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Cosima:

Heute war der vierte Tag im Krankenhaus. Zumindest seit ich aufgewacht war.
Und ich stoß zum erneuten Mal die angestaute Luft aus.
Mir war langweilig.

Inzwischen ging es mir schon besser, bis auf das unangenehme Ziehen der Naht am Bauch, wenn ich mich zu schnell bewegte.
Ich könnte theoretisch das Krankenhaus verlassen.
Aber natürlich nur theoretisch, denn der Arzt bestand darauf, dass ich hier blieb.

Miguel war jeden Tag gekommen. Natürlich nicht nur er. Auch Tami oder Sara. Sogar Darío und Malek waren jeden Tag bei mir gewesen.

Erneut atmete ich gelangweilt aus, um Miguels Aufmerksamkeit zu erzielen.
Er sah mich an.
,,Vergiss es Bella. Du bleibst hier liegen", kam es von ihm.
Bittend sah ich ihn an.
,,Miguel, ich halte es wirklich nicht mehr aus. Ich kann jede Sekunde platzen. Ich will endlich raus.", jammerte ich.

Er hob die Augenbrauen.
,,Wenn wir nach Hause gehen wirst du auch nur liegen. Wo ist also der Unterschied?"
Ich verschränkte die Arme vor der Brust.
,,Lieg du hier mal vier Tage lang und dann kannst du mir ja gerne sagen wo der Unterschied ist. Und jetzt mal Themawechsel. Ich weiß ganz genau, dass du etwas verbirgst. Mir ist gestern zum Beispiel dein vor Schmerz verzogenes Gesicht nicht entgangen. Ich bin nicht blöd, Miguel. Und dass dein Gesicht so aussieht weil du dich mit jemandem geprügelt hast hab ich dir auch nicht abgekauft. Nur mal so zur Info. Komm mir nicht mit irgendwelchen Märchen und erzähl mit endlich was passiert ist."

Überfordert sah er mich an.
,,Seit wann kannst du so lange ohne Pause reden?"
Ich verengte meine Augen.
,,Versuch nicht abzulenken, Miguel."
,,Ich lenke doch nicht ab", verteidigte er sich und setzte sich auf den Stuhl.

Ich seufzte. Ich würde schon noch herausfinden was er verbarg. Aber ich musste erst raus aus diesem Zimmer.
Ich legte mein Kopf schief und sah mein Freund mit Welpenaugen an.
,,Bitte, Miguel. Ich will endlich raus. Bitte. Ich dachte du würdest alles für mich machen."
Er fuhr sich über die Haare.
,,Würde ich ja auch, Bella. Aber ich kann dich nicht nach Hause bringen und riskieren, dass dir die Naht aufplatzt oder was anderes mit dir passiert.", übertrieb er.

Ich legte mein Kopf in den Nacken und stöhnte auf.
,,Meine Güte, Miguel! Du kannst es aber auch echt übertreiben. Ich  verspreche dir auch, dass ich das Bett nicht verlassen werde, wenn niemand da ist. Zufrieden?"
Er seufzte.
Dann stand er auf.

,,Warte hier."
Er verschwand aus dem Zimmer.
Ich grinste vor mich hin.
Ein Punkt für mich.

Einige Minuten später kam er wieder ins Zimmer. Ihm folgte der Doktor.
Er sah zu mir.
,,Ich habe gehört, dass du nach Hause willst", sprach er aus.
Ich nickte.
,,Eigentlich müsstest du noch 2 Tage bleiben."
Ich schüttelte eilig den Kopf.
,,Ich will gehen."
Er schmunzelte und sah mich dann aber fast schon ernst an.
,,Sobald du das Krankenhaus verlässt sind wir nicht mehr verantwortlich dafür was passiert. Das musst du dann auch auf dem Dokument unterschreiben", meinte er.
Wieder nickte ich bloß.

Etwas unzufrieden nickte der Doktor und wandte sich an Miguel.
,,Ich lass die Dokumente bringen. Sobald ihr unterschrieben habt darf sie gehen."
Dann gab er mir und Miguel noch die Hand und ging davon.
Zufrieden sah ich Miguel an, der unbeeindruckt die Arme verschränkte.
,,Nur dass das klar ist; das gefällt mir absolut gar nicht", stellte er klar.
Ich zuckte mit den Schultern.

Eilig unterschrieb ich das Blatt das mir die Krankenschwester reichte und gab es ihr zurück.
Sie wandte sich an die Nadel in meiner Hand und entfernte sie.

Miguel stand derweil nachdenklich an der Wand angelehnt und kam erst auf mich zu, als die Schwester weg war und ich mich aus dem Bett schwingen wollte.
Vorsichtig griff er nach mir und beobachtete mich konzentriert.
Ich fasste reflexartig nach meinem Bauch und griff mit der anderen nach Miguels Arm, der meine Füße langsam auf dem Boden absetzte.

Dann legte er den Rollstuhl neben mir ab und half mir beim Aufstehen.
Ich verzog das Gesicht und setzte mich mit einem lauten Seufzen in den Rollstuhl, damit ich nicht bis zum Auto runterlaufen musste.

Miguel setzte mich in das Auto und schnallte mich noch zusätzlich an, ehe er die Tasche mit ein paar wenigen Sachen von mir auf den Rücksitz schmiss.
Dann stieg er selber ein.

Die ganze Fahrt sagte er nichts.
Ich sah zu ihm um etwas aus seinem Gesicht lesen zu können, doch er sah relativ normal auf die Straße.
Vielleicht will er einfach nicht reden ging mir durch den Kopf. Aber der Gedanke beruhigte mich nicht.

,,Bist du sauer?", fragte ich schließlich.
Miguel sah kurz zu mir.
,,Warum soll ich den sauer sein?", fragte er zurück.
,,Keine Ahnung. Weil ich vielleicht aus dem Krankenhaus bin. Ich wollte nur fragen. Du bist so still.", meinte ich.
,,Nein, ich hab nichts, Bella.", meinte er und fuhr in den Grundstück rein, als sich die Tore öffneten.

Er stieg eilig aus und joggte auf meine Seite.
Sofort beugte er sich zu mir runter, doch ich hielt ihn auf.
,,Ich s-"
,,Nichts da. Du kannst nicht gleich auf einmal so viele Schritte machen.", stellte er klar und nahm mich aus dem Sitz.

Ich legte meine Arme um ihm und schmiegte mich an seine Brust.
Laut hörte ich ihn einatmen was mich dazu veranlasste ihn anzusehen.
Er sah irgendwie danach aus als hätte er sich wehgetan.
,,Was ist?", fragte ich.
Er winkte bloß ab und lief auf die Haustür zu, die Lars für ihn öffnete.

Sofort trat er ins Innere und lief die Treppen hoch.
Ich studierte sein Gesicht.
Warum kam es mir die ganze Zeit so vor als versuche er etwas zu verstecken?

Ohne lang umherzublicken wusste ich, dass wir in seinem Zimmer waren, denn es roch hier angenehm nach Miguel.
Ich schloss kurz die Augen.

Miguel legte mich auf der Matratze ab. Ich hörte einen unverständlichen Laut aus seinem Mund.
Schnell erhob er sich, als er mich richtig platziert hatte und drehte sich um.
,,Ich komm gleich", meinte er über seinen Rücken hinweg und verschwand im Bad.



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