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Zum Mittag wollte er etwas einkaufen, er fragte ob ich mit möchte, ich lehnte erstmal ab. Ich ging ungern raus. Andere Menschen machten mich nervös auf eine unangenehme Weise. Er gab mir seine Nummer falls was wäre und speicherte sie auch auf Kurzwahl, falls es schnell gehen musste.

Ich blieb Daheim und hoffte, dass Rick wieder online wäre. Und tatsächlich war er das. Er lud mich auch gleich zum Chat ein, als er sah, dass ich online war.

"Was für eine Überraschung. Guten Tag die Dame. Hat sich bei euch alles beruhigt?" Fragte er nach.

"Naja. So halbwegs. Ist kompliziert. Und ich weiß nicht ob ich das erzählen sollte. Ist schon ziemlich privat."

"Das musst du auch nicht. Außer du möchtest dich auslassen, falls du sonst niemanden dafür hast. Es ist deine Entscheidung. Obwohl du sicher eine beste Freundin oder so hast. Hat eigentlich jedes Mädel." Wenn er wüsste. Dass mit Sozial unbeholfen, war kein Witz. Sondern pure Wahrheit une sogar untertrieben.

"Ich habe niemanden. Nicht mal Hunde mögen mich." Kurz herrschte Stille. Schien ihm wohl unangenehm, oder er hielt mich doch langsam für ein Freak.

"Bist du immer so negativ? Jeder hat irgendeinen. Eltern zum Beispiel?" Ich überlegte, wie ich ihm das erklären sollte. Aber das nützte nichts. Sowas konnte man nicht irgendwie erklären, oder drumrum reden. Daher haute ich es einfach so raus, wie es mir in dem Sinn kam.

"Eigentlich geht es dich nichts an. Und eigentlich sollte ich gar nicht so viel mit dir reden. Aber ich denke, wenn ich jetzt schon so weit ging, mich mit dir zu unterhalten, ohne dich, wie normalerweise ich das tu bei Menschen, dich komplett abzublocken, hast du eine einfache Erklärung vetdient. Und die ist ganz einfach. Vorher war ich nicht beliebt und jetzt werde ich sterben und will niemanden mehr in mein Leben lassen. Ganz einfache Sache. Was nützt es jetzt noch zu versuchen das Leben zu ändern, wenn ich nicht mal weiß, wie lange ich noch habe." Das war wohl etwas zu viel. Er sagte nichts mehr. Ich gab ihn Zeit sich zu ordnen. Wenn er jetzt off gehen würde, wäre es verständlich. Wer will schon jemanden kennenlernen, wo eh bald nicht mehr da ist. Er brauchte über fünf Minuten.  Die paar Minuten können lang sein, auch wenn fünf Minuten für viele nichts sind, ist es für mich Zeit die mir vom kurzen Leben fehlen. Trotzdem wartete ich.

"Dann müssen wir uns erst recht anfreunden, treffen, was machen! Du kannst doch nicht so gehen. Aber ... wirklich keine Freunde? Nie? Und ein Freund, oder worauf du halt stehst."

"Keine Sorge. Schwanz ist mir lieber. Alles andere hab ich auch." Das brachte ihm zum lachen.

"Du bist ja der Brüller. Sehr ehrlich und direkt und etwas Vulgär wie es scheint." Sein lachen verstummte, aber ich konnte förmlich spüren dass er grinsend da saß und sicherlich leicht, amüsiert den Kopf schüttelte.

"Aber mal zurück auf Freunde. Ich versteh nicht. Bist du so unausstehlich? Ich meine, bis jetzt fiel mir nichts gravierendes auf. Zickig ja. Etwas eigen ja. Soweit ich beurteilen kann. Aber das GAR kein Mensch mit dir klarkommt? Glaube ich nicht." Ich war teils auch selbst Schuld. Klebte nur an meinem Bruder. Für mich der einzige Freund. Im Kindergarten war ich eher ruhig und spielte viel allein. Mich interessierten keine anderen Kinder. Wenn nur die Erwachsenen, wo ich die Aufmerksamkeit suchte. Bevor ich zur Schule ging, wollte ich dann doch was mit gleichaltrigen zu tun haben, aber die nicht mit mir. Mein Bruder sagte mir immer, ich sollte mich nie anpassen. Wenn mich keiner mag wie ich bin, sollte ich auf diese Leute scheißen. Das tat ich in der Schule. Das Einzelgänger Ding war wohl etwas gruselig für viele. Und ab der dritten wurde ich sogar deswegen gemobbt. Ich hatte nie den Mut andere anzureden. Anstatt dass man mir eine Chance gab, ärgerte man mich, oder ignorierte mich. Wieder waren es nur die Erwachsenen die mit mir redeten. Ab der Middleshool fingen erst auch ein paar andere die anders waren, sich neben mich zu setzten, ein paar Jungs wollten es wohl probieren mich rumzukriegen. Viele wurden neugierig. Aber da war es schon zu spät und die Vergangenheit prägte mich so, dass ich niemanden mehr in mein Leben lassen wollte. Und die Highschool brach ich ja schon früh ab. Daher hatte ich keine Gelegenheit mehr, etwas zu ändern. Ich wollte ihm das alles erzählen. Dachte, da wäre nichts bei, was mich jetzt in Schwierigkeiten bringen könnte.

"Lange Story." Fing ich an mit einem seufzen.

"Ich habe ein bisschen mehr Zeit ... noch. Du musst wissen ob du die Zeit nutzten willst. Immerhin, geht sie dir verloren, nicht mir. Naja, auch ich könnte ...."

"Ja jeder. Ich weiß. Ok ... dann lehn dich zurück. Das dauert." Dann erzählte ich ihm alles. Er hörte tatsächlich zu und stellte zwischendrin auch keine Fragen. Nur ein: Aha, oder oh und mhh, kam von ihn, damit ich weiß er ist wirklich da und hört zu. Es war merkwürdig das alles zu erzählen.

"Du siehst, man wird nicht akzeptiert und ich wollte mich nicht anpassen."

"Oder dein Bruder hat dir zu viel Unsinn eingeredet." Sein schnaufen und dieser Unterton gefiel mir gar nicht. Ich wurde etwas sauer. Dann hörte ein komisches Geräusch am Mikrofon. Ich ignorierte das aber. Kurz herrschte Stille. Was macht der da? Und dann redete er weiter als wäre nichts gewesen.

"Ich meine, er hat schon irgendwie recht, aber ... ihn hätte auffallen müssen, dass du so nicht gut aufwächst. Er hätte dich mehr als Kind sehen sollen. Beibringen Spaß zu haben und nicht gleich versuchen, zu erklären, wie scheiße die Welt ist. Dadurch hast du dich wohl verschlossen. Konntest nie Kind sein. Aber sicher wollte er dich nur schützen. Hat vielleicht auch irgendwas durchgemacht, wovon er dich fernhalten wollte. Hat die Konsequenzen nicht gant bedacht. Aber jetzt ... Jetzt kannst du leben wie du willst! Nutzte es! Jetzt mehr denjeh. Bereue nichts. Lass es krachen. Zeig den Männern ..." Wieder ging wohl das Mikrofon aus. Was soll das? Dann ein Geräusch an der Tür. Ich ging langsam hin. Dann riss ich die Tür auf und sah Henry, wie er die Treppe wieder runter wollte.

"Hast du gelauscht?" Hatte ich ihn wohl tatsächlich errappt. Sein Blick und das Schweigen sagten alles.

Last Chance - Lebe jede SekundeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt