnete die Tür.
Wenn ich weiter darüber nachdenken würde würde ich mir selber eine Phobie vor dem Rausgehen aneignen.

Ich zog die Tür hinter mir zu und lief Richtung Bahn, ohne auf mein Umfeld zu achten.

Sobald ich heil in der Schule ankam sah ich schon Tami auf mich zulaufen.
Sie zog mich in eine Umarmung und wir setzten uns hin.

,,Also Cos, du musst mir einiges erklären", meinte sie jetzt.
Verwirrt sah ich sie an. ,,Warum denn?"
,,Was Warum? Wir haben uns seit der Party nicht mehr gesehen. Was ist auf der Party passiert? Außerdem, die Ausrede von gestern hab ich nicht geglaubt. Nur mal so zur Info. Du kannst mir also ruhig sagen warum du gestern nicht da warst? Oder drückst du dich vor etwas weg?"
Jetzt grinste sie.

,,Vor was soll ich mich denn wegdrücken?", fragte ich jetzt.
,,Davor dass ich dich über die Party ausfrage."
Ich biss mir auf die Wange.
,,Die Party war... In Ordnung. Was soll denn da sein.", meinte ich jetzt locker. Sie würde mich umbringen, wenn sie von dem Kuss erfahren würde.

Tami stoß mich an.
,,Meine Liebe. Ich habe alles gesehen. Alles. ALLES." Sie kam mir bei jedem Wort näher und grinste wissend.
Unschuldig sah ich zu ihr.
,,Alles?"
,,Ja, alles. Wie Miguel dich weggezogen hat, wie ihr diskutiert habt und wie in sekundenschnelle die Diskussion sich in ein Kuss umgewandelt wirde, weil du ihn zu dir runtergezogen hast!", kreischte sie beinahe.

Überfordert biss ich mir auf die Unterlippe.
,,Du hast ihn zu dir runtergezogen. Ich hab in den Moment gedacht ich träume. Dann hab ich mich selber gezwickt. Und seine Hand ist ja so ziemlich unter dein Kleid gerutscht. Ach Cosi, was hättet ihr denn gemacht, wenn sein Handy nicht wichtiger gewesen wäre."

Ich war wahrscheinlich schon rot angelaufen und sah finster zu Tami.
,,Danke für die tollen Erinnerungen."
,,Bitte bitte. Wäre aber nett gewesen, wenn du es mir von alleine gesagt hättest."
Ich wandte mich von ihr ab und fuhr mir durch die Haare. Mein Blick schweifte über den Pausenhof und blieb bei Miguel stehen, der mit Malek an der Badboyecke stand.

Und automatisch bekam ich Sehnsucht nach seiner Nähe.
Ich konnte dieses Gefühl nicht vermeiden. Ich konnte nicht dagegen ankämpfen. Es kam einfach. Ich spürte seine Blicke auf mir und merkte, dass er zu mir rübersah.

Was dachte er wohl wenn er mich anblickte. Was spürte er wohl.
Nichts.
Was sollte er denn spüren?
Schließlich knutschte er tagtäglich mit allmöglichen Mädchen rum.

Und jetzt war ich wohl auch eine von denen.



In deinem SchattenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt